
Zum Abschluss der Serie „Schweinfurter Land und Leute“ geht der Blick in die Zukunft des Landkreises und seiner 29 Gemeinden. Sind sie für die Herausforderungen wie Demografie, Digitalisierung, Fachkräftemangel oder Erhalt der Infrastruktur richtig aufgestellt? Landrat Florian Töpper ist überzeugt, dass die Gemeinden in ihrer Vielfalt gemeinsam mit dem Landkreis leistungsfähig sind.
Frage: Wie sieht sich der Landkreis selbst?
Landrat Florian Töpper: Das Bild des Landkreises ist am besten beschrieben, wenn wir bei der Überschrift „Z wie Zukunftsraum Landkreis“ das Fragezeichen streichen. Wir haben eine ausgesprochen gute verkehrliche Anbindung, die uns attraktiv macht als Lebens- und als Wirtschaftsraum.
Wird der Landkreis von außen auch so wahrgenommen oder gilt er als Anhängsel der Stadt Schweinfurt?
Töpper: Wir sind ein Wirtschaftsraum gemeinsam mit der Stadt. Das ist auch gut so für uns. Die Stadt hält viele Arbeitsplätze vor, aber wir halten auch viele Faktoren vor, die die Region insgesamt stark machen. Das gilt für die steigende Zahl von Arbeitsplätzen, derzeit sind es über 24 000 im Landkreis, und für den Lebensraum. Wir sind gerade als ländlicher Raum enorm wettbewerbsfähig.
Hohes Maß an Lebensqualität
Wie kann der Landkreis auch künftig als attraktiver Wohnstandort punkten?
Töpper: Wir haben ein hohes Maß an Lebensqualität zu bieten. Das beginnt bei funktionierenden sozialen Strukturen, die oftmals durch das Ehrenamt geprägt sind, aber auch bei der hervorragenden Kinderbetreuung. Wir haben sehr gut ausgestattete Bildungseinrichtungen und soziale Einrichtungen wie Kreisaltenheim oder Geomed-Klinik.
Bei den Bevölkerungszahlen wurde ein Rückgang prognostiziert. Was kann der Landkreis tun?
Töpper: Wir haben entgegen den Prognosen von 2011 nun die Feststellung erhalten, dass wir bis 2035 nicht mehr zu den stark abnehmenden Landkreisen gehören. Wichtig ist, uns zusammen mit den Gemeinden attraktiv zu halten. Dazu gibt es unter anderem eine Rückkehrer-Kampagne bei uns im Regionalmanagement, die Menschen anspricht, die zum Studium oder zur Ausbildung den Landkreis verlassen haben. Wir haben hier vergleichsweise geringe Lebenshaltungskosten, eine gute Verkehrsanbindung und liegen zwischen zwei Weltkulturerbe-Stätten. Wir müssen aber auch dafür sorgen, dass der Landkreis einer für alle Generationen ist.
Wie sieht das konkret aus?
Töpper: Wir haben einige bedeutende Projekte aufgelegt, unter anderem ein Konzept für die künftige Mobilität. Wir haben auch das Thema Nahversorgung in Arbeit. Und wir haben ein Innenentwicklungskonzept, mit dem wir dafür sorgen wollen, dass die Ortskerne nicht aus dem Blickfeld verschwinden. Der Landkreis nimmt hier freiwillig sehr viel Geld in die Hand, das ist ein bayernweit einzuordnendes Pilotprojekt.
Kultur ist ein wichtiger Standortfaktor
Welche Bedeutung kommt der Kultur zu?
Töpper: Kultur ist ein wichtiger Standortfaktor, denn die Menschen suchen sich Lebensräume, in denen sie in vielerlei Hinsicht angesprochen werden. Kultur im ländlichen Raum, fußt auch bei unseren Leuchtturmprojekten auf Ehrenamtlichkeit, die wir, auch finanziell, unterstützen. Die Passionsspiele Sömmersdorf und im Nach-Rückert-Jahr Oberlauringen sind gute Beispiele dafür.
Die Kinderbetreuung kostet die Gemeinden Kraft und Geld. Wie unterstützt hier der Landkreis?
Töpper: Finanziell sind wir hier nicht im Spiel. Aber als Landrat will ich trotzdem dafür arbeiten, dass von der Landespolitik gesehen wird, dass diese Förderungen unerlässlich sind. Es ist ja auch ein gewisser Spagat zu leisten: Einerseits diese oft ehrenamtliche, kleinteilige Struktur in den Kindergärten zu bewahren. Aber andererseits auch dafür zu sorgen, dass die Belastung von Ehrenamtlichen nicht überhandnimmt. Da habe ich als Landrat die Aufgabe, dies weiterzutragen und dafür zu sorgen dass das, was in der Verfassung steht, bewahrt werden kann: gleichwertige Lebensverhältnisse in Bayern.
Der Fachkräftemangel beschäftigt auch die Betriebe im Landkreis. Hat das Landratsamt Möglichkeiten, zu steuern oder zu helfen?
Töpper: Wir haben in unserer Wirtschaftsförderung eine Praktikumsbörse neu eingeführt. Bei einer Unternehmensbefragung im Landkreis gaben 13 Prozent einen nicht vergebenen Ausbildungsplatz an, in Zahlen sind das 200 unbesetzte Ausbildungsplätze. Auch hier ist es ein wichtiges Ziel, den ÖPNV besser aufzustellen.
Digitalisierung als Chance
Wie wird die Digitalisierung den Landkreis verändern?
Töpper: Ich sehe die Digitalisierung als Chance, wenn es gelingt, das schnelle Internet flächendeckend bereitzustellen. Wir haben in der Breitbandversorgung alle Gemeinden im Förderprogramm. Einige Gewerbegebiete haben Glasfaseranschlüsse mit Übertragungsraten von 100 Megabit pro Sekunde, beispielsweise das neue Gewerbegebiet in Gochsheim. Digitalisierung ist zwar mit hohen Investitionen verbunden, aber wenn man einmal als abgehängt wahrgenommen wird, besteht das Risiko, dass dieser Eindruck bleibt.
Beim Mobilfunk sieht es stellenweise nicht rosig aussieht. Kann der Landkreis hier eingreifen?
Töpper: In unserer Wirtschaftsförderung haben wir die Funkloch-App entworfen, um dafür zu sorgen, dass wir einen Überblick haben über die Mobilfunkversorgung. Durch Initiativen wie unsere ist in München das Problembewusstsein gewachsen. Jetzt soll ein Förderprogramm aufgelegt werden, das kleinere Orte an das Mobilfunknetz anbindet. Auch den Mobilfunkunternehmen muss deutlich gemacht werden, dass ihre Kunden gerade im ländlichen Raum sitzen. Da ist Lobbyarbeit seitens der Landratsebene gefragt.
Bei der künftigen Stromversorgung hat sich der Landkreis kritisch gegenüber dem SuedLink ausgesprochen. Wie geht es weiter?
Töpper: Wir haben bezüglich SuedLink sehr arbeitsreiche Jahre hinter uns, aber wir konnten auch Erfolge erreichen. Man sollte nicht unterschätzen, was ursprünglich als Szenario, Stichwort Monstertrassen, befürchtet wurde und was jetzt durch die Erdverkabelung erreicht worden ist. Wir haben auch die Zusicherung der bayerischen Staatsregierung, dass eine weitere Belastung des Netzverknüpfungspunktes Grafenrheinfeld/Bergrheinfeld nicht kommen wird. Darauf berufen wir uns mit Nachdruck. Entscheidend lehne ich eine weitere Belastung unserer Region durch die zur Debatte stehenden Wechselstromleitungen P43 und P44 ab. Hier wird die Region zusammenstehen gegen eine weitere Belastung, nicht zuletzt unserer Landwirtschaft.