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Werneck
"Wir sind das Volk": Zeit der Wende wird musikalisch aufgearbeitet
Gemeinsame Konzertprobe: Mit dem Valentin-Becker-Chor Würzburg und der Wernecker Bläserphilharmonie treten 2025 gleich zwei Ensembles zu Dreikönig an.
Foto: Uwe Eichler | Gemeinsame Konzertprobe: Mit dem Valentin-Becker-Chor Würzburg und der Wernecker Bläserphilharmonie treten 2025 gleich zwei Ensembles zu Dreikönig an.
Uwe Eichler
 |  aktualisiert: 21.12.2024 02:34 Uhr

Oft genügt ein einziger Lapsus und das komplette Orchester gerät außer Takt, mitsamt ersten Geigen und Blockflöten. In der Politik ist das ähnlich. "Nach meiner Kenntnis ist das sofort – unverzüglich": Es war Günter Schabowski, Mitglied des ZKs der SED, der sich am 9. November 1989 bei der legendären Pressekonferenz auf die Frage nach der Grenzöffnung verzettelt hat.

Der Rest ist Geschichte. Komponist und Klarinettist Guido Rennert hat den Mauerfall mit einer "Symphonie der Freiheit – Wir sind das Volk" vertont. Rennert ist Mitglied des Musikkorps der Bundeswehr, bei ihm weht öfters einmal der musikalische Mantel der Geschichte.

Erste Probe zeigte: Es hört sich gut an

Der gebürtige Sachse war unter anderem beim Zapfenstreich 2021 für Angela Merkel dabei. Da arrangierte Rennert "Du hast den Farbfilm vergessen" für die ehemalige Bundeskanzlerin, frei nach Nina Hagen.

Nun, kurz vor dem 35. Jahr der Wiedervereinigung, probte in der Aula der Balthasar-Neumann-Mittelschule Werneck, was zusammen gehört. Was sich zusammen vor allem gut anhört: Die Wernecker Bläserphilharmonie, unter Leitung von Florian Unkauf, und der Würzburger Valentin-Becker-Chor, mit Rudolf W. Haidu als Dirigent, treten erstmals gemeinsam auf. Zu hören gibt es das Ergebnis bei den Dreikönigsfestkonzerten am 5. und 6. Januar in der Wernecker Schulturnhalle, nach einem Auftritt kurz zuvor in Würzburg.

Die Bläserphilharmonie übernimmt den instrumentellen Part bei der Freiheits-Symphonie.
Foto: Uwe Eichler | Die Bläserphilharmonie übernimmt den instrumentellen Part bei der Freiheits-Symphonie.

"With Heart and Voice" ist das Projekt überschrieben. Die Besucher erwartet herzliche und stimmgewaltige Musik gleichermaßen. Herzstück des Ganzen soll "Wir sind das Volk" werden, dafür braucht es auf jeden Fall die Kombi aus Blasmusikern und Chor.

Die Geschichte der Wendezeit wird nicht nur musikalisch aufgearbeitet, sondern auch mit O-Tönen untermalt: Von Ulbrichts Fake-Behauptung "Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen" bis Genschers Balkonrede: "Wir sind heute zu Ihnen gekommen, um Ihnen mitzuteilen, dass heute Ihre Ausreise..." Es geht nicht zuletzt um Zukunftsfreude, die nach dem Wende-Jubel doch etwas knapp geworden ist im Land.

"Wir sind das Volk" als Sprechrolle

Leise kämpft die DDR-Hymne ("Auferstanden aus Ruinen") gegen den Lauf der Geschichte an. "Wir sind das Volk" intoniert der Chor, als Sprechrolle. 18 Minuten dauert das musikalische Epos. Man merkt, die Hymne der Bundesrepublik hat ebenso Charme wie die Europahymne, die bei der Freiheitssymphonie die Zukunft vorgibt.

Kerstin Gößmann, die bei der Bläserphilharmonie für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist, spricht von etwas "ganz Besonderem" bei der ersten und einzigen gemeinsamen Probe in Werneck. An die 150 Mitwirkende sollen am Ende harmonieren. Rund 60 Musikerinnen und Musiker steuert allein die Bläserphilharmonie bei, als eines von vier Ensembles des Wernecker Musikvereins, bekannt nicht nur von den Schlosskonzerten.

'Wir sind das Volk' - diese Rolle hat der Chor aus Würzburg.
Foto: Uwe Eichler | "Wir sind das Volk" - diese Rolle hat der Chor aus Würzburg.

Ein Blasorchester zusammen mit einem Chor auftreten zu lassen, das sei schon etwas Besonderes, sagt Gößmann, die selbst Fagott spielt. Es gebe wenig Literatur dazu, aber viel Abstimmungsbedarf: "Die Bläser sind immer zu laut." Entsprechend werden die Sängerinnen und Sänger im Hintergrund technisch verstärkt: "So wenig wie möglich, so viel wie nötig."

Wenn "fortissimo" gewünscht ist, dann müssen alle "fortissimo" singen oder spielen – ohne dass die Mikrofone übersteuern: So formuliert es Rudolf W. Haidu, der zusammen mit Florian Unkauf das Projekt vorangetrieben hat.

Auch sonst ist für Emotionen gesorgt: Das namensgebende "With Heart and Voice" steht ebenso auf dem Programm wie afrikanische und heimische Spirituals, ein "Dry your tears, Africa", die "Essence of Youth", der Barock-Klassiker "Übers Gebirg' Maria geht", eine "Transcendent Journey", "Sleep" von Eric Whitacre oder "Der Stern", als Eigenkomposition von Rudolf W. Haidu. Man merkt: Es waren Musiker, die die innere Mauer zersungen haben, wie David Hasselhoff. Ach ja: Spenden für die Jugendarbeit des Vereins sind immer erwünscht.

 
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