Großes Medienaufgebot
Die "Reunion", also Wiederzusammenführung, von Martin (seit kurzem 82 Jahre alt) und Sirianni (83) im Golf- und Wintersportparadies Elicottville im Bundesstaat New York wird im patriotischen Amerika von einem großen Medienaufgebot begleitet. Schon bei der Landung des von der kalifornischen Pazifikküste angereisten Piloten der "Iron Maiden" auf dem Flughafen in Buffalo werden beide von mehreren Fernsehsendern aus dem Großraum New York empfangen. Im Lauf der nächsten Tage werden eine ganze Reihe amerikanischer Zeitungen, darunter auch eine deutschsprachige Ausgabe, über das Wiedersehen der einstigen Kriegskameraden berichten, werden Martin, Sirianni und der deutsche Journalist, der alles ins Rollen gebracht hat, zum Interview gebeten. Maher (86) und Janik (81) können aus gesundheitlichen Gründen nicht an dem Treffen teilnehmen. Beide freuen sich aber nicht minder über das Ende der jahrzehntelangen Funkstille, wie zahlreiche Telefonate untereinander belegen.
Vollmann ist nicht mit leeren Händen nach Amerika gekommen. Mit im Reisegepäck: Mehrere Originalaufnahmen von der oberhalb des Neuen Sees liegenden "Iron Maiden", ein Originalteil des Bombers und Geschenke von Gerolzhofens Bürgermeister Hartmut Bräuer für die noch lebenden Männer aus dem Flugzeug.
Das letzte Relikt der für damalige Verhältnisse mit einer Spannweite von über 30 Metern riesigen "Flying Fortress" (Fliegende Festung), wie sie auch bezeichnet wird, stammt von Bankdirektor a. D. Theo Kaeuffer aus Gerolzhofen. Er hat die Rädchen jahrzehntelang aufbewahrt. Die Rollen, die zur Steuerung der Ruder mittels Seilen beitrugen, waren zu einem Kinderspielzeug umfunktioniert worden.
Auf die besondere Überraschung reagieren Martin und Sirianni tief bewegt. Damit haben sie nie und nimmer gerechnet, nach 62 Jahren nochmals ein Original-Teil "ihrer" Maschine in den Händen halten zu können.
Da das Flugzeug erst Tage nach der Notlandung zerlegt und abtransportiert wird und viele ins Innere von den Wachposten vorgelassen werden, lassen die Besucher in jenen kargen Kriegstagen alles mitgehen, was nicht niet- und nagelfest ist und in irgendeiner Form weiterverwendet werden kann (siehe auch nebenstehenden Bericht).
Einen besonderen Eindruck bei den über 50 Teilnehmern an der Wiedersehensfeier hinterlässt das Begleitschreiben von Gerolzhofens Bürgermeister Hartmut Bräuer.
Das Stadtoberhaupt schreibt unter anderen: "Sie wurden als junge Männer in einen Krieg geschickt, stets in der Ungewissheit, ob Sie die ständig lauernden Gefahren überleben können. Ich freue mich, dass Sie die Wirrnisse des Krieges überlebt haben und in Frieden und Freiheit ein glückliches und erfülltes Leben führen können. Wenn Sie an Deutschland denken, so denken Sie bitte an das heutige, demokratische in Freiheit organisierte Deutschland, dessen Menschen jederzeit bereit sind, gegen Hass, Willkür und Terror die Stimme zu erheben".
Bräuer weiter an Martin, Sirianni, Maher und Janik: "Während in den ersten Nachkriegsjahrzehnten die Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland eher verschwiegen wurde, ist es für die junge, nachwachsende Generation von größer Wichtigkeit, diese Zeit der menschenunwürdigen Behandlung und Bevormundung der Menschen ungeschönt aufzuarbeiten. Die junge Generation hat durch die vielfältige Berichterstattung von Herrn Norbert Vollmann sicherlich ein neues Bild dieser Zeitepoche gewinnen können."
Reaktion auf Bräuers Brief
Bürgermeister Bräuer nimmt das Wiedersehenstreffen gleichzeitig zum Anlass, um den vier Amerikanern die besten Wünsche und Grüße aus der Stadt Gerolzhofen zu übersenden, verbunden mit dem Hinweis: "Sollte Sie Ihr Weg ins Frankenland und nach Gerolzhofen führen, darf ich Sie schon heute ganz herzlich einladen und Ihnen unsere große Gastfreundschaft versichern."
Die Reaktion lässt nicht lange auf sich warten. Namens der ehemaligen Iron Maiden-Besatzung bedankt sich schon kurz nach der "Reunion" Roland Martin in einem Brief persönlich bei Bräuer. Darin betont er: "Wir waren stark bewegt von Ihrer Anerkennung unserer Rolle in diesen turbulenten Zeiten. Amerika genießt heute nicht gerade die größte Hochachtung in Teilen Europas, aber Ihr Brief an uns, die wir ihr Land bombardiert haben, gibt Anlass zur Hoffnung, dass unser und Ihr Land sich gegenseitig respektieren. Unsere gemeinsamen Interessen überwiegen diejenigen, die uns trennen".
Der Pilot der "Eisernen Jungfrau" abschließend: "Seien Sie sich sicher, wir haben Deutschland niemals gehasst und heute sehen wir Ihr Land als Freund".
Lesen Sie die Reportage über das
Schicksal der "Iron Maiden" auf
Seite M 2 in unserem heutigen
Magazin. Eine Serie zum gleichen
Thema wie auch über weitere Ab-
stürze folgt in Kürze im Lokalteil.