zurück
Wipfeld
Wipfelder "Knabber": Der Siegeszug einer spontanen Backidee
Als Zwischendurch-Snack für eine private Hochzeitsfeier kreiert, hat das "Knabber" inzwischen Freunde im ganzen Land. Aus fünf Päckchen im Monat wurden 40 000 pro Jahr. 
Sebastian Heinrich bestreut den rohen Knabber-Teig. Insgesamt werden fünf Sorten hergestellt.
Foto: Natalie Dees | Sebastian Heinrich bestreut den rohen Knabber-Teig. Insgesamt werden fünf Sorten hergestellt.
Natalie Dees
 |  aktualisiert: 10.02.2024 15:52 Uhr

Es ist zart und leicht zerbrechlich. Wenn man hineinbeißt, knusperts und es harmoniert geschmacklich gut mit Wein oder Bier. Die Rede ist vom "Knabber", einem pikanten Plundergebäck aus Wipfeld. Das handwerkliche Produkt wird seit 40 Jahren von der Bäckerfamilie Heinrich hergestellt und hat viele Fans, sogar jenseits der Landesgrenzen. MainBäcker-Inhaber Sebastian Heinrich erzählt die Geschichte des Familien-Traditionsproduktes.

1980. Die Cousine von Franz Heinrich heiratet. Franz ist der Vater von Sebastian, damals Bäcker in Theilheim. Der Wunsch an ihren Cousin lautet: "Backe mir ein Gebäck, das die Hochzeitsgäste in die Hände nehmen und zwischendurch essen können." Franz erfüllt den Wunsch und probiert ein neues Plundergebäck aus: die Geburtsstunde des "Knabber".

Die Sorte Sesam frisch aus dem Ofen
Foto: Natalie Dees | Die Sorte Sesam frisch aus dem Ofen

Das Gebäck kam so gut an, dass ihn Verwandte und Gäste ermunterten, er solle es doch ins Sortiment aufnehmen.  "Von da an backte mein Vater circa fünf Tüten im Monat, dann in der Woche, so dass sich die Produktion im Lauf der Jahre fortwährend steigerte", erzählt der 41-Jährige, der die Bäckerei 2014 von seinem Vater übernommen hat.

Jahrelang hatte das Gebäck keinen Namen. Wie kam es zu "Knabber"? "Die Kunden kamen zu uns in den Laden und fragten nach dem ‚Knabberzeugs‘. Dann kam ich auf die Idee, es doch einfach ‚Knabber‘ zu nennen", erzählt Ehefrau Jasmin Heinrich, die im Geschäft mithilft.

Als die Margarine durch Butter ersetzt wurde, ging es richtig rund

Inzwischen stellt Sebastian das Traditionsgebäck in Wipfeld her. Seit neun Jahren werden dort jährlich rund 40 000 Tausend Tüten abgepackt. "Ein regelrechter Boom stellte sich 2002 ein", erzählt er. "Von da stieg der Absatz enorm. Die Leute haben uns das Produkt förmlich aus den Händen gerissen. Das hängt mit der Rezeptur zusammen: Damals stellte mein Vater von Margarine auf Butter um."

Die veränderte Zutat als Erfolgsrezept und Geheimnis? "Nein, wäre ja auch zu einfach", so Sebastian Heinrich, "es steckt viel mehr dahinter." Aus verständlichen Gründen ("es gibt Nachahmer") möchte er Rezeptur und Zutaten nicht verraten. Dennoch gewährt der Bäckermeister einen Blick in die Backstube und lässt sich beim Knabber-Backen über die Schulter schauen.

Jasmin Heinrich verschließt die neuen Verpackungen mit einer Maschine.
Foto: Natalie Dees | Jasmin Heinrich verschließt die neuen Verpackungen mit einer Maschine.

"Man kann sich die Zubereitung wie die eines Schinkens oder Käses vorstellen. Das 'Knabber' muss auch ablagern. Die Vorbereitung ist zeit- und arbeitsintensiv. Es braucht viele Arbeitsschritte. Zum Beispiel: Ruhezeiten des Teiges über mehrere Tage. Immer wieder verarbeiten, kühlen, auftauen, weiterverarbeiten."

Kein einfaches Gebäck - Zutaten und Zubereitung sind Betriebsgeheimnis

Wie viele Schritte das sind kann man nur erahnen, wenn man in einer Momentaufnahme innerhalb einer Stunde den Mitarbeitern bei der Zubereitung zuschaut. Einmal in der Woche ist Knabber-Backtag. Dann geht es ab fünf Uhr morgens in der Backstube zu wie in einem Ameisenhaufen. Die Mitarbeiter laufen in Windeseile um die vielen Boxen, Tische, fahrbare Regale und Öfen. Rasch wird der Teig auf Bleche ausgerollt, flott geschnitten und bestreut mit Mohn, Sesam, Salz-Kümmel, Käse oder Röstzwiebeln.

Dann ab in den heißen Ofen. Gebacken wird bis zehn Uhr. Temperatur und Backdauer? Betriebsgeheimnis. Beides ist aber sehr wichtig, da das Gebäck schnell verbrennen und auch austrocknen kann. "Einige Kunden bevorzugen zwar die dunklere Variante, die mehr Röstaromen enthält. Andere möchten lieber die hellere Version", sagt Sebastian über Vorlieben und Ansprüche seiner Kunden.

Das 'Kanbber' wird in großen Öfen gebacken.
Foto: Natalie Dees | Das "Kanbber" wird in großen Öfen gebacken.

Circa 11 Uhr: Ein warmer und feiner Duft erfüllt den Raum. Nach dem Abkühlen füllen Frauen mit flinken Händen das knusprige Gebäck ab. Zuerst kommt die Röstzwiebel-Version in die Verpackung. Es folgen die anderen vier Sorten. Dann wiegen und in Kisten setzen. Das nimmt zusammen sieben Stunden in Anspruch. Da das "Knabber" empfindlich ist, ist Fingerspitzengefühl gefragt. "Zehn Prozent fallen beim gesamten Produktionsprozess weg und sind nicht verkaufbar, da zu stark zerbröselt."

In die neue Tüte passt auch eine "Männerhand"

Währenddessen geht es portionsweise zum Abpacken mit der neuen Maschine, die im Verkaufsraum steht. Jasmin Heinrich stellt die Päckchen nacheinander auf ein kleines Förderband. Dort laufen sie mit der oberen Kante durch und werden mit Hitze verschweißt. "Wir haben kürzlich erst auf eine neue Verpackung umgestellt. Das Gebäck bleibt nun beim Transport länger ganz und bröselt weniger. Die stabile Tüte haben wir gewählt, weil sie auch auf einem Tisch gut stehenbleibt, hübsch aussieht und eine ganze Männerhand reinpasst", schmunzelt die 37-Jährige. "Außerdem können wir nun die Päckchen besser in Kartons stapeln und versenden."

Knabber-Fans gibt es auch im Ausland 

Der spezielle Teig wird mehrmals gekühlt und weiterverarbeitet.
Foto: Natalie Dees | Der spezielle Teig wird mehrmals gekühlt und weiterverarbeitet.

Und versendet wird häufig. Die Heinrichs haben bundesweit treue Privatkunden. Regelrechte Knabber-Liebhaber, die kartonweise bestellen. Sogar über die Landesgrenze hinaus gibt es Fans. Wie der Däne Jøre Andersen, dem das Produkt 14 Euro Porto pro Lieferung wert ist. "Wir haben durch einigen Monaten probiert, ohne das Knabber zu tun, aber es geht nicht", schreibt er via E-Mail in "Dänisch-Deutsch" und bestellt alle drei Monate mindestens 20 Tüten.

Oder eine Familie aus der Schweiz. Die lassen sich das Produkt an die Landesgrenze zu Bekannten liefern, um hohe Portokosten zu sparen. "Macht weiter so und vielen Dank für das Geschmackserlebnis bei Glotze und Wein", schreibt ein anderer Kunde. Der Norddeutsche hatte beim Camping-Urlaub am Main das "Knabber" für sich "entdeckt" und ordert seither Nachschub online.

"Das sind die schönsten Begebenheiten", sagt Sebastian Heinrich stolz, "wenn die Leute von sich aus kommen und vom Produkt überzeugt sind. Wir erhalten häufig via E-Mail positives Feedback und Lob. Das freut uns besonders."

Ein kompletter Tag nur für die Knabber-Produktion: Allein das Abpacken nimmt sieben Stunden in Anspruch.
Foto: Natalie Dees | Ein kompletter Tag nur für die Knabber-Produktion: Allein das Abpacken nimmt sieben Stunden in Anspruch.

Vor vier Jahren haben die Heinrichs nochmals kräftig expandiert. Seitdem beliefern sie Edeka-Märkte in der Region. Doch dazu musste das Produkt erstmal eine Zertifizierung mit hohen Ansprüchen durchlaufen und bestehen. "Das klappte zwar auf Anhieb, verursacht aber regelmäßig Kosten. Einmal pro Jahr kommt ein Kontrolleur. Wir müssen alles dokumentieren: die verwendeten Rohstoffe, Temperaturen usw. und die strengen Hygienestandards einhalten. Außerdem benötigen wir für den Verkauf in Einkaufsmärkten EAN-Codes (Anmerkung der Redaktion: Bar- oder Strichcodes)", schildert Ehefrau Jasmin das Procedere.

Wir stoßen an Grenzen - ein Anbau ist längst geplant 

Seit dem Verkauf über den Lebensmittelhandel ist die Nachfrage nochmal gestiegen. "Wir stoßen an unsere Grenzen", gibt der Inhaber zu. "Unsere Backstube ist einfach zu klein geworden." Das Ehepaar plant längst den Anbau. Bis der fertig ist, wird es wohl noch eine Weile dauern. Zu guter Letzt hat der "Knabber-Vater" noch einen Serviertipp: "Am besten schmeckt das Buttergebäck warm. Einfach zu Hause auf einem Blech kurz im Ofen erwärmen. Dazu ein Kräuter- oder Joghurtdip. "Da kann selbst ich nicht widerstehen", gibt er augenzwinkernd zu. 

Neben dem Hauptgeschäft in Wipfeld gibt es das "Knabber" auch in der Filiale Theilheim. Auf der Website www.mainbaecker.com sind alle Verkaufsstellen gelistet und Onlinebestellungen möglich.

Bereit zum Verzehr: das Sortiment in der Wipfelder Bäckerei
Foto: Natalie Dees | Bereit zum Verzehr: das Sortiment in der Wipfelder Bäckerei
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Wipfeld
Natalie Dees
Butter
E-Mail
Ehefrauen
Ehepartner
Gebäck
Kunden
Lieferungen
Margarine
Verpackungen
Zutaten
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • M. G.
    Ich habe ein Problem damit, einmal anfangen und man kann nicht mehr aufhören, schmeckt so lecker
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • D. H.
    Können wir nur bestätigen, die Knabbereien schmecken hervorragend!!!! die neue Verpackung ist sehr ansprechend. Weiterhin viel Erfolg.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten