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Wipfeld
Wipfelder Fähre: Ackern fürs Schmuckstück
Der Rumpf der Wipfelder Fähre wird saniert.
Foto: Anand Anders | Der Rumpf der Wipfelder Fähre wird saniert.
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 03.12.2019 09:37 Uhr

Drrrrrrrrrrrrr. Der Ton ist laut und durchdringend. Drrrrrrrrrr und die Funken fliegen. Joachim Vollmuth steht am Bug der Wipfelder Fähre, die Auffahrvorrichtung ist ausgeklappt. Flex in der Hand, Schutzbrille auf, der Chef legt selbst Hand an an den Schleifeisen an der Rampe der Fähre, wo die Autos auffahren. Drrrrrrr, Grrrrrr, Brrrrrr – Funken fliegen von der Flex, Schweißgeräte zischen, Bohrer mit Stahlbürstenaufsatz kratzen auf Metall.

Fotoserie

Geschweißt, geflext, gepinselt

Es ist ziemlich laut in der Werft in Astheim, die Wipfelder Fähre wird gerade ganz schön rangenommen. Am Rumpf wird geschweißt und geflext, was das Zeug hält, gleichzeitig an Deck gesaugt, geschliffen und gepinselt. Wenn alles fertig ist, das Fährzeugnis für die nächsten fünf Jahre erteilt wurde, erstrahlt der Wipfelder ganzer Stolz, ihre Fähre, wieder in schmuckem, neuen Glanz. Ab Ende März ist sie wieder sieben Tage pro Woche von 6 Uhr bis 20 Uhr im Sommer und 6 bis 18 Uhr im Winter im Einsatz.

 


 

In gutem Zustand

Seit Anfang Februar ist die Wipfelder Fähre in Astheim bei der Vollmuth GmbH. Die Arbeiter um Joachim Vollmuth kennen sie in und auswendig, schließlich bauten sie die 1986 in Dienst gestellte Fähre vor etwas mehr als 30 Jahren. Vollmuth ist sicher, dass sich die 300 000 Euro, die die Gemeinde Wipfeld für die Sanierung veranschlagt hat, lohnen. „Der Rumpf ist einem guten Zustand, sie wird sicher noch 20 bis 30 Jahre halten“, ist Vollmuth überzeugt.

Arbeiten an der Wipfelder Fähre in der Werft in Astheim.
Foto: Anand Anders | Arbeiten an der Wipfelder Fähre in der Werft in Astheim.

Wipfelds Bürgermeister Tobias Blesch weiß um die Bedeutung der Fähre für die Bevölkerung und die Landwirtschaft, weswegen die finanzielle Belastung für seine kleine 1100-Einwohner-Gemeinde gerechtfertigt sei. „Die Fähre wird gebraucht, sie ist bekanntlich die mit den längsten Betriebszeiten am Tag und außerdem die einzige, mit der man auch Lastwagen oder Traktoren vom einen Mainufer zum anderen transportieren kann.“ Auch Pendler nutzen den Fährdienst über den Main gerne. Von Schweinfurt aus flußaufwärts gibt es bekanntlich in Bergrheinfeld eine Brücke, die nächste ist aber erst wieder zwischen Volkach und Astheim zu finden. Gäbe es die Fähren in Wipfeld oder Obereisenheim nicht, müsste man deutliche Umwege in Kauf nehmen, um den Main zu queren.

Eis auf dem Main setzte Fähre zu

Dass die Fähre im Moment aus dem Wasser genommen wurde, liegt auch an Väterchen Frosts extra-strengem Regiment in diesem Winter. Anfang Februar sollte die Fähre nach der extremen Kälte wieder in Betrieb genommen werden. Der Main war zugefroren, es konnte nicht gefahren werden. Doch schon nach einem Tag stellte Bernhard Niedermeyer, einer der Fährmänner, fest: „Da stimmt was nicht.“ In einer der sechs wasserdichten Kammern, Abteilungen genannt, die den Schwimmkörper bilden, war Wasser eingedrungen. Ursache: ein etwa Zwei-Euro-Stück großes Loch, wahrscheinlich durch das dicke Eis verursacht. Bürgermeister Blesch reagierte sofort, der Fährbetrieb wurde eingestellt, das Schiff nach Astheim gebracht und gründlich untersucht.

Arbeiten an der Wipfelder Fähre in der Werft in Astheim.
Foto: Anand Anders | Arbeiten an der Wipfelder Fähre in der Werft in Astheim.

Die Wurzel des Übels war schnell gefunden, bei der Untersuchung stellte sich heraus, dass in der Kammer wohl schon länger Wasser stand, das Rostschäden verursachte. Nun wurden neue Bodenplatten eingebaut und alle sechs Kammern gründlich gereinigt und dick neu mit Anti-Rostschutz versehen. „Gemütlich ist es da drin sicher nicht“, stellt Joachim Vollmuth lakonisch fest und deutet auf eine offene Kammer, an der ein Kollege an einem Stahlträger schweißt.

Mehr als ein Meter in der Höhe ist da nicht Platz, die Arbeiter müssen sich reinzwängen, um alle Ecken zu erreichen.

Arbeiter an allen Stellen

Während die fünf Arbeiter der Vollmuth-Crew sich am Rumpf betätigen und Ende März auch die aus Holland angelieferten neuen Ruderpropeller einbauen, werkeln auf Deck Fährmann Niedermeyer und sein Kollege Stefan Schuhmann vom Wipfelder Bauhof. Sie säubern die Kammern von oben, haben Wasser und Schmutz abgesaugt und machen den Rumpf nicht nur von innen rostsicher, sondern werden die ganze Fähre wieder neu in blau und weiß streichen. Das letzte Mal wurde das 2000 gemacht. „Wir haben palettenweiße Spezialfarbe im Bauhof“, erzählt Schuhmann schmunzelnd. Er war auch dabei, als die Fähre in der Bucht liegend kurzfristig vom Eis eingeschlossen war, „stundenlang haben wir sie frei geklopft.“

Traumjob Fährmann

An der Generalsanierung mitzuwirken, macht den beiden Wipfeldern Spaß. Sie freuen sich, ihre Fähre wieder für die nächsten Jahre fit zu machen, zumal der die Arbeiten begleitende TÜV-Ingenieur schon signalisiert hat, dass alles seine Ordnung hat. „Sie wird wieder ein echtes Schmuckstück“, freut sich Stefan Schuhmann. Und Fährmann Niedermeyer, erst seit August vergangenen Jahres im Team, freut sich auf die neue Saison: „Fährmann zu sein ist ein Traumjob, es ist nie langweilig, man trifft so viele nette Leute. Die Menschen brauchen ihre Fähre.“

Die Wipfelder Fähre in der Werft in Astheim, im Bild Joachim Vollmuth von der Schiffsbaufirma.
Foto: Anand Anders | Die Wipfelder Fähre in der Werft in Astheim, im Bild Joachim Vollmuth von der Schiffsbaufirma.

Hydraulische Steuerung wohl im Herbst

Größter Posten in finanzieller Hinsicht neben der Ertüchtigung des Rumpfes ist der Einbau der neuen Ruderpropeller für gut 60 000 Euro. Im Herbst, so Bürgermeister Blesch, sollen ein neues Steuerhaus und eine elektrohydraulische Steuerung eingebaut werden, um auch die Fährleute zu entlasten, die im Moment kräftig kurbeln müssen. Wie hoch die Kosten genau sind und welche Ausführung man wählt, ist noch nicht entschieden. Angebote für ein neues Steuerhaus und neue Hydraulik werden jetzt erstellt über die dann der Gemeinderat befinden wird.

 
Die Wipfelder Fähre in der Werft in Astheim.
Foto: Anand Anders | Die Wipfelder Fähre in der Werft in Astheim.
 
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