Wipfeld feiert seine erste urkundliche Erwähnung vor 1100 Jahren und ist für sein Jubiläumsjahr gut gerüstet. Ein beachtliches Programm hat die Weinbaugemeinde aus dem Süden des Landkreises auf die Beine gestellt. Bereits am Freitag, 23. Februar, wird der Historiker Dr. Elmar Hochholzer im Literaturhaus über Streiflichter aus der langen Wipfelder Geschichte referieren. Am 21. April steht ein weiterer Höhepunkt an: Nach einem Festgottesdienst soll die Ersterwähnung Wipfelds vor 1100 Jahren in einem Festakt gewürdigt werden. Schon heute laufen die Vorbereitungen für das große Bürgerfest am zweiten Juniwochenende, zu dem Jung und Alt eingeladen sind. Auch ein Chansonabend mit Silvia Kirchhoff und eine Lesung von Pater Anselm Grün aus Münsterschwarzach stehen auf dem Jubiläumsprogramm.
Eintauchen in die Jahrhunderte
Wipfeld feiert sein Gedenkjahr zurecht, findet man hier doch eine reiche, beeindruckende Geschichte. Es lohnt sich, den sichtbaren historischen Spuren im alten Weindorf am Main nachzugehen und in die vergangenen Jahrhunderte einzutauchen. Den Anlass des Ortsjubiläums begründet eine Urkunde des Freisinger Bischofs Dracholf, der am 21. April 918 die Ortschaft „Wippinfeld“ der Abtei Schwarzach schenkte.
Mit dieser Schenkung tritt also der Ort Wipfeld, der im Lauf der Jahrhunderte auch Wipvelt oder Wippevelt genannt wurde, in das historische Gedächtnis der Nachwelt ein.
Bei einem Sparziergang rund um den Wipfelder Ortskern hoch zur Pfarrkirche St. Johannes der Täufer begegnet man auf Schritt und Tritt den früheren Dorfherren wie auch den bedeutenden Menschen, die aus Wipfeld stammten. So stand die Wiege des Dichterfürsten Conrad Celtis, wie auch der Theologen Eulogius Schneider und Engelbert Klüpfel oder des geschäftstüchtigen Bürgermeisters Nikolaus Müller im kleinen Weinort am Tor zur Mainschleife. Aufgrund ihrer großen Söhne wurden die Wipfelder lange Zeit ein wenig spitzbübisch „Theologen“ genannt. Die junge Generation hat das mittlerweile abgelegt. Eng verknüpft mit der Wipfelder Dorf- und Pfarreigeschichte ist die jahrhundertelange Verbindung mit dem Augustinerchorherrenstift Heidenfeld.
Das Erbe der Theologen
Wipfeld war eigentlich die Urpfarrei, schon bei der Stiftung des Heidenfelder Klosters im Jahr 1069 durch das Schweinfurter Markgrafenehepaar Hermann und Alberada. Der erste Propst Otto I. war dann zugleich Pfarrer von Wipfeld, zu der Heidenfeld kirchenrechtlich damals gehörte. 1141 wurde der linksmainische Sprengel von der Wipfelder Urpfarrei abgetrennt. Die Heidenfelder Pfarrei St. Mauritius wurde somit vom Würzburger Bischof Embricho gegründet und umfasste fortan das Gebiet von Heidenfeld, Hirschfeld, Eulendorff, Gernach und Lindach. Dafür stellte der Stiftspropst bis 1803 den Pfarrer oder setzte in seiner Vertretung einen Pfarrer für Wipfeld ein. Noch heute kann man am Wipfelder Pfarrhaus das Wappen seines Erbauers erkennen: der Heidenfelder Stiftspropst Albert Hoch ließ 1694 das Pfarrhaus errichten.
Ebenso gehen viele Häuser im Wipfelder Altort auf die Abhängigkeit vom Heidenfelder Stift zurück. Noch heute künden das ehemalige Amtshaus des Würzburger Fürstbischofs am Marktplatz wie auch der ehemalige Amtssitz des Hochstifts auf Schloss Klingenberg (seit 1279)von der Bedeutung Wipfelds im Fürstbistum und Hochstift Würzburg. Auch das Kloster Heiligenthal oder die Grafen von Henneberg nannten Güter in Wipfeld ihr Eigen.
Wengert, Wein und Wipfeld
Wengert, Wein und Wipfeld gehören untrennbar zusammen. Der Wein ist aus Wipfeld nicht wegzudenken, eine jahrhundertelange Symbiose und Familientradition. Schon 1244 lässt sich der Weinanbau in Wipfeld nachweisen. Im gesamten Mittelalter zeigt sich vor allem die alte Winzerschläue der Wipfelder: Immer wieder gab es Streit mit den Lehens- und Dorfherren. Grund war ein ständiger Vorwurf, so zum Beispiel von den Heidenfelder Pröpsten, dass der schlechte Wein abgeliefert worden sei, den guten Tropfen habe man jedoch im eigenen Keller behalten. Oft musste der Fürstbischof schlichten.
Die Kirchsteige auf eigene Faust erkunden
Ließen zwar die Weinfeste seit den 1960er Jahren Wipfeld und seinen Wein zu überregionaler Bekanntheit gelangen, lohnt es sich doch abseits des Trubels Wipfeld an goldenen Frühjahrs- oder Herbsttagen auf eigene Faust oder in einer Gästeführung zu erkunden. Seit 1997 führt der Zehntgrafen-Weinweg über die Zehntgrafen-Laube durch die Weinberge, der Celtis-Rundweg zu den bedeutenden Denkmälern im Altort, dessen Grundriss aus dem 16. Jahrhundert nahezu unverändert geblieben
ist. Der historische Wengert an der Wipfelder Kirchsteige, der seit 1723 im gemischten Satz bepflanzt ist, darf nicht vergessen werden, gilt er doch als einer der ältesten ununterbrochen bepflanzten Weinberge Frankens. Alte Rebsorten wie Elbling, Junker, Muskateller oder Österreicher (Silvaner) lassen sich noch heute dort finden. Wie in alten Zeiten, so findet auch heute noch die gesamte Häckersarbeit im historischen Weinberg ohne Maschinen statt. In Wipfeld werden aktuell auf gut 85 Hektar Rebfläche durch einhundert Genossenschaftswinzer wie Selbstvermarkter Wein angebaut.
St. Ludwig, der einzige Ortsteil Wipfelds liegt auf der linken Mainseite. Sein Name geht zurück auf das ehemalige „Ludwigsbad“, dessen schwefelhaltige Heilquellen von Bürgermeister Nikolaus Müller in ganz Süddeutschland bekannt gemacht wurden, das Heilbad bestand von 1811 bis 1901. Die Missionsbenediktiner von St. Ottilien kauften das Areal, errichteten dort Missionsseminar, Kloster und Kirche. Von hier aus wiederbesiedelten sie ab 1913 die untergegangene Abtei Münsterschwarzach und gründeten sie neu. 1963 schließlich übernahmen die Oberzeller Franziskanerinnen die Klostergebäude. Als Gesellschafterin betreiben sie heute das Antonia-Werr-Zentrum, eine heilpädagogisch-therapeutische Einrichtung der Jugendhilfe für Mädchen und junge Frauen in schwierigen Lebenssituationen.
Die letzte Fähre
Zu erreichen ist St. Ludwig mit der Mainfähre, der letzten ihrer Art im Landkreis Schweinfurt. Die Wipfelder Fähre hat eine lange Tradition, lässt sich mindestens seit dem 16. Jahrhundert in alten Dorfordnungen nachweisen. Die mittlerweile motorisierte Mainüberquerung lassen sich die Wipfelder einiges kosten, was alljährlich zu Diskussionen im Gemeinderat führt. Andererseits ist die Fähre auch ein Aushängeschild des Weindorfs und bringt viele Radfahrer, Pendler oder Landwirte an das andere Mainufer.
Standhaft sind die Bürger auch: Wipfeld hat der Gebietsreform in den 1970er Jahren selbstbewusst getrotzt und – obwohl kaum mehr als 1000 Einwohner – seine kommunale Eigenständigkeit bewahrt. 1980 ging man eine Verwaltungsgemeinschaft mit der Gemeinde Schwanfeld ein. Der Erste Bürgermeister, seit der letzten Wahl Tobias Blesch, steht nach wie vor ehrenamtlich an der Spitze der Kommunalverwaltung Wipfelds.
Der Vortrag am Freitag, 23. Februar, „Wipfeld – Streiflichter aus einer langen Geschichte“, beginnt um 19.30 Uhr im Wipfelder Literaturhaus, Eintritt 5 Euro.