Wie begegnen die Gemeindeverwaltungen deutschen und ausländischen Neubürgern? Heißen sie diese willkommen oder behandeln sie sie als lästige Pflichtaufgabe? Dass in den Rathäusern eine echte Willkommenskultur etabliert werden muss, das weiß auch die Marktgemeinde Werneck. Sie ist eine von drei unterfränkischen Modellkommunen, die in einem Pilotprojekt einen Leitfaden für die Verwaltung und einen Wegweiser für Neubürger erstellen. Er soll das Gefühl vermitteln: Hier bin ich erwünscht.
Der demografische Wandel zeigt es vor allem den ländlichen Kommunen: Nur mit Zuzug von außen können sie weiter als Gemeinwesen funktionieren und ihre Infrastruktur erhalten. Um Neubürger zu gewinnen, braucht es aber eine offensive Anerkennungs- und Willkommenskultur.
Die Idee, hier aktiv zu werden und die Kommunen zu unterstützen, wurde vor etlichen Monaten im Arbeitskreis „Infrastruktur und Lebensqualität im ländlichen Raum“ geboren. Der Fokus sollte auf den örtlichen Einwohnermeldeämtern liegen, die als erste Anlaufstelle für Neubürger eine Schlüsselrolle einnehmen. Und in denen serviceorientiert gearbeitet werden soll.
Als Wernecks Bürgermeisterin Edeltraud Baumgartl den Arbeitskreis-Leiter Ottmar Porzelt, Chef des Amtes für Ländliche Entwicklung Unterfranken, traf, bewarb sie sich sofort um die Mitarbeit im Pilotprojekt. „Zu dieser Zeit kamen viele Asylbewerber zu uns ins Rathaus“, begründet sie ihren Vorstoß. Die Menschen kommen aus einer „ganz anderen Welt“, nicht nur die Sprache sei hier anders.
Wie man den Umgang mit diesen Neubürgern bewältigt, die Suche nach einer Antwort auf diese Frage, gab den Anstoß für grundsätzliche Überlegungen in Werneck. „Wir wollen es den Menschen leicht machen, sich hier bei uns zurechtzufinden“, sagt Baumgartl.
Gemeinsam mit Lohr und Knetzgau entwickelt die Marktgemeinde nun seit einigen Monaten konkrete Instrumente einer Willkommenskultur. Träger des Projektes „Mainfranken – main daheim – Willkommenskultur und -struktur in Mainfranken“ ist die Region Mainfranken GmbH, die Regionalentwicklungsgesellschaft der sieben mainfränkischen Landkreise, der Städte Würzburg und Schweinfurt sowie der Wirtschaftskammern. Die erprobten Ideen wie Mitarbeiterschulung und Begrüßungstreffs, der Leitfaden und Basisinhalte des Wegweisers werden dann allen Kommunen in Mainfranken kostenlos zur Verfügung gestellt, erklärt Geschäftsführerin Asa Petersson.
„Es geht um die Gewinnung von Neubürgern, wobei das ein weiter Begriff ist.“ Gemeint sind sowohl deutsche Staatsbürger als auch Migranten aus dem Ausland. „Heute ist es wichtig, dass man sich als Kommune gut vermarktet, und dass die Website einlädt“, erklärt die Fachfrau. Vor Ort brauchen die Neubürger dann vor allem die Erstinformation: Was finde ich wo?
Daher wird der gedruckte Wegweiser auch aus der Perspektive des Neuankömmlings erstellt, je nachdem, welche Bedürfnisse er hat. Also: Wo finde ich eine Wohnung? Wo melde ich mein Haustier an? Welche Gemeindeämter muss ich aufsuchen? Wie sehen Freizeit und Kultur aus? „Das ist kein üblicher Flyer“, sagt Bürgermeisterin Baumgartl. „Hier wird lebensbezogen informiert, etwa für Kinder zu Kindergarten, Schule, Betreuung, Freizeit oder Vereine“ – alles in leicht verständlicher Sprache formuliert, auf Deutsch und auf Englisch.
Gemeinsam mit den Mitarbeitern der Verwaltung wird dieser Wegweiser erstellt. Untersucht werden dabei die korrekte Ausschilderung im Haus, Öffnungszeiten oder die Betreuung. „Bei der Mitarbeiterschulung wird auch das Verhalten untersucht“, gibt Baumgartl die Erfahrungen ihres Personals wider. Manches sei selbstverständlich, anderes müsse man noch verbessern. „Offenheit und Toleranz sind wichtig“, so Baumgartl, und „das Gefühl des Willkommenseins.“
Aus diesen Erfahrungen wird für die Bürgermeister dann der Leitfaden geschrieben, erläutert Asa Petersson, ergänzt um wichtige Adressen. „Natürlich wissen wir, dass es dadurch nicht zusätzliches Personal in den Verwaltungen geben wird.“ Aber es sei wichtig, Probleme offen anzusprechen, damit die Führung darauf eingehen könne.
Die Erfahrungen der drei Pilotkommunen werden allen Gemeindeverantwortlichen Mainfrankens bei einer Regionalkonferenz am 4. Mai in Rügheim vorgestellt. Damit eine Willkommenskultur überall Einzug halten kann.