Als die häusliche Katze eine Maus tötet, flippt Angelika Hartmann geradezu aus. Sie greift zum Spaten, will die Maus begraben, wird von ihrem Ehemann Richard ziemlich brutal gestoppt. Mit dem Weinglas in der Hand stolpert die pensionierte und reichlich frustrierte Schulleiterin durchs Leben, während ihr Mann als Chirurg von einer zur nächsten Operation eilt, das Alter nicht hinnehmen will. Mit Botox glaubt er, die Jugendlichkeit konservieren zu können.
Als Angelika einen Flüchtling in die Villa aufnehmen will, bricht der Konflikt auf, der männliche Teil der Hartmanns protestiert heftig. Äußert Fremdenangst.
Trotz des brisanten Themas ist im Theater im Evangelischen Gemeindehaus eine Komödie zu sehen. Vor sechs Jahren hat Simon Verhoeven die Hartmanns mit großem Erfolg für den Film geschaffen, seit vier Jahren ist das Theater Thespiskarren damit auf Tournee. Allein das schon spricht für die Inszenierung (Michael Bleiziffer), die nichts von ihrer Frische, ihrem ungeheuren Tempo verloren hat, das später "bravo" rufende Publikum kräftig lachen lässt, ohne den ernsthaften Hintergrund zu vergessen.
"Eine alter Jungfer"
Zu den Hartmanns gehören noch Sohn Philipp (Marc Andree Bartelt), ein in Scheidung lebender Workaholic, ständig mit dem Handy am Ohr, und Tochter Sophie (Caroline Klütsch), die ewige Studentin, die kräftig vom Vater unter Druck gesetzt wird.
"Eine alte Jungfer" nennt sie Diallo, der ins Haus gekommene Flüchtling. Derek Nowak gibt dem Stück das Gesicht. Er ist sentimental und nachdenklich, urkomisch, wenn er die verschiedenen Kulturen aneinander reibt. Herrlich wie er Sophie zu verkuppeln sucht, anrührend, wenn er sein Schicksal, seine Flucht, die Trauer um die in Nigeria zurückgelassene Familie vor einer Schulklasse erzählt.
Die Bühne von Peter Engel besteht im Hintergrund aus einem Baugerüst, vor dem sich eine großbürgerliche Villa im Miniaturformat dreht, in der sich die Familie immer wieder vergraben kann. Protest gegen den Ausländer zieht Fackeln schwenkend auf, rechte Parolen werden geschrien, das treibt die Hartmanns zusammen.
Acht Schauspieler, 22 Rollen
Antje Lewald spielt die Angelika zwischen Resignation und dem Wunsch, aus dem Loch, in das sie gefallen ist, auszubrechen. Steffen Gräbners Richard erkennt spät, dass er ein alter Mann ist, aus dem Choleriker wird ein Sentimentaler, der zur Frau kleinlaut zurückkehrt.
Die Inszenierung besetzt 22 Rollen mit acht hervorragenden Schauspielern. Neben Antje Lewald sticht dabei noch ungemein wandelbare Peter Clös heraus, der seine vielen Rollen bis hin zum Rande der Groteske treibt.
Natürlich endet die Komödie in einem großen Akt der Versöhnung, natürlich erhält Diallo sein Asyl.