
Wenn alte Menschen plötzlich anfangen, Dinge zu vergessen, sie nach Wörtern suchen, um sich auszudrücken, das Kochen und Stricken immer schwerer fällt und sie ständig unruhig umherwandern. Es könnte ein Zeichen von Demenz sein, erklärt Rebecca Seemann den Schülern der zehnten Klassen am Celtis-Gymnasium beim Seminartag rund um das Thema. Etwa 1,5 Millionen Demenzkranke gibt es derzeit in Deutschland.
Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels werde die Gefahr größer, irgendwann an Demenz zur erkranken, denn: „Alter ist der größte Risikofaktor“, so Seemann. Sie arbeitet für das Projekt „Gerontopsychiatrische Vernetzung in der Region Main-Rhön“, das durch den Bezirk Unterfranken als Modellprojekt gefördert wird. Träger ist seit 2008 das Diakonische Werk Schweinfurt.
Antonia aus der 10a will Menschen im Seniorenheim besuchen, mit ihnen singen, basteln
Manche Schüler kennen schon jemanden, dessen Oma oder Opa von Demenz betroffen ist, für andere ist das Thema neu. Antonia aus der Klasse 10 a kennt zwar bisher keinen Betroffenen, ist aber im Sommerhalbjahr in der AG „Celtis am Löhe“ dabei. „Ich mag es, mich mit alten Menschen zu beschäftigen“, sagt sie. So wird sie nach den Osterferien einmal in der Woche im Seniorenheim des Diakonischen Werkes – dem Wilhelm-Löhe-Haus – die Senioren besuchen, mit ihnen singen, basteln oder erzählen.
Da könne es durchaus hilfreich sein, mehr über den Umgang mit Demenz zu wissen.
Was sind die ersten Anzeichen von Demenz?
Seemann erklärt den Zehntklässlern, welche Formen der Demenz es gibt. So erfahren sie zum Beispiel, dass bei der Alzheimer-Demenz ein fortschreitender Abbau von Nervenzellen im Gehirn verzeichnet wird. „Der Beginn ist schleichend, aber es gibt eine progressive Entwicklung“, erklärt Seemann. Die vaskuläre Demenz indes kann durch eine Durchblutungsstörung im Gehirn auftreten, zum Beispiel nach einer Reihe von Schlaganfällen. Hauptmerkmale dafür seien unter anderem Denkschwierigkeiten, Konzentrationsschwäche, Antriebsminderung und Bewegungsunsicherheit.
Aggressives Verhalten, Taktlosigkeit, maßloses Essen und Vernachlässigung der Körperpflege seien hingegen Warnsignale bei der Frontotemporalen Demenz. Denn hier beginnt der Abbau der Nervenzellen zunächst im Stirn und Schläfenbereich, „dort, wo unter anderem Emotionen und Sozialverhalten kontrolliert werden“.
Doch was bedeutet es für den Ehepartner, für Kinder und Enkelkinder, Freunde und Bekannte, wenn ein Senior an Demenz erkrankt? Und wie soll man sich verhalten, um den Kranken nicht zu verunsichern? Nach einem Film zum Thema setzten sich die Schüler in Kleingruppen zusammen und diskutierten verschiedene Ansätze. Im Plenum wurden die Ergebnisse zusammengetragen.
Fazit der Diskussion: Die Krankheit zu akzeptieren, ist wichtig
Wichtig sei es, würdevoll mit dem Demenzerkrankten umzugehen und ihn in die Gesellschaft zu integrieren - da waren sich alle einig. Indem man auf ihn eingehe und von „Tag zu Tag neu entscheidet, was möglich ist“, sei auch ein Maß an Lebensqualität möglich. Was wichtige Entscheidungen wie „Autofahren“ oder „Testament schreiben“ angeht, solle man genau hinschauen und mit dem Betroffenen über die Entscheidung reden, die gefällt wird.
Vor allem sei es wichtig, die Krankheit zu akzeptieren und den Demenzerkrankten bei den Aktivitäten zu fördern, die ihm Spaß machen und, die er beherrscht, so das Fazit einer Gruppe. Besonders auf der emotionalen Ebene könne man sich dem Demenzerkrankten gut nähern. Zum Thema Kontrollmaßnahmen, wie zum Beispiel Kameras, Bewegungsmelder oder Ortungssysteme gab es verschiedene Stimmen. „Da liegen Schutz und übermäßige Kontrolle nahe beieinander“, so ein Schüler. Und: Man sollte sich fragen, ob man das bei sich selbst wollen würde.
Seminarleiterin hofft, dass andere Schulen nachziehen
Seemann ist zufrieden mit den Ergebnissen, würde sich aber wünschen, dass auch weitere Schulen das Angebot eines solchen Seminartages nutzten. „Das Thema geht uns alle an.“ Laut Celtis-Schulleiter Rainer Herzing flatterte gerade per Post eine Aufforderung des Kultusministeriums herein, die den Schulen ans Herz legt, sich mit dem Thema Demenz zu beschäftigen. „Das zeigt, dass unsere Schule Vorreiter ist“, wandte er sich stolz an die Zehntklässler.