
Sieben Jahre nachdem Schaeffler in einem heftigen Kampf und letztlich erfolgreich FAG Kugelfischer übernommen hatte, machten sich die Eigentümer, Maria-Elisabeth Schaeffler (20 Prozent der Anteile) und ihr Sohn Georg (80 Prozent) zusammen mit ihrem Vorstandsvorsitzenden Jürgen Geißinger erneut an eine Übernahme. Mit dem dreimal größeren Unternehmen Conti wollte Schaeffler auf der Liste der größten deutschen Unternehmen (drittgrößter Automobilzulieferer weltweit) mit 330 000 Beschäftigten weiter vorrücken, aber auch das eigene, eher mechanisch ausgerichtete Geschäft mit der Elektrik-Kompetenz des Dax-30-Unternehmens mit Sitz in Norddeutschland ergänzen. Das klang sehr zukunftsorientiert.
Und Schaeffler schien sich das leisten zu können. Die Integration von Kugelfischer und des Kupplungsherstellers LuK war gelungen, die Ertragslage gut. Am 14. Juli 2008 gab es ein erstes Angebot über 69,37 Euro pro Aktie. Conti-Chef Manfred Wennemann nannte es unzureichend, Schaeffler sei "egoistisch, selbstherrlich, verantwortungslos". Er fürchtete die Zerschlagung seines Unternehmens durch den zu erwarteten Verkauf der Reifensparte.
Fünf Wochen später wurde das Angebot auf 79,12 Euro aufgestockt. Am 21. August einigte man sich, Schaeffler zahlte 75 Euro, das Doppelte des aktuellen Börsenkurses, für Anteile an einem Unternehmen, das durch die VDO-Übernahme mit elf Milliarden Euro in der Kreide stand.

Doch dann kam er Zusammenbruch der Lehman-Bank und damit die weltweite Finanzkrise. Schaeffler musste mehr Aktien übernehmen als geplant. Das ging nur über Schulden, die Kreditlücke soll bei elf Milliarden Euro gelegen haben. In der Kommanditgesellschaft hafteten die Eigentümer mit ihrem persönlichen Vermögen. Die Familie stand vor der Pleite. Zeitweise fielen 70 Millionen Euro an Zinsen monatlich an.
Maria-Elisabeth Schaeffler übernahm 1996 die Führung des Unternehmens
Die Wienerin Maria-Elisabeth Schaeffler hatte als 22-Jährige nach der Heirat 1963 mit Georg Schaeffler ihr Medizinstudium abgebrochen und war nach Herzogenaurach gezogen. Statt Betriebswirtschaft zu studieren, begab sie sich auch beruflich unter die Fittiche ihres Mannes und konnte nach dessen Tod 1996 die Führung des Unternehmens, unterstützt von externen Managern, übernehmen, und dies mit großem Erfolg. Mal war sie "Die Schaefflerin", dann immer wieder "Die listige Witwe".
Sohn Georg hatte mit Technik wenig im Sinn, studierte Jura in North-Carolina und arbeitete in einer Wirtschaftskanzlei in New York. Das Gesicht von Schaeffler blieb die Mutter, der Junior hielt sich im Hintergrund, wurde als Muttersöhnchen verspottet.
Schließlich der Angriff auf Conti, den vor allem Geißinger eingefädelt haben soll. Und die Schulden. Um eine Pleite abzuwenden, wandte man sich an die Bundesregierung und die bayerische Staatsregierung und suchte auch das Gespräch mit der bayerischen SPD. In Berlin und München blitzten die Schaefflers ab. "Man bittet im Pelzmantel nicht um Staatshilfe", hieß es in Anspielung auf die stets erkennbar teuer, aber auch perfekt gestylte Bittstellerin. Wie sehr ihr Image gelitten hatte, zeigt sich, als Ministerpräsident Horst Seehofer sie zum Staatsempfang bei den Wagner-Festspielen in Bayreuth nicht mehr einlud. Dumm auch, dass sie sich in dieser Zeit in Kitzbühel ziemlich aufgebrezelt in der Mitte von Mercedes-Chef Jürgen Schremm und Schlagerstar Hansi Hinterseer fotografieren ließ.
Spekuliert wurde über die Suche nach Investoren. Genannt wurden Chinesen, Ölscheichs sogar Russen. Nichts war dran.
Familien-Holding hält noch 46 Prozent der Conti-Anteilscheine
Weil es mit den Regierenden nicht klappte, wandte sich Maria-Elisabeth Schaeffler an die Gewerkschaften. Band sich einen roten Schal um und reihte sich in einen Demonstrationszug der IG Metall ein. Dabei soll sie Tränen gezeigt haben.
Dass die Banken und vor allem die Commerzbank an einer Pleite nicht interessiert sein konnten, lag bei den damit verbundenen Verlusten nahe.
Mit Klaus Rosenfeld kam ein ausgewiesener Experte von der Dresdner Bank als Finanzvorstand nach Herzogenaurach. Ihm gelang es relativ schnell, die Schulden in den Griff zu bekommen. Die Zinsbelastung wurde deutlich reduziert, Aktien wurden verkauft. Heute hält die Familien-Holding noch 46 Prozent der Conti-Anteilscheine.
Schaeffler macht erneut negative Schlagzeilen
Am 4. Oktober 2013 war die Ära Geißinger bei Schaeffler zu Ende. Der selbstherrliche Manager hatte die Gunst der Familie verloren. Maria-Elisabeth Schaeffler wollte mit Klaus Deller von Knorr-Bremse wieder einen Ingenieur an der Spitze. Trotz seiner Berufung durfte Deller seinen Posten nicht antreten. Er sei an einem internen Machtkampf gescheitert, hieß es im Manager-Magazin. An seine Stelle rückte Finanzvorstand Klaus Rosenfeld.
Mit ihm versteht sich Georg Schaeffler gut. Das mag auch ein Grund dafür sein, dass er etwas aus dem Schatten der heute 80-jährigen Mutter rückte.
Im vorigen Jahr jedoch machte Schaeffler erneut negative Schlagzeilen. Das Geschäft schwächelte. Das Unternehmen und auch Conti machten Verluste, die Rendite fiel zurück, die Aktie brach zeitweise ein, ist heute mit rund 8 Euro noch meilenweit von ihrem Höchstkurs von über 16 Euro entfernt. Für die Eigentümer aus Franken floss jedoch aus beiden Unternehmen reichlich Dividende im unteren dreistelligen Millionenbereich.
Schaeffler habe die Bedeutung des Elektroantriebs zu spät erkannt, lautet einer der Vorwürfe. Rosenfeld hat den Abbau von 4400 Stellen vor allem in Deutschland angekündigt. "Eine der reichsten Familien Deutschlands kämpft um ihre Milliarden – und entlässt jetzt tausende Mitarbeiter", hieß es unter businessinsider.de