Gerolzhofen zeigt seine künstlerische Ader und begeistert dadurch viele Bewohner und Gäste. Angetrieben von der Stadtteilmanagerin Ganna Kravchenko, die sich für die aktive Mitwirkung der Bürger am Städtebauförderungsprogramm „Soziale Stadt“ einsetzt, versucht man Leerstände kunstvoll einzurichten, indem dort verschiedene Kunststile präsentiert werden. So schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe: Zum einen bleibt der Leerstand nicht wirklich leer und zum anderen ziehen die Bilder und Kunstwerke in den Schaufenstern die Blicke der Passanten auf sich.
So gestaltete die Ludwig-Derleth-Realschule im Kunstunterricht mit Hilfe von Barbara Stumpf ein Schaufenster eines leerstehenden Geschäfts in der Rügshöfer Straße ganz nach dem berühmten Stil von Friedensreich Hundertwasser. Der vor allem als Maler und Architekt bekannte österreichische Künstler verwendete bunt leuchtende Spiralen, die auch in der Arbeit der Schüler ihren Niederschlag finden.
Kaufangebote
Schüler Lukas Stößel beschreibt den Leitgedanken so: „Wir wollten etwas Buntes und Außergewöhnliches in den Schulalltag bringen und etwas Neues schaffen. Deshalb haben wir – inspiriert durch Friedensreich Hundertwasser – alte Schulstühle bemalt und in das Schaufenster gestellt.“ „Das Schaufenster kommt bei den Touristen gut an und es gab sogar schon Kaufangebote“, erzählt Barbara Stumpf.
Derweil hat Kollegin Kathrin Bornschlegl schon Zukunftspläne für ein neues Schaufenster, das sie zusammen mit ihren Schülern gestalten möchte.
Für ein schöneres Ortsbild engagieren sich neben der Realschule auch viele Läden, wie zum Beispiel das Schmuck- und Uhren-Geschäft Peter Stößels. Großen Wert legt er auf eine schöne Dekoration der Schaufenster, die auf die Kunden einladend wirken sollen. Deko und Schmuck müssen dabei zueinanderpassen. Zuletzt wurde er für das schönste Weihnachtsschaufenster der Stadt ausgezeichnet.
Wirkungsvoll präsentiert sich auch die stilvoll eingerichtete Galerie „Kunst und Historie: Altstadt Gerolzhofen“ in der Spitalstraße, in der Janine Beier und neben anderen auch Ingrid Pufe ihre Kunstwerke ausstellen.
Die Leerstände haben Ingrid Pufe gestört und so beschloss sie, zum Bürgermeister zu gehen. Thorsten Wozniak schickte sie wiederum zur Stadtteilmanagerin Ganna Kravchenko. Für diese war der Leerstand in der Spitalstraße am Eingang zum Bürgerspital ein geeigneter Raum. Und so baute sie zusammen mit Pufe das Projekt „Bilder in leeren Schaufenstern“ auf. Nun stellt Pufe dort ihre Kunstwerke aus. Die Schönheit der Natur in ihrer Vielfalt hat die Malerin angeregt. Sie achtet in ihren Werken sehr auf Präzision, Details und authentische Farbgebung. Die Bandbreite ihrer Werke umfasst Stillleben, Naturimpressionismus, Landschaften und Blumen in unterschiedlichen Stilrichtungen – von traditionell bis modern.
„Die Leute, die daran vorbeigehen, bleiben stehen und schauen sich die Kunst an. Sie zeigen Interesse. So kann man die Leute anziehen, nicht mit Leerständen“, meint Pufe.
Für Ganna Kravchenko wird die Spitalstraße so aufgewertet. Geöffnet ist die Galerie zum Musikalischen Frühschoppen am Samstag, 2. August, von 10.30 bis 14 Uhr.
Um die Vielfalt der Kunst zu zeigen, stellen verschiedene Künstler in verschiedenen Zeiträumen ihre Arbeiten aus. Die nächste Künstlerin bezieht bereits am 5. August die Galerie. Auf die Frage, wie das die Vermieter sehen, sagt die Stadtteilmanagerin: „Sie sind offen und legen viel Wert auf die Koordination durch das Stadtteilmanagement. Die Kunst in diesen Räumen ausstellen zu lassen, kostet nichts.“
Damit aber das Interesse bei den Betrachtern geweckt wird, muss das Schaufenster einige Kriterien erfüllen. Natürlich sind Ordnung, Sauberkeit und die zentrale Lage von großer Bedeutung.
Plattform für erste Schritte
Laut Ganna Kravchenko ist Gerolzhofen eine gute Plattform für Künstler, die erste Schritte wagen möchten und nicht nur verkaufsorientiert sind, sondern erst einmal nur sich und ihre Kunst präsentieren möchten.
„Dieses Projekt ist großartig für Gerolzhofen, auch wegen der Bürgerbeteiligung“, betont sie. Es soll die Stadt auf eine authentische Art beleben. Die Bilder, die ausgestellt werden, müssen übrigens nicht perfekt sein, denn auf jeden Betrachter wirken sie anders.
Ganna Kravchenko zusammenfassend: „Für unsere Stadt ist das eine Besonderheit. Wir sehen im Leerstand kein Zeichen dafür, dass es uns schlecht geht, sondern ein Potenzial!“