
Was tun, wenn man im Alltag rechte oder diskriminierende Parolen hört? Oder man Opfer oder Beobachter von Rassismus und rechten Parolen wird? Das Bündnis "Aufstehen gegen Rassismus!" gibt in seiner Seminarreihe "Stammtischkämpfer" darauf Antworten. Seit 2016 wurden auf diesem Weg 25.000 Menschen bei 1700 Seminaren erreicht. Am Sonntag, 15. September, 10 bis 17 Uhr, ist die Teilnahme kostenlos, eine Anmeldung ist aber erforderlich. Der Workshop im Schweinfurter Kulturhaus Stattbahnhof statt. Lena Waldhoff vom Bündnis erklärt vorab, warum es wichtig ist, dass die Zivilgesellschaft ihre Stimme wieder finden muss und wie in verschiedenen Situationen des Alltags reagiert werden sollte.
Rassismus und rechte Parolen überrumpeln Beteiligte häufig. Wie lässt es sich antrainieren, zu reagieren und nicht in eine Schockstarre zu verfallen?
Das sei gar nicht so einfach, erklärt Waldhoff. Die Schockstarre sei etwas, die jeder kennt. Eigentlich möchte man etwas sagen, doch man "friert ein" in dem Moment und sei somit nicht mehr handlungsfähig. Diese Hemmschwelle zu überwinden, müsse eingeübt werden. Elementar sei dabei auch zu wissen, dass es grundsätzlich viele Möglichkeiten gibt, zu reagieren. "Es muss nicht immer eine große Diskussion sein. Das ist nicht immer notwendig oder angebracht. Es braucht auch nicht immer ein großes Fachwissen. Jede Reaktion ist schonmal ein Gewinn", so die Expertin.
Wie gehe ich am Arbeitsplatz mit solchen Vorfällen um?
Der Arbeitsplatz birgt einige Herausforderungen. Ein hierarchisches Abhängigkeitsverhältnis könnte den Konflikt beeinflussen. Abhängig von den Äußerungen, empfiehlt Waldhoff, nicht zu konfrontativ zu reagieren. Nachfragen und hinterfragen beim Arbeitskollegen oder der -kollegin sei hier angebracht. "Daten und Fakten einfordern", ist ein geeignetes Mittel. "Man gibt damit auch zu erkennen, dass man die Äußerungen nicht einfach so im Raum stehen lässt." Am Arbeitsplatz kann es, gerade als Betroffener von Rassismus, aber auch ratsam sein, sich an Vorgesetzte, den Betriebsrat oder eine Gewerkschaft zu wenden.
Was ist zu tun, wenn Rassismus im öffentlichen Raum geschieht?
"Bei einer rassistischen Beleidigung ist eigentlich kein Raum mehr, um zu diskutieren", findet Waldhoff. Eine klare und schnelle Positionierung sei daher nötig. "Es ist wichtig, keine rassistische Aussage im öffentlichen Raum unwidersprochen stehen zu lassen." Wichtig ist es dabei, auch bei der Zivilcourage, der von der rassistischen Beleidigung betroffenen Person, den Raum zu bieten, zu reagieren.
Was antworte ich dem "Onkel", der bei der Familienfeier rechte Stammtischparolen verbreitet?
"In einem privaten Umfeld kann es eine gute Strategie sein, Empathie einzufordern", erklärt Waldhoff. Es könne also hilfreich sein, einen Perspektivwechsel anzuregen. Wie würde der "Onkel" es finden, wenn so, wie er es tat, über ihn gesprochen werden würde? So werde demjenigen oft erst die Tragweite seiner Aussagen bewusst. Oft sei es auch wirksam, nicht nur dagegenzuhalten, sondern auch mal etwas Positives, wie eigene Werte und Visionen, entgegenzusetzen, regt die Expertin an.
Wie verhalte ich mich, wenn auf einem Fest oder einer Feier eine offensichtlich betrunkene Person rechtsextreme Dinge von sich gibt?
In so einer Situation seit es wichtig, das Gefahrenpotential für sich selbst einzuschätzen. Keiner soll sich selbst in Gefahr bringen. Es könne sein, dass Leute aggressiv reagieren. Bei Betrunkenen müsse auch eingeschätzt werden, ob die Person das ernst meint und die Tragweite der Äußerungen versteht. "Es könnte helfen, die getätigte Aussage zuzuspitzen und die Konsequenzen aufzuzeigen", so Waldhoff. Man könne Personen auch auf ihre Aussagen festnageln und eine klare Positionierung verlangen. Aber manchmal hilft auch Humor oder eine ironische Aussage. Das hängt aber sehr von der Stimmungslage in der jeweiligen Situation ab.
Warum ist es eigentlich wichtig, Stellung zu beziehen und nicht zu schweigen?
"Weil der Diskurs durch die AfD immer weiter nach rechts verschoben wird", meint Waldhoff dazu. "Es sind immer krassere rassistische und rechtsradikale Äußerungen möglich. Das kann nur gestoppt werden, wenn wir widersprechen." Dies könne auch noch einen weiteren Effekt haben. "Man darf nicht unterschätzen, wie sehr das andere Menschen motiviert, sich dann auch zu positionieren."