Es war abzusehen, dass es bei der Verleihung des fünften Theodor-Fischer-Preises durch den Architekten- und Ingenieurverein Schweinfurt (AIV) nicht nur um den im wahrsten Sinn des Wortes ausgezeichneten Bau der Schweinfurter Architekten Schlicht Lamprecht gehen würde, sondern auch um die Herausforderungen, vor denen unsere Gesellschaft derzeit steht.
Deutschland braucht ganz schnell bezahlbaren Wohnraum für sehr viele Menschen. Die Architekten fürchten nun berechtigterweise, dass die Fehler der Nachkriegszeit – schnell bauen ohne gestalten – wiederholt werden.
Reiner Nagel, Vorsitzender der Bundesstiftung Baukultur, zeigte in seiner Festrede einige Wege auf, wie die Herausforderungen gemeistert werden könnten. Zwei davon – Weiterbauen im Bestand und Füllen von Lücken an benachteiligten Orten – trafen auf den, beziehungsweise die beiden Preisträger zu.
Lobende Anerkennung für Umbau des Pfarrzentrums Christkönig
Denn dieses Jahr gab es neben dem Hauptpreis noch eine Lobende Anerkennung und zwar für Umbau und Modernisierung des Pfarrzentrums Christkönig durch die Architekten Brückner und Brückner Würzburg. Die Jury würdigte, dass der Bau des Schweinfurter Architekten Mömken von 1965 respektiert, behutsam tranformiert und nach heutigen Anforderungen modernisiert wurde.
Über den Theodor-Fischer-Preis 2015 freuten sich sichtlich Stefan Schlicht und Christoph Lamprecht mit Bauherr Peter Heinlein. AIV-Mitglied Martin Matl stellte das „Haus eines Schrotthändlers“, wie die Jury das Büro- und Betriebsgebäude des Rohstoffhandels Georg Lech liebevoll nannte, als vielschichtig überzeugendes und beispielgebendes Projekt vor.
Ein Gegenpol zu Hektik und Lärm
Die Fassade aus Corten-Stahl nimmt Bezug auf den Ort und das Geschäft der Firma. Innen entstanden ruhige Büroräume und Rückzugsorte als Gegenpol zu Hektik und Lärm der Arbeitsumgebung, die nicht nur der Firmenleitung, sondern auch den Mitarbeitern zugute kommen. Gelobt wurde auch, dass ein unwirtlicher Ort im Hafen durch anspruchsvolle Architektur in ein „Stück Lebenswelt“ verwandelt wurde.
Die beiden Entscheidungen fielen einstimmig. Aber ebenso einig war man sich bei der Veranstaltung im Rathaus über die hohe Qualität aller 14 eingereichten Arbeiten – vom Einfamilienhaus über eine Wohnanlage, größere Neubauten bis zu Sanierungen im Bestand. Pläne und Fotografien aller Projekte sind bis 12. Oktober in der Halle Altes Rathaus ausgestellt, zu besichtigen jeweils von 10 bis 16 Uhr.
AIV-Vorsitzende Ursula Sauer-Hauck erinnerte daran, dass der Schweinfurter Architekt Wolfgang Schefbeck die Idee zu diesem Preis hatte, die 2003 erstmals umgesetzt wurde. Gesucht werden seitdem vorbildliche Bauten im Stadtgebiet, unabhängig von Größe und Kosten.
Streben nach einer hohen Baukultur
Der Verein möchte damit sein Bestreben nach einer hohen Baukultur in der Öffentlichkeit wach halten. Dieses Jahr wurde der Preis zum fünften Mal vergeben. Er ist undotiert. Neben der Ehre gibt es für die Preisträger eine von Studenten entworfene Stele.
Oberbürgermeister Sebastian Remelé lobte am Beispiel von Zeughaus und Ebracher Hof die „erstaunliche Kreativität und Sensibilität von Architekten“ im Umgang mit historischer Substanz. Gerade in Schweinfurt, wo nur wenige Bauten die Stadtverderben überstanden, sei die Bewahrung des historischen Erbes wichtig.
OB: "Wir können auch modern"
„Aber wir können auch modern“, betonte er. Dafür gibt es viele Beispiele, unter anderem das jetzt ausgezeichnete Gebäude mit seiner eindrucksvollen „Rost-Fassade“.