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SCHWEINFURT
Wie online muss der Handel sein?
Passanten mit Einkaufstüten       -  Kommt der Einzelhandel ohne Internet aus? Online muss er wenigstens auffindbar sein, hieß es beim Sparkassen-Forum.
Foto: Franziska Kraufmann/dpa | Kommt der Einzelhandel ohne Internet aus? Online muss er wenigstens auffindbar sein, hieß es beim Sparkassen-Forum.
Stefan Sauer
Stefan Sauer
 |  aktualisiert: 27.04.2023 01:59 Uhr

Das Internet ändert das Kaufverhalten spürbar. Viele bestellen Schuhe, Kleidung, Elektronik, teils auch schon ihre Lebensmittel per Computer- oder Smartphone-Klick vom Sofa aus und betreten Einzelhandelsgeschäfte immer weniger. Wie online muss der stationäre Einzelhändler werden, wenn er künftig noch eine Chance haben will?

Einzelhandel vor größter Herausfoderung

Das war die große Frage am Montagabend beim Einzelhandelsforum im Veranstaltungszentrum der Sparkasse. „Wir stehen als Händler vor der größten Herausforderung“, sagt in seinem Grußwort Jens Drescher, Vorsitzender des Einzelhandelsverbandes Schweinfurt, Neue Ansatzformen, Bezahlverfahren, Warenflüsse und Umverteilungen erforderten Antworten. „Online oder offline – der Kunde unterscheidet das nicht mehr.“ Es gelte, beide Welten zusammenzuführen, so Drescher.

Online? Offline? - Beides!

Kunden möchten ihren lokalen Einzelhandel nicht missen, aber entscheiden, ob sie direkt vor Ort oder übers Internet einkaufen. „Wir sollten die Menschen deshalb nicht vor die Wahl stellen, online oder offline, sondern beides bieten. Drescher ist zuversichtlich: „Ein noch so raffinierter Algorithmus kann die Menschlichkeit nicht ersetzen. Das Rückgrat des Handels sind nicht Großkonzerne, sondern der inhabergeführte Einzelhandel.“

Seit 2000 sei der inhabergeführte Einzelhandel um 40 Prozent zurückgegangen, sagt Ernst Stahl von der „ibi research an der Uni Regensburg GmbH“. Noch kauften 50 Prozent alles beim stationären Einzelhandel ein, 30 Prozent seien selektive Online-Shopper und elf Prozent begeisterte Internet-Käufer.

Käufer von morgen shoppen deutlich mehr online als die von heute

Bei den Käufern von morgen sehe das ganz anders aus. Unter 25-Jährige könnten nur noch zu neun Prozent Läden betreten, seien zu 65 Prozent selektive und zu 26 Prozent begeisterte Online-Shopper. Die größten Ängste der Jungen seien „kein Netz, keine Geschwindigkeit, Akku leer“ und ihr Hauptgrund fürs Online-Einkaufen Komfort, Bequemlichkeit eben.

Der stationäre Einzelhandel wird der Haupteinzelhandel bleiben - muss im Netz aber auffindbar sein

Steht der stationäre Einzelhandel vor dem Aus? Die diesbezügliche Extrem-These von Oliver Samwer („Rocket Internet“), dass nur absolut professionelle Offline-Händler überleben werde – also 80 Prozent nicht, teilt der „ibi-research“-Mann Stahl nicht: „Der stationäre Einzelhandel wird weiter der Haupteinzelhandel bleiben, aber er muss online zumindest zu finden sein“, so der Referent. Die zweite Extrem-These laute: „90 Prozent der reinen Online-Shops werden nicht überleben.

“ Ökonomische Grundregeln würden schließlich für alle gelten, „und nicht alle können bei Google oben stehen“. Wenn Online-Händler verschwänden, merke das bloß kaum einer.

Kooperationen können Sinn machen - erfordern aber Aufwand

Stahls Fazit: Schon aufgrund des veränderten Einkaufsverhaltens der Jugend – die älter werde und ihre Gewohnheiten beibehalte – müsse sich der Einzelhandel dem Online-Geschäft öffnen. „Das heißt nicht, dass jeder online verkaufen muss, aber Online-Präsenz ist Pflicht, um mobil gefunden zu werden.“ Kooperationen könnten Sinn machen, „aber das geht nicht ohne Aufwand“. Und: „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit“, zitiert der Referent eine Weisheit des Versandhandel-Gründer Josef Neckermann.

Der "Digitalbonus" kann hilfreich sein

Daniel Aller stellt das Beratungsangebot der IHK – etwa zum Online-Marketing und der Suchmaschinen-Optimierung – vor: Wie die Website aufgebaut werden sollte, ob sich ein Online-Shop lohnen kann, was etwa die Verpackungsverordnung verlangt oder beim Cloud-Computing zu beachten ist. Das „Digitalbonus“-Förderprogramm des Freistaates Bayern könnten Einzelhändler zu Aufbau oder Optimierung des Online-Auftritts nutzen.

Wie kann der lokale Einzelhandel gestärkt und für die digitale Zeit fit gemacht werden? Diese Frage stellt sich zusammen mit den Händlern der Region auch die „Main-Post“ – und hat das Projekt „www.mein-lieblingsladen.de“ ins Leben gerufen.

"Lieblingsladen": Ware online reservieren - und im Geschäft abholen

Der Ansatz ist: „Kunden reservieren eine Bestellung online und holen sie im Geschäft ab“, erläutert Anzeigenleiter Matthias Faller. Erschreckend sei zunächst gewesen, wie viele Einzelhändler im Internat nicht einmal sichtbar waren, so Faller: „Herzstück der Kampagne ist die Digitalisierung, hier müssen wir weiterkommen.“

Ein Patentrezept gibt's nicht - aber ganz ohne Internet wird sich kein Händler halten

Die erste Resonanz sei gut, die „Lieblingsladen“-Wertschätzung als Fortführung der Kampagne „Lass den Klick in deiner Stadt“ sehr hoch, sagt Faller. Am 1. Mai ist die Kampagne gestartet worden, hat in zwei Monaten über 60 000 Seitenaufrufe erhalten. Faller: „Zusammen müssen wir weiter dran arbeiten.“

Ein Patentrezept gibt es für den Einzelhandel nicht, lautet das Fazit dieses Forums. Sicher sei aber: Wer als Händler online gar nicht auftaucht, hat bald keine Chance mehr.

 
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