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KREIS SCHWEINFURT
Wie kommt das X ins Fachwerk?
X wie die Form des Andreaskreuzes im Fachwerkbau. Mal dient das Ornament zur Aussteifung, mal aber auch einfach nur zum Schmuck
Ein geschweiftes Andreaskreuz, reich verziert, am Dürrfelder Rathaus.
Foto: Silvia Eidel | Ein geschweiftes Andreaskreuz, reich verziert, am Dürrfelder Rathaus.
Silvia Eidel
 |  aktualisiert: 25.10.2017 03:21 Uhr

Xförmige Kreuze schmücken an besonderen Fachwerkhäusern im Landkreis die Fassaden. Die zwei diagonal laufenden Balken, die sich kreuzen, bilden das Andreaskreuz, so genannt nach dem Apostel Andreas, der als Märtyrer an solchen Balken gestorben sein soll. Sie sind Zeichen für eine herausgehobene Funktion des Hauses oder für den Reichtum des Besitzers.

Zweierlei Funktionen haben diese Andreaskreuze in den Fachwerkkonstruktionen, klärt Hans Feser, Innungsobermeister der Zimmerer für Schweinfurt und die Haßberge, auf. Zum einen dienen die schrägen Streben in der rechteckigen Form der horizontalen und vertikalen Balken als Aussteifung, damit sie sich nicht verformen. „Bei einer Geschosshöhe von 2,50 Meter wurde unter der Fensterbrüstung der oberen Stockwerke häufig das Andreaskreuz als Füllung verwendet, damit die Felder nicht so groß wurden“, weiß der Kützberger Zimmerermeister.

Denn die Gefache wurden mit Stroh, Geflecht und Lehmschlämme ausgefüllt und hatten keine tragende Funktion. Die Querstreben und Kreuze verhinderten, dass sich die Holzbalken wegen der Windbelastung durchbiegen.

Zum anderen wurden Andreaskreuze meistens als Schmuck im Fachwerk angebracht, der zur Statik des Hauses gar nicht benötigt wurde. Aber er zeigte nach außen, dass hier ein öffentliches Gebäude, ein Rathaus oder Amtshaus, stand oder dass sich der Hausbesitzer, oft reiche Bauern, Handwerker oder Händler, ein aufwändig verziertes Fachwerk leisten konnte. Die Balken waren oft geschweift oder besonders behauen, gelegentlich auch mit Schnitzwerk und Bemalung versehen.

Auch wenn heutige neue Häuser gerne wieder in Holzständerbauweise gefertigt werden, spielt Fachwerk keine Rolle mehr. „Als reine tragende Konstruktion wird das nicht mehr gebaut, wenn dann nur auf Sicht“, bestätigt Hans Feser.

X steht auch für die römische Zehn

Dabei wird die Balkenkonstruktion vor ein Mauerwerk gesetzt. Denn aus energetischer Sicht ist das Holzfachwerk wegen der Wärmedämmung, die innen aufgebracht werden müsste, und wegen Kältebrücken ungeeignet. Im Zimmerhandwerk spielt das X in der Form der römischen Zahl Zehn eine weitere Rolle. „Scharf gezeichnet“ worden seien früher die Holzbalken für den Hausbau, erläutert Obermeister Feser. Das heißt, dass Kerben in römischen Zahlen eingeschlagen wurden. „Früher wurde an sogenannten Zimmermannsplätzen in den Dörfern der komplette Giebel vorgefertigt und ausgelegt“, verdeutlicht er.

Um für den Wiederaufbau am eigentlichen Ort die Balken in der richtigen Reihenfolge zu haben, wurden die Hölzer mit römischen Zahlen durchnummeriert.

Eine Besonderheit dabei war, dass die Zahl Vier nicht als römisches IV markiert wurde, sondern als IIII, weist Feser hin. Damit sollten eventuelle Verwechslungen mit einer auf den Kopf gestellten VI vermieden werden. Und natürlich war die X auch Bestandteil der Balken-Zählung.

Gelegentlich wird Zimmermeister Feser bei Altbausanierungen in der Region mit altem Fachwerk konfrontiert. Für ihn ist das stets eine herausfordernde Begegnung mit den Berufskollegen aus früheren Zeiten.

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