
Eine kreisrunde, drei Millimeter große Öffnung, dahinter ein vier Zentimeter langer Schusskanal, stark vereitert. Aber zwei Dinge fehlen, als der Schweinfurter Tierarzt Dr. Michael Göde Mitte Februar eine schwer verwundete Katze aus Dittelbrunn operiert: eine Austrittswunde und vor allem ein Projektil. Die Wunde sah ansonsten ganz nach dem aus, was Göde schon öfter gesehen hat. Eine drei Millimeter große Eintrittswunde, "klassisch für eine Luftgewehrkugel", dahinter wie gesagt ein Schusskanal, der darauf hindeutet, dass die Katze von hinten angeschossen wurde.
Schusswunden an Tieren kommen immer wieder vor, sagt der Schweinfurter Tierarzt, auch in seiner Praxis. In dieser Zeit allerdings gab es zwei unklare Fälle: eine angeschossene Taube, die in Dittelbrunn gefunden worden war, und besagte Katze, deren Besitzer ebenfalls in der Stadtrandgemeinde wohnen. Der Fall gibt nicht nur dem Tierarzt Rätsel auf. Auch die Polizei ist mit dem Fall befasst, Anzeige wurde erstattet – gegen Unbekannt.
Die Polizei ging der Sache auch nach, gefunden allerdings hat man nichts. Weder gibt es Beweise für die Schussverletzung noch ist der Tatort klar, sagt ein Pressesprecher der Schweinfurter Polizei auf Nachfrage. Denn sowohl Taube als auch Katze müssten nicht zwangsläufig in oder bei Dittelbrunn angeschossen worden sein. Was die Polizei brauche, seien Ansatzpunkte. Und die, so der Polizeisprecher, könnten sich nur finden lassen, wenn es weitere Fälle gebe. Fälle, in denen Tiere Schussverletzungen haben wie die Katze aus Dittelbrunn. Ein Schusskanal, eine Eintritts-, aber keine Austrittswunde.
Kann das überhaupt sein? Theoretisch nicht unmöglich, so der Polizeisprecher. Es gebe tatsächlich Projektile aus Weizenbasis, die sich über einige Tage hinweg abbauen würden. Rein theoretisch wäre das also eine Möglichkeit. Auch, weil die Katze offenbar nicht sofort zum Tierarzt gebracht worden ist. Eine Internet-Recherche führt allerdings nicht weit und nur zu einem Beispiel für selbst auflösende Projektile: Softair-Munition, biologisch abbaubar, was bei Stärke basierten Produkten tatsächlich funktionieren soll. Doch das ist, wie vieles in diesem Fall, reine Spekulation. Die Polizei hält sich bedeckt, hat den Fall aber an die Tierschutzbeauftragte der Inspektion gemeldet, um sie zu "sensibilisieren".
Tierschutzverein will Tierärzte in der Region nicht nur sensibilisieren
Genau das will auch der Tierschutzverein, dessen dritter Vorsitzender Dr. Göde ist. Er ruft Tierärzte aus der Region dazu auf, sich zu melden, wenn sie ähnliche Fälle in die Praxis bekommen. Denn Tiere zu verletzen, ist kein Kavaliersdelikt, sondern als Verstoß gegen das Tierschutzgesetz strafbar. Um zu beweisen, dass ein eventuell sich auflösendes Projektil Schuld an einer so rätselhaften Schussverletzung wie im Fall der Dittelbrunner Katze war, müsste der betreffende Tierarzt dem Tier Gewebe entnehmen und dieses in einem Labor auf entsprechende Rückstände hin untersuchen lassen. Auf Fremdeiweiße, erklärt Dr. Michael Göde. Wie und wo das möglich wäre, kläre der Tierschutzverein gerade ab. Und auch, ob der Verein die Kosten für die Untersuchungen übernehmen könne.