Sie sieht aus wie eine Kristallkugel aus der Fantasy-Reihe „Harry Potter“ oder einer der sehenden Steine aus „Der Herr der Ringe“. Tatsächlich diente sie, die Schusterkugel, diesem okkultistischen Instrument als Vorlage.
Der deutsche Schriftsteller Wilhelm Raabe (1831 bis 1910) bezeichnete das Licht, das durch die Schusterkugel entsteht, als „Reich phantastischer Geister“, das „die Einbildungskraft mit wunderlichen Gestalten füllt“. Tatsächlich hat sie aber einen sehr praktischen Hintergrund. Bevor es elektrische Beleuchtung gab, diente sie als unverzichtbare Lichtquelle für das Handwerken nach Sonnenuntergang.
Die mit Wasser gefüllte Glaskugel wurde dazu einzeln oder zu mehreren an einem Stativ oder Holzgestell befestigt. Als künstliche Lichtquelle diente eine Kerze, später eine Petroleumlampe, die hinter der Schusterkugel installiert wurde. Die Kugel bündelte die Lichtstrahlen auf einen Fleck. Dieser ließ sich so ausrichten, dass er auf den Arbeitsbereich fiel. Dort konnte nun bei besserer Beleuchtung als dem bloßen Kerzenschein gearbeitet werden.
Kombinierte man mehrere Kerzen oder Kugeln, verstärkte sich der Effekt. Diese Erfindung wurde sicherlich nicht nur von Schustern genutzt. Die Schusterkugel in den städtischen Sammlungen ist auf das 19. Jahrhundert zu datieren. Sie wurde mundgeblasen und hat einen Durchmesser von elf Zentimetern und inklusive der Öffnung zum Befüllen eine Höhe von 14 Zentimetern.
Wie der Österreicher Erwin Perzy die berühmten Schneekugeln erfand
Übrigens diente die Schusterkugel nicht nur als Vorlage für die berühmte Kristallkugel. Ende des 19. Jahrhunderts experimentierte der Österreicher Erwin Perzy (1876 bis 1964) mit Schusterkugeln. Sein Ziel war es, das austretende Licht stärker zu konzentrieren, damit es als Beleuchtung bei medizinischen Operationen dienen konnte. Er gab Grieskörner ins Innere der Glaskugel und füllte sie mit Wasser auf. Die Lichtstreuung vergrößerte sich durch beides nicht, aber ein hübscher Effekt stellte sich ein: Die weißen Körner sanken langsam wie Schnee auf den Grund der Kugel – die Schneekugel war erfunden!
„Da nicht alle Objekte der städtischen Sammlung in der neuen Ausstellung gezeigt werden können, bieten wir auch gerne Einblicke in unser Depot“, erklärt Katharina Christ, Leiterin des Kulturforums. „So erschaffen wir kleine Geschichtsinseln, die vielleicht an das vergangene Alltagsleben unserer Großeltern und Urgroßeltern erinnern.“
Wenn also Bürger im Nachlass ihrer Schweinfurter Verwandten stöbern und Alltagsgegenstände finden, die in Schweinfurt zum Einsatz kamen oder dort gefertigt wurden, können sie sich gerne unter (0 97 21) 51 47 70 oder per Mail an Kulturforum@Schweinfurt.de wenden, da der Rückertbau, in dem die Büros des Kulturforums im Moment untergebracht sind, bekanntlich wegen der Corona-Krise für den Publikumsverkehr noch geschlossen ist. „Wir freuen uns besonders über Objekte aus dem 20. Jahrhundert und über ein entsprechendes Stativ für unsere Schusterkugel“, so Katharina Christ.
Sammlungsaufruf für das Stadtmuseum zu Corona
Die Corona-Pandemie ist natürlich auch für die Erweiterung der städtischen Sammlungen von Interesse, erklärt die wissenschaftliche Mitarbeiterin Andrea Mayer. Objekte der Zeitgeschichte zu sammeln, zu erforschen, zu bewahren und auszustellen gehört zu den Kernaufgaben einer musealen Einrichtung.
Die Mitarbeiter des Kulturforums möchten daher die Schweinfurterinnen und Schweinfurter dazu auffordern, ihnen Bilder, Fotos, Tagebucheinträge, Briefe und Karten, aber auch selbst gefertigte Mundschutze oder andere Objekte, die sie mit der Corona-Pandemie verbinden, dem neuen Museum zu überlassen, wenn diese nicht mehr benötigt werden.
Von Interesse sind auch die zahlreichen Aushänge und Schilder, die in den Geschäften, Restaurants und anderen Einrichtungen des öffentlichen Lebens auf die durch die Corona-Pandemie bedingte Schließung hinweisen. Aufmunterungen wie liebevoll gepackte Pakete oder Zeichen der nachbarschaftlichen Unterstützung sind ebenso willkommen.