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Schweinfurt
Wenn Wissenschaft gefährlich wird
Friedrich Dürrenmatts politische Kriminalkomödie 'Die Physiker' aus dem Jahr 1962 ist wieder aktuell.
Foto: Loredana LaRocca | Friedrich Dürrenmatts politische Kriminalkomödie "Die Physiker" aus dem Jahr 1962 ist wieder aktuell.
Karl-Heinz Körblein
Karl-Heinz Körblein
 |  aktualisiert: 02.03.2024 02:46 Uhr

Ja, man spricht wieder über Atomwaffen. Aufrüstung nicht nur auf der Ebene Europas, auch in Deutschland gibt es einflussreiche Stimmen, die angesichts des Krieges in der Ukraine die gefährlichen Waffen-Systeme als "Game-Changer" fordern.

Friedrich Dürrenmatts politische Kriminalkomödie "Die Physiker" aus dem Jahr 1962 ist also wieder aktuell. Das zeigt sehr eindrucksvoll die Inszenierung der Tourneebühne Thespiskarren aus Hannover, die mit dieser Inszenierung vor vier Jahren schon einmal in Schweinfurt zu Gast war. Dieses Mal aber in der Ausweichspielstätte Evangelisches Gemeindehaus.

Herbert Olschok hat das Stück gerafft, lässt temporeich im Bühnenbild von Alexander Martynow spielen. Er hat ein Halbrund aus gepolsterten Türen um den zentralen Raum der Irrenanstalt der Mathilde von Zahnd gebaut, in dem sich die Insassen immer wieder treffen.

Es sind dies Herbert Georg Beutler, der sich für Newton ausgibt, Ernst Heinrich Ernesti, genannt Einstein, und Johannes Wilhelm Möbius, der Wissenschaftler, der die Weltformel gefunden hat. Er gibt vor, von König Salomon besessen zu sein und ist ins Irrenhaus geflüchtet. Er hat seine Aufzeichnungen vernichtet, will die Welt vor sich, dem Physiker, schützen.

Im ersten Akt lässt Olschok der Komödie freien Lauf. Zu Beginn ist bereits ein Mord geschehen. Aus einer der Türen ragen die Beine einer der Schwestern. Einstein hat sie erwürgt. Inspektor Voß (herrlich zerknautscht Christian A. Hoelzke) muss frustriert bereits den zweiten Fall im Haus aufklären.

Stefan Bürgi zeigt Einstein mit verblüffender Ähnlichkeit zum Erfinder der Relativitätstheorie. André Vetters hat sich als Newton eine Perücke übergestülpt, in Hausschuhen zieht er flockig durch die Szenerie. Ganz groß Peter Bause als Möbius. Er spielt den ausrastenden Irren so souverän wie den abgekühlt rationalen Wissenschaftler. Als Schwester Monika (jugendlich frisch: Tina Rottensteiner) ihre Liebe erklärt, ihn befreien will, kommt seine Welt ins Wanken. Um sein Geheimnis zu wahren, muss auch er töten.

Der Meister "der schlimmstmöglichen" Wendung

Stark der zweite Akt, wenn sich die drei Wissenschaftler an einem Tisch versammeln, Einstein und Newton sich als Spione erweisen und die drei zur Einsicht gelangen, dass alles, was gedacht werden kann, einmal gedacht werden wird, und dass das einmal Gedachte nicht zurückgenommen werden kann.

Dürrenmatt ist der Meister "der schlimmstmöglichen" Wendung. Die einzig wirklich Irre ist die Chefin des Hauses, Mathilde von Zahnd. Hellena Büttner zeichnet stimmig die Figur als herrisch-dominant, raffiniert. Klammheimlich hat sie sich die Erkenntnis Möbius' unter den Nagel gerissen, an einen Konzern verhökert. Sie streift den steifen Arztkittel ab, schlüpft in ein damenhaftes Gewand, zeichnet die Lippen blutrot nach.

 
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