Im Bilderregal von Familie Kuypers steht neben den Fotos von Oma und Opa, schön eingerahmt, ein Bild des Nikolaus. Nicht von irgendeinem, sondern von dem in Gochsheim fast schon berühmten, 70 Zentimeter hohen Pappmaché-Nikolaus, der seit 88 Jahren jedes Weihnachten am Fenster steht und – Dank eines Uhrwerks im Inneren – bedächtig mit dem Kopf nickt.
Mittlerweile ist er ein Teil der Familie. „Was meinen Sie, was er uns alles erzählen würde, wenn er reden könnte?“ fragt Helmut Kuypers lächelnd. Erlebt hat der kleine Kerl mit dem roten Mantel jedenfalls so manches: den zweiten Weltkrieg, die Bombardierung, Inflation, Expansion, die Wiedervereinigung und natürlich alle lokalen Ereignisse. Perfekt ausbalanciert muss er sein, dann funktioniert er immer noch. „Der hat schon so seine Macken, wie die Menschen eben.“ Doch dafür hat Helmut Kuypers ein paar Tricks: „In der Mütze und unter dem Bart sind Stecknadeln versteckt. Wenn nur eine davon fehlt, funktioniert er schon nicht mehr. Außerdem darf das Uhrwerk nie ganz aufgezogen werden, das hat mein Opa schon immer gesagt!“.
Und der hatte offensichtlich Recht. 1923 ist er mit seiner dreijährigen Tochter, Helmut Kuypers Mutter, auf die Nürnberger Spielwarenmesse gefahren und hat dort den Nikolaus als Schaufensterdeko für das Kolonialwarengeschäft der Familie gekauft. „Das war in der damaligen Zeit sehr selten“, weiß Kuypers. Bis 1992 stand der Nikolaus pünktlich zur Adventszeit im Schaufenster, um Passanten, Kunden und vor allem den Kindern zuzunicken. „Die Kleinen haben sich immer die Nasen am Fenster platt gedrückt“, erzählt Kuypers. Obwohl schon viele interessierte Käufer da waren, würde er seinen Nikolaus nie hergeben: „Der wird an meinen Sohn vererbt!“.
Auch wenn es das Geschäft nicht mehr gibt, der Nikolaus darf weiter aus dem Fenster zum Hof in der Kirchgasse nicken. „Wer ihn sich ansehen möchte, kann aber jederzeit reinkommen“, sagt Kuypers. Versprochen.