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SCHWEINFURT
Wenn die Bilder erst im Kopf laufen lernen
Buch-Film: Blick in „Shut Up I’m Counting!“ von Felix Salut.Foto: AnandAnders
| Buch-Film: Blick in „Shut Up I’m Counting!“ von Felix Salut.Foto: AnandAnders
Mathias Wiedemann
 |  aktualisiert: 11.12.2019 19:16 Uhr

Normalerweise ist es umgekehrt: Aus Büchern entstehen Filme. Siehe „Doktor Schiwago“, „Herr der Ringe“ oder „Vom Winde verweht“. Vielleicht heißt deshalb eine der Protagonistinnen in Felix Saluts Film-Buch (oder Buch-Film) „Shut Up I’m Counting!“ Tara. Jedenfalls: Der Künstler Felix Salut, der als Felix Weigand 1975 in Schweinfurt geboren wurde, hat aus einem – imaginären – Film ein Buch gemacht.

Natürlich gibt es längst Bücher nach Filmen, mit Szenenbildern und Dialogbeispielen – Felix Salut aber strebt weit mehr an. Er verwendet zwar die üblichen Ingredienzen wie Regieanweisungen und Dialoge, montiert diese aber mit (Stand-)Bildern und Grafiken.

Das Ziel: Die Fantasie des Lesers baut diese Elemente Stück für Stück zusammen. Der Leser des Buchs wird so zum Betrachter eines Films – die Bilder fangen sozusagen erst im Kopf an zu laufen. Tatsächlich tritt beim Blättern ein kurioser Effekt ein: Man kann dieses Buch nicht, wie gewöhnliche Bildbände, auf die Schnelle durchblättern. Dann erlebt man zwar die ganz eigene Ästhetik, die Felix Salut entwickelt hat, aber die Geschichte bleibt rätselhaft und vor allem das Film-Erlebnis bleibt aus.

Die Geschichte ist eine Parabel auf die moderne Welt, so die Projektbeschreibung. Die Hauptdarsteller Tara und Ohio sind in eine eigenartige Welt geraten, die überwiegend aus Zeichen, Symbolen und Fragmenten besteht. Um ihr zu entkommen, versuchen sie es mit verschiedenen Ansätzen: Tara versucht die Symbole zu entschlüsseln und Kombinationen zu entdecken, Ohio dagegen hat einen Zahlentick. Klar ist: Sie suchen das Zeichen X, das sie zum Ausgang, zum E-X-I-T führen soll. Geleitet von einem Orakel, das rätselhafte Anleitungen gibt, und abgelenkt von einem sprechenden Punkt, der sich immer neue Hindernisse ausdenkt, kommt es zu seltsamen Abenteuern.

Felix Salut schreibt dazu: „In einer Welt aus Filmsets befinden sich die Charaktere des Films oft in komischen Situationen, absurden Zahlenwelten oder Sprachmuzak. Der Film stellt auf einer philosophischen Ebene auch die Frage, wie Menschen sich zu einer modernen Realität voller Symbole und Repräsentationen verhalten sollen.“

Formal gibt es vier Ebenen: Installationen, die als Filmsets dienen, grafische Animationen mit dem Punkt als Darsteller, performanceartige Filmszenen mit dem Orakel und klassisch im Schuss-Gegenschuss gefilmte Szenen mit den Hauptdarstellern Tara, Ohio und Magic Child.

Felix Salut studierte Grafikdesign an der Universität der Künste Berlin, der Gerrit Rietveld Akademie in Amsterdam und am Werkplaats Typografie in Arnheim. Er lebt und arbeitet als freier Grafiker in Amsterdam und unterrichtet an Kunsthochschulen wie der Gerrit Rietveld Akademie, der Kunsthochschule Kassel und ENSBA Lyon, Frankreich.

„Shut Up I’m Counting!“ wurde mit dem Walter-Tiemann-Preis 2014 für innovative typografische Gestaltungsideen ausgezeichnet. Das Buch in englischer Sprache ist bei Spector Books in Leipzig erschienen. Es umfasst 160 Seiten, 76 Abbildungen und kostet 32 Euro. ISBN 978-3-944669-67-0.

Am Rande der Buchmesse lädt der Verlag Spector Books am Donnerstag, 9. Oktober, in die „Freitagsküche“ in der Mainzer Landstraße 105 (Hinterhaus) zum Verlagsfest nach Frankfurt ein. Von 20 bis 20.45 Uhr steht eine Buch- und Filmpräsentation mit Felix Salut und „Shut Up I‘m Counting!“ auf dem Programm.

 
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