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ZEILITZHEIM/MERKERS
Wenn der Whisky im Salzberg reift
Fass abfüllen 600 Meter unter der Erdoberfläche: Thorsten Boeckers, Finanzvorstand des K+S-Konzerns, reicht Martin Mößlein einen Eimer mit dem Rohbrand des Whiskys, der nun im Erlebnis-Bergwerk Merkers für mindestens drei Jahre reifen soll. Karl-Heinz Heinemann beobachtet die Aktion.
Foto: Matthias Endriß | Fass abfüllen 600 Meter unter der Erdoberfläche: Thorsten Boeckers, Finanzvorstand des K+S-Konzerns, reicht Martin Mößlein einen Eimer mit dem Rohbrand des Whiskys, der nun im Erlebnis-Bergwerk Merkers für mindestens ...
Matthias Endriß
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:07 Uhr

Wer unter Tage will, braucht eine Fahrmarke. Ohne das glänzende, gelochte Metallplättchen geht nichts im Erlebnis-Bergwerk Merkers. Auch dann nicht, wenn man nur mal eben gut 200 Liter fränkischen Whisky tief unten im thüringischen Salzflöz einlagern will. So wie der Zeilitzheimer Winzer Martin Mößlein. Vor vier Jahren schon machte Mößlein mit Kollegen Schlagzeilen, als die Winzergruppe „Der Franke“ ein Fässchen Müller-Thurgau 100 Tage auf Deutschlands höchstem Berg, der Zugspitze, reifen ließ.

Erst hoch auf den Berg, jetzt hinab in die Tiefe

Da das Weingut Mößlein aber nicht nur für Wein, sondern auch für seinen fränkischen Whisky bekannt ist, der Martins Vater Reiner Mößlein als Pionier hierzulande schon internationale Anerkennung eingebracht hat, soll nun das andere Extrem folgen: vom Berg hinab ins Erdinnere. Ein Whisky aus der Mößlein'schen Brennerei geht in rund 600 Metern Tiefe – oder besser Teufe, wie der Bergmann zu sagen pflegt – in Klausur. Die Idee: Das „flüssige Gold“ soll für zunächst drei Jahre im „weißen Gold“ reifen. Eine fixe Idee, die Martin Mößlein nicht mehr losließ nach einem Besuch im Erlebnis-Bergwerk. Die salzige Luft und das besondere Ambiente hatten ihn schlicht fasziniert.

Ausstaffiert mit Werkskittel und Schutzhelm ist das Drehkreuz das letzte Hindernis der Whisky-Entourage auf dem Weg zum Förderkorb. Dort wartet Ulf Schmidt: „Ich bin der, der Sie heute unter die Erde bringt.“ Der stattliche Bergmann in seiner weißen Arbeitskluft sammelt die Marken wieder ein, die er kurz zuvor erst ausgegeben hat, und fädelt sie alle auf einen massiven Drahtring.

„Ein bewährtes System um zu zählen, wie viele Personen unter Tage sind“, sagt Schmidt, der Reviersteiger. „Hängen abends alle Fahrmarken wieder an ihrem Platz, sind auch alle wieder oben.“ Mit annähernd 30 Kilometern pro Stunde taucht der Förderkorb ab in den Schlund der Thüringer Erde. Rund 90 Sekunden dauert die Seilfahrt, dann ist der Korb auf der zweiten Sohle, 504 Meter tiefer.

Riesiges Stollensystem

Ein erster Blick lässt die Größe dieses Stollenlabyrinths nur erahnen. Es hat, so erklärt Karl-Heinz Heinemann, der Leiter Verwahrung in der Grube Merkers, die Ausdehnung einer Großstadt wie München samt seiner Vororte. Man könne selbst eine Grube, die 45 Kilometer nördlich liegt, noch über das unterirdische Stollensystem erreichen.

Es heißt Platz nehmen auf einem der knallgelben Lastwagen, mit de-nen hier in Merkers die Besuchergruppen durch den Untergrund chauffiert werden. Mal links, mal rechts, mal flott geradeaus geht es immer tiefer hinein in den Berg, bis der Lkw nach rund viereinhalb Kilometern stoppt. Der kleine Lieferwagen, der den Stahltank mit dem vier Wochen jungen Rohbrand auf dem Hänger hat, ist bereits da.

In einer einstigen Abbaukammer, hinter einem verschließbaren, weißen Metallgitter, wartet das Fässchen aus fränkischer Eiche. Eigentlich sind es sechs Fässer, die sich hier zu einer Pyramide türmen. Nur eines davon, das oberste, das zuvor mit einem Spätburgunder belegt war, wird befüllt. Der Rest ist Show, damit das volle Fass nicht ganz so verloren wirkt in dieser imposanten Umgebung. Denn das Behältnis mit dem fränkischen Whisky soll demnächst eine Station auf der unterirdischen Erlebnistour für Besucher sein.

„Eine Win-win-Situation“, sagt Ingo Romoth, der für den Konzern K+S, dem die Grube in Merkers gehört, im Werk Werra die kaufmännische Leitung innehat: „Wir bekommen eine weitere Attraktion für unsere Besucher. Sie einen einzigartigen Whisky.“

Warum in die Tiefe? 

Was aber soll diesen so einzigartig machen? Erfahrungswerte gibt es keine, aber Martin Mößlein hat eine ziemlich klare Vorstellung. Im Stollen herrscht eine nahezu konstante Temperatur von etwa 25 Grad, die Luft ist relativ trocken. „Das Eichenholz“, doziert der experimentierfreudige Franke, „ist ein offenporiger Werkstoff.“ Der Whisky interagiert mit seiner Umgebung. Deshalb geht Mößlein davon aus, dass er ein leicht salziges Aroma bekommt. Durch die relativ hohe Lagerungstemperatur und die geringe Luftfeuchtigkeit müsse man andererseits davon ausgehen, „dass im Fass eine starke Verdunstung stattfindet und dass der Whisky aufkonzentriert“. Ein gewisser Schwund während der Reifezeit ist normal, der Brenner spricht vom „Angel share“ – also die Tröpfchen, die die Engel kosten. „Hier kommt der Bergmann share dazu“, sagt Mößlein augenzwinkernd.

Alkohol freilich ist unter Tage an sich strikt verboten. In Merkers gelten zumindest leicht gelockerte Bestimmungen. Salz wird in diesem Bergwerk, das 1925 in Betrieb genommen wurde und mal eines der größten Kaliwerke Europas war, schon seit 1993 nicht mehr abgebaut. Was nicht heißt, dass hier niemand mehr arbeitet. Die Grube ist in Verwahrung, das heißt, die Hohlräume, die der Mensch im Laufe der Jahrzehnte in das Gestein getrieben hat, werden mit Material aus einem benachbarten Stollen verfüllt und somit dauerhaft gesichert. Außerdem fahren jährlich rund 75 000 Gäste zu Führungen und Veranstaltungen in das ehemalige Bergwerk ein. Konzerte finden hier ebenso statt wie Marathonläufe, Mountainbikerennen und sogar Hochzeiten.

Goldgelb wird der Whisky erst noch

Nun reift hier also auch noch Whisky aus Zeilitzheim. Eimer für Eimer wird aus dem Edelstahltank draußen auf dem Hänger gezapft und mittels Trichter in das Fass gefüllt. Selbst der Finanzvorstand von K+S, Thorsten Boeckers, ist extra wegen des fränkischen Hochprozentigen aus der Zentrale in Kassel angereist und beteiligt sich eifrig an der Eimerkette. Natürlich darf der edle Stoff auch mal gekostet werden.

Im Moment präsentiert sich der Grain aus bestem Zeilitzheimer Weizen noch ganz klar im Glas. Die typische goldgelbe Färbung bekommt er im Fass. „Der Geschmack ist noch etwas ruppig“, meint Mößlein und fügt hinzu: „Er wird durch die Fasslagerung natürlich noch weicher und verliert auch Alkohol.“ Noch sind es 85 Prozent.

Schließlich ist das Fass befüllt, alle Fotos sind geschossen. Martin Mößlein treibt mit dem Hammer einen Stopfen in das Spundloch. Nun hat der Whisky erst einmal seine Ruhe – von den Besuchern, die das Fässchen durch das Gitter bestaunen werden, einmal abgesehen. Jeder, der bei der Füllung dabei war, darf mit einem dicken, schwarzen Filzstift auf dem Fassboden unterschreiben.

In drei Jahren ist Fassöffnung - oder in fünf

„Spätestens in drei Jahren sehen wir uns wieder und machen ein Fass auf“, verspricht Mößlein vielsagend. Obwohl, vielleicht werden es auch fünf. Alle sechs Monate will der Zeilitzheimer das Fass besuchen, seinen Inhalt probieren und dann entscheiden. Ausschlaggebend wird da auch sein, wie sich die Lagerungsbedingungen wirklich auf den Fassinhalt auswirken. Sprich, wie viel Whisky nach drei Jahren noch vorhanden ist. „Hoffentlich ist dann überhaupt noch etwas drin“, malt sich Mößlein kurz den schlimmsten Fall aus, kann sich ein Schmunzeln dabei aber nicht verkneifen.

Fürs Erste heißt es nun wieder Aufsitzen. Mit dem Lkw geht es zurück zum Förderkorb. Nach gut zwei Stunden ist Martin Mößlein mit seinen Begleitern wieder über Tage. Ulf Schmidt sieht es mit Zufriedenheit. Alle Fahrmarken sind zurück. Keiner ist unten geblieben – außer dem Fass. Glück Auf! Das Experiment hat begonnen.

„Hoffentlich ist dann überhaupt noch etwas drin.“
Winzer Martin Mößlein über das Whisky-Fass, das er für drei Jahre ins Bergwerk gebracht hat.
Die Unterschriften aller beim Abfüllen des Whiskys unter Tage anwesenden Personen zieren den Boden des Eichenholzfasses.
Foto: Matthias Endriss | Die Unterschriften aller beim Abfüllen des Whiskys unter Tage anwesenden Personen zieren den Boden des Eichenholzfasses.
 
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    Da wird sie wieder zelebriert, die subtile Werbung für das Zellgift Alkohol, während das weniger gefährliche Cannabis (es macht weder körperlich abhängig und zerstört auch Leber, Hirn und Herz nicht) in die kriminelle Ecke gestellt wird. Die Stollen könnte man gut auch für den Indooranbau von medizinischem Cannabis nutzen. Schwerkranke Patienten können nicht auf dieses Heilmittel zurückgreifen, weil sich die bayrische CSU Politik, allen voraus ihre Drogenbeauftragte, einer sinnvolle Drogenpolitik verschließt.
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