„Ich will mit meinem Stück „Correr o Fado“ (den Fado springen) die nostalgische und melancholische Bedeutung des Fados entmystifizieren“, sagt der portugiesische Choreograf Daniel Cardoso. Am Wochenende sorgte das von ihm geleitete „Quorum Ballett“ für ein zweimal ausverkauftes Theater. Das achtköpfige Ensemble stellte sich mit einem unterhaltsamen tänzerischen Programm zum ersten Mal in Schweinfurt vor. Weniger der Choreografie als den jungen Akteuren galt wohl der große Applaus am Ende des Abends.
Man fragt sich, warum Cardoso den 2011 als Weltkulturerbe geadelten Fado entmystifizieren will, aber das brauchte er wohl als Aufhänger für diesen Tanzabend: Er lässt darin nicht etwa die Schwermut, die Sehnsucht, den Weltschmerz der 20 gesungenen oder instrumental gespielten wunderschönen Fado-Gesänge durch seine Tänzer verdeutlichen oder gar interpretieren. Vielmehr setzt er gegen die Moll-Töne, gegen die Saudade bewusst tänzerische Kontrapunkte: Bilder, Momentaufnahmen einer oft ausgelassenen Lebensfreude mit Comedy-Anmutung.
Tänzerin im Plexiglasbecken
Während etwa der Fado vom „Schwarzen Boot“ erklingt, die Geschichte einer Frau, die nicht wahrhaben will, von einem Seemann verlassen worden zu sein, räkelt sich eine Tänzerin in Rot graziös in einem mit Wasser gefüllten Plexiglasbecken, wagt einen Überschlag wie einst Esther Williams, die schwimmende Schauspielerin der 1940/50er Jahre. Eine Anspielung auf ein Hauptmotiv des Fado: Das Meer als Symbol für Leben, Fernweh und Sehnsucht, aber auch als Erinnerung an die große Seefahrertradition Portugals.
Die Texte des Fado sind oft von poetischer Schönheit. „Chura“, ein Lied der berühmten Fadosängerin Mariza, beschreibt eine durch die Straßen irrende Frau, die zusammen mit dem Regen weint: Das Feuer der Liebe ist mit ihren Tränen gerade gestorben. Ausdrucksstark wird die Live-Fado-Musik von der Sängerin Joana Melo und drei virtuosen Gitarristen präsentiert.
„Ja, das soll schon funny sein“
Vor einem mit blauen Quadraten – stilisierten Azulejos-Fliesen – bedeckten Hintergrund konterkariert Daniel Cardoso den Weltschmerz des Fado: Mit einer eigenen Tanzsprache, die neben einer gewissen Verspieltheit und artistischen Momenten vor allem eine clowneske Note aufweist, die das Publikum manchmal schmunzeln lässt. „Ja, das soll schon funny sein“, bestätigt der Choreograf.
So sind auch die Pas de deux des Abends weniger tänzerisch-anspruchsvolle emotionale Bilder von Liebe und Hingabe als oft skurrile Schilderungen vom Zueinander-Finden und Trennung. In verschiedenen Formationen wirbeln die jungen Akteure über die Bühne, manches wirkt wie improvisiert, droht gleichförmig und ermüdend zu werden. Für eine gewisse Abwechslung sorgen die zahlreichen Rhythmus- und Tempowechseln der Musiker sowie eine ausgefeilte Lichttechnik.
Im furiosen Finale werden außer dem Bassin auch vier Wasser-Würfel von den Tänzerinnen und Tänzern in Beschlag genommen, sie zelebrieren ein ausgelassenes plätscherndes Loblied auf das Element Wasser. Auch oben an der Kachelwand öffnen sich die Schleusen, Wasser sprüht auf die Bühne. Ein stimmiges Schlussbild, bevor sich der Vorhang schließt. Dann schnappen sich die Bühnen-Techniker die Spezial-Wassersauger und Scheuertücher zum Trocknen und Aufwischen.