„Könnt' ja sein, dass unser Trommeln für den Frieden im letzten Monat etwas gebracht hat, immerhin sprechen Donald Trump und Kim Jong-un wieder miteinander“. Esther Schneider, die Initiatorin von „Trommeln für den Frieden“, das einmal im Monat – immer bei Vollmond – in den Schweinfurter Wehranlagen stattfindet, schmunzelt zwar selbst bei dieser Feststellung, aber es ist ja auch was dran, dass Frieden wird, wenn viele sich auf ihre Art und Weise und nach ihren Möglichkeiten um ihn bemühen.
In Schweinfurt tut dies immer wieder eine bunt gemischte Gruppe in wechselnder Besetzung und meist so um die 20 Personen stark, an einem Vollmond-Montag in den Wehranlagen. Warum es die Trommeln sind, die den Frieden bringen können, erklärt die 51-Jährige zum Auftakt recht anschaulich. „Das erste was der Mensch hört ist der friedliche Herzschlag seiner Mutter, dieses sanfte Tam-Tam“. Diesen Herzschlag, sozusagen das Ton gewordene Geräusch des Urvertrauens, versucht sie mit ihren Trommeln zu vermitteln, denn „gleichmäßiges Trommeln erzeugt in uns erneut dieses Gefühl und lässt uns friedlich werden“.
Keine Schlaginstrumente, sondern Freunde, die Töne hervorbringen
Meinen Einwand, dass man zumindest früher auch zum Klang der Trommeln in den Krieg gezogen ist, vergesse ich schnell wieder, als Esther Schneider mir ihre Instrumente zeigt. Kein schnödes Schlagwerkzeug, sondern beinahe Freunde, Brüder und Schwestern, wie ich erfahre. In vielen Stunden mit Liebe und Herzblut hat Esther Schneider ihre Trommel selbst gebaut. „Sunflower“ heißt sie, hat einen Körper aus Pappelholz und ist mit Rindsleder bespannt und sie ruht auf einem selbst gebauten Gestell aus Lindenholz. „Eine kleine Trommel nur, die mit richtigem Wums sind einen Meter groß“, weiß die Trommelbau-Expertin.
Den „Wums“ will aber auch keiner hören an diesem idyllischen Montagabend, sondern den Klang, der den Frieden erzeugt. Als alle ihren Platz gefunden haben und auch die Kinder sich mit einer Rassel oder einem sonstigen exotischen Percussioninstrument versorgt haben, setzt es ein, dieses sanfte Tam-Tam. Einige Spaziergänger gucken für fünf Atemzüge zu, ein Jogger stöpselt kurz sein Hörspiel aus dem Ohr, andere lauschen aus gebührendem Abstand.
Friedlich Gemeinschaft erleben
Und tatsächlich, schon nach wenigen Minuten dieses gemeinsam erzeugten Gleichklangs kehrt so etwas wie Frieden ein. Zwar nicht gleich auf der ganzen Welt, aber dennoch in den Gemütern der Menschen, die sich entschlossen haben hier mitzumachen und die ja auch – jeder für sich – einen mehr oder weniger hektischen Tag hinter sich haben. Eine Stimmung wie beim gemeinsamen Beten – und irgendwie ist es ja auch eine Form des Betens – macht sich breit. Plötzlich braucht es gar nicht mehr viel Fantasie sich vorzustellen, wie sich die Indianer Nordamerikas oder die Ureinwohner Australiens einst fühlten, als sie sich – wie die Vollmond-Trommler – im Kreis versammelten um friedliche Gemeinschaft zu erleben.
Plötzlich habe ich auch so ein Teil in den Händen, eine blasenförmige Rassel mit einem Netz drumherum, in das kunstvoll irgendwelche Samen gewebt sind. Der Rhythmus kommt ganz allein und damit das Gefühl Teil einer Gemeinschaft zu sein – einer Gemeinschaft mit Menschen, die ich vor einer Stunde noch gar nicht gekannt habe. „Weil auch immer wieder Unruhen und Auseinandersetzungen unser Leben beeinflussen, möchte ich mit euch den Frieden herbeitrommeln“, meint Esther Schneider zu den Versammelten. Distanzen, das belege die Quantenphysik seien nicht so wichtig, der Wille zum Frieden, das Gefühl für den Frieden sei auch über Entfernungen zu transportieren. Und dort, wo sich Menschen für den Frieden einsetzen, ihn sozusagen mit ihrer DNA zum Schwingen bringen, sinke die Kriminalitätsrate.
Ton-Dusche unter „Sunflower“
Das kann man glauben oder ins große Reich der Esoterik verbannen – Fakt ist, dass es an diesem Abend, der einer Vollmondnacht vorausging, für gut zwei Stunden sehr friedlich war in den Wehranlagen. Kleine Kinder, ganz weit weg vom Zappelphilipp, wurden zu konzentrierten Trommlern. Erwachsene, die eben noch gehetzt vom Tage im Kreis angekommen waren, hatten plötzlich wieder dieses Lächeln nicht nur im Gesicht, sondern auch in den Augen. Ein Lächeln, das man nur dann hat, wenn man „zufrieden“ ist mit sich und der Welt. „Zufriedenheit“, da steckt ja auch schon ganz viel Frieden drin. Einige holen sich davon einen Nachschlag, indem sie sich unter die Trommel „Sunflower“ legen und so sozusagen eine ganz persönliche Ton-Dusche genießen.
Donald Trump und Kim Jong-un wollen sich demnächst treffen, das Ende der Eiszeit bahnt sich an. Es ist zumindest ein gutes Gefühl, das ähnlich wie bei der Chaostheorie der Flügelschlag eines Kolibris die Welt in neue Bahnen lenkt, auch der Trommelschlag aus Schweinfurt seinen Teil dazu beigetragen haben könnte – und letztlich geht es ja immer um das gute Gefühl für eine Sache. So gesehen – neue Konflikte wie der zwischen Israel und Iran tun sich auf – gibt es genügend zu tun für diejenigen, die mit sanftem Tam Tam ein wenig Ruhe und damit auch Frieden, in die Welt bringen wollen.