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Egenhausen
Weinbau-Tradition: Am Mühlenhang wächst Johanniter-Wein
An der Egenhäuser Mühle wurde vor 100 Jahren noch Wein angebaut. Dann wurde der Wengert gerodet. Jetzt wir der Weinbau für den Privatgebrauch reaktiviert.
Sie kümmern sich in ihrer Freizeit um ihre neu angelegten Johanniter-Weinstöcke in der Nähe der Egenhäuser Mühle: (von links) Thomas Schemmel, Reinhold Kraus, Michael Kraus, Ewald Kraus, Irene Melzer und ihr Sohn Alexander.
Foto: Silvia Eidel | Sie kümmern sich in ihrer Freizeit um ihre neu angelegten Johanniter-Weinstöcke in der Nähe der Egenhäuser Mühle: (von links) Thomas Schemmel, Reinhold Kraus, Michael Kraus, Ewald Kraus, Irene Melzer und ihr Sohn ...
Silvia Eidel
 |  aktualisiert: 08.02.2024 19:39 Uhr

Ob er einen edlen Tropfen oder eher einen Most erhalten wird, weiß Thomas Schemmel noch nicht. Es ist ihm auch nicht so wichtig. Der junge Schlosser hat mit Freunden den alten Weinberg an der Egenhäuser Mühle wiederbelebt, hat 20 Stöcke der Rebsorte Johanniter gepflanzt. Damit erweckt er in seinem Heimatort die Tradition des Weinbaus, die es hier früher schon einmal gab, so wie in vielen fränkischen Dörfern.

"Früher waren die Leute Selbstversorger", weiß der junge Mann. Wein beziehungsweise Most gehörten dazu. Alte Straßen- und Flurnamen wie "Wengert" weisen heute noch darauf hin, auch wenn dort längst kein Weinstock mehr steht.

Die alte Mühle wurde schon im Jahr 1350 erwähnt

Auch an der Steigmühle am Stöckichsbach, etwa 1,5 Kilometer außerhalb des Dorfes am Weg nach Sömmersdorf und Euerbach gelegen, wuchsen einst die Reben. Schon um 1350 wird diese Mühle erwähnt, deren Gebäude gar den Dreißigjährigen Krieg überstanden. Zwei Mahlgänge arbeiteten da einst, später ist auch eine Ziegelei dort genannt. Sogar die Goldmacherkunst soll um die Mitte des 18. Jahrhunderts dort erprobt worden sein.

Bei der urkundlichen Ersterwähnung der Steigmühle, zusammen mit der Rothmühle bei Geldersheim, wird auch der Weinbau genannt, heißt es in der Chronik des Altbürgermeisters Josef Walter. 16 Hektar Wein sollen einst dort am Steig angebaut worden sein.

Oberhalb der alten Weinbergsmauer tauchte ein alter Weinstock auf, der die Rodung des Mühlen-Weinbergs 1926 überlebt haben und damit an die 100 Jahre alt sein könnte.
Foto: Silvia Eidel | Oberhalb der alten Weinbergsmauer tauchte ein alter Weinstock auf, der die Rodung des Mühlen-Weinbergs 1926 überlebt haben und damit an die 100 Jahre alt sein könnte.

Die letzten Rebstöcke hat 1926 der damalige Müller Gottfried Schellenberger gerodet. Nach dem Tod des 94-jährigen Müllers 1978 verpachtete sein Sohn die Steigmühle an den Wanderverein Geldersheim, der sie restaurierte und pflegt. Der Weinberg ging in andere Hände über.

Thomas Schemmel kaufte vor zwei Jahren ein halbes Hektar des zugewucherten Geländes am Südhang in der Nähe der Mühle und befreite einen Teil der zugewachsenen Weinbergsmauer gemeinsam mit einigen Freunden von den Büschen. "Das war aus der Gaudi heraus gedacht", lacht der junge Mann. "Wir meinten, wir bauen da unseren eigenen Wein an".

Zwei hundertjährige Stöcke treiben wieder neu 

Oberhalb der alten Mauer fanden sich noch zwei ganz alte Stöcke, die noch vom letzten Müller stammen dürften und die wohl 100 Jahre alt sind, hat Schemmel erfahren. Auch sie wurden wieder freigelegt und treiben jetzt neu. Auch einige wenige Stöcke, die der Vorbesitzer vor 40 Jahren an der Sandsteinmauer setzte, kamen wieder zum Vorschein.

Ein Helfer, Michael Kraus, knüpfte Kontakt zu dem ihm bekannten Winzer Gerhard Feustel aus Untertheres, der die Egenhäuser Wein-Laien beriet und ihnen auch die Setzlinge besorgte. 20 Stöcke der Weißwein-Rebsorte "Johanniter", eine Züchtung aus Riesling, Ruländer und Gutedel, pilzresistent und ertragreich, pflanzten die Freunde mit reichlich Abstand an, "damit sie sich ausbreiten können". Als Schutz vor Wildverbiss zogen sie einen Zaun um die kleine Anlage.

Zwar gibt es in der Europäischen Union ein generelles Verbot, klassifizierte Keltertraubensorten neu anzupflanzen. Als sogenannter Hobbyweinberg dürfen allerdings auf einer Fläche bis zu 100 Quadratmeter, also ein Ar, genehmigungsfrei neue Stöcke gepflanzt werden. Jedoch ist der Wein ausschließlich für den eigenen Haushalt erlaubt.

"Wir würden hier noch etwa 15 Stöcke unterbringen", überlegt Schemmel. Die Weinstöcke müssen regelmäßig, aber nicht zuviel gegossen werden, damit die Wurzeln nach unten treiben, hat er erfahren. Mit der Gießkanne holen die Freunde aus dem nahen Stöckichsbach das Wasser.

Viel wird es nicht, aber es geht um die Tradition

Schemmel hat auf dem Gelände mit dem Sandsteinuntergrund – in der Nähe liegt ein aufgelassener Steinbruch – auch einige Obstbäume gepflanzt: Quitte, Marone, Pflaume und Nussbaum, und auch einige "Ess-Träubel". Ausgeschnitten sind auch die alten Zwetschgenbäume am Hang.

Fast jedes Wochenende werkelt die muntere Truppe an "ihrem" kleinen Weinberg, verbringt viel (Arbeits-)Zeit dort und genießt das Zusammensein. Einmal im Jahr wird auch die dazugehörige artenreiche Wiese gemäht.

Es wird noch etwas dauern, bis die Neu-Winzer die ersten Trauben ernten können. Beim Ausbauen des Weines hoffen sie auf die Hilfe des befreundeten Winzers. "Viel Menge kommt da ja nicht zusammen", lacht Michael Kraus. Darum geht es den jungen Leuten auch gar nicht: Sondern darum, an die alte Tradition zu erinnern.

Einen Teil der alten Weinbergsmauer in der Nähe der Egenhäuser Mühle befreite die Truppe um Thomas Schemmel von Gebüsch.
Foto: Silvia Eidel | Einen Teil der alten Weinbergsmauer in der Nähe der Egenhäuser Mühle befreite die Truppe um Thomas Schemmel von Gebüsch.
 
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