
Selbst das lebensgroße Plüsch-Rentier im Hintergrund schaute begeistert, als Manfred Geiling den 18. Schweinfurter Weihnachtszirkus eröffnete: "Vorhang auf, Manege frei, das Spiel beginnt!" Es ist ein buntes Programm speziell für Schweinfurt, das der "Circus Europa" auf den Volksfestplatz zaubert.
Die Besucherinnen und Besucher sollen die Sorgen des Alltags einfach mal vergessen, warb Mitorganisator Geiling, der Chef des "Pizza Hut" in der Stadtgalerie. Präsentiert werden Spitzenkünstlerinnen und -Künstler der internationalen Zirkusszene. Rentiergeweihe sah man an diesem Abend öfters, als Kopfschmuck.

Wer das großräumige, wohltemperierte Zelt betrat, hatte gute Chancen, dem amtierenden WBF-Weltmeister im Mittelgewichtsboxen zu begegnen: Zirkusdirektor Angelo Frank (35) aus Hamburg. Moderatorin Nathalie Frank ließ gleich zu Beginn die Herzen höher fliegen, mit den "I'm ART Showdancers". Das Tanzballett stammt aus Schweinfurt, nicht etwa, wie man hätte meinen können, von der Copacabana. "Die schönsten Schweinfurter Beine" wurden erstmals beim Weihnachtszirkus geschwungen, dank Gründerin Nathalina Maldonado. Zu erleben gab es glamouröse Federpracht ebenso wie das Flair von Varieté oder Burlesque.
Weihnachtselfen packten den Schweinfurter Wunschzettel aus. "Magische Momente für die Familie" standen ganz oben auf der Liste. Am Premieren-Freitag war Prominenz dabei, seitens des KulturPackts oder der Politik, darunter Ayfer Rethschulte als Dritte Bürgermeisterin oder Bezirkstagspräsident Stefan Funk.
Es folgte Besuch aus der Goldenen Stadt Prag: Zirkuskünstlerin Claudia Bremlov stapelte gleich neun Kisten übereinander, auf den Füßen. Partner Dominik Lagroni assistierte. Zu den Klängen epischer Musik entwickelte sich Tuchakrobatin Nadia im Flug. Die wagemutige Ukrainerin schwebte schwerelos unter der Zirkuskuppel.
Reifenkünstlerin Angelina zeigt "einhüllenden" Ganzkörper-Hula-Hoop der Extraklasse
Statt Catwalk war Dogwalk angesagt, bei Dompteur Adrian Lauenburger: Dessen Dressurnummern heben Gassigehen auf ein ganz neues Level: Seine Hunde wurden zu Zweibeinern, tanzten Pirouetten, sprangen durch Reifen oder Salti rückwärts. Auch mit den Hörnerziegen aus den Walliser Alpen und einem Zwergpony verstanden sich die wuseligen Wauzis später wunderbar, bei einer alpinen Hüttengaudi. Nach einer flotten Showtanzeinlage gehörte die Manege Reifenkünstlerin Angelina, die "einhüllenden" Ganzkörper-Hula-Hoop der Extraklasse präsentierte.

"Mosquito raus!": Das Kommando der Chefin war öfter zu hören, der gleichnamige Pausenclown aus Mexiko ließ sich nicht beirren. Der musikalische Rebell brachte Schwung in die Runde, mit Trompete, Saxophon oder als Einmann-Band. Spätestens bei der Titanic-Melodie blieb kein Auge trocken. Es brummte das Nebelhorn, die Handschuhpfeifen zwitscherten.

Rola Bola nennt sich die Kunst, auf einem Balancierbrett und einer Rolle das Gleichgewicht zu halten: Eine Art Skateboard für Anfänger – oder eben ganz weit Fortgeschrittene, wie Artist "Junior". Wenig später griff er als "Clown Richardson" zur Kamera, suchte und fand das hübscheste Gesicht im Publikum. Beim Casting eine Aufnahme zu zweit in den Kasten zu bringen, ist gar nicht so einfach: Am Ende landete der Paparazzo dann doch bei seinem Model.
Die Podzi Sisters sind für sexy Auftritte unter der Zirkuskuppel bekannt: Ihre fesselnde Luftakrobatik sollte man zu Hause besser nicht nachmachen. Mit "Quick Change" verzauberte dann noch einmal das tschechische "Duo Lagroni" sein Publikum, sprich mit Kostümwechsel in magischer Geschwindigkeit. Zuletzt klappte das "schnelle Umziehen" sogar unter Konfettiregen.
Keine Illusion war das "Wheel of Death": Duo Navas nennen sich die beiden nervenstarken südamerikanischen Künstler. Hamsterrad war gestern, im doppelten "Todes-Tretrad" bewegten sie sich mal innen, mal außen vorwärts, inklusive Seilhüpfen, Salto und verbundenen Augen, in rund zehn Meter Höhe.

Am Ende trafen sich alle zum gemeinsamen "Feliz Navidad", zu dem auch die Showdancers ihre Flügel ausklappten. In der Pause durften die Kinder Kamele oder Hunde streicheln – oder das Publikum den Alphörnern und Polkas der "Ebertshäuser Dorfmusikanten" lauschen.

Eine Schrecksekunde gab es am Samstagabend: Kurz vor Schluss der Vorstellung stürzte einer der Todesrad-Läufer auf den Hinterkopf. Beim Abstieg rutschte er auf etwa zwei Meter Höhe aus und blieb liegen. Laut Zirkusleitung kam er mit einer Gehirnerschütterung davon und befand sich kurz danach auf dem Weg der Besserung. Das Programm konnte fortgesetzt werden. Ein Arzt im Publikum hatte erste Hilfe geleistet.
Zu sehen gibt es den Weihnachtszirkus bis 6. Januar, täglich 15 und 19 Uhr, sonn- und feiertags ab 15 und 18.30 Uhr. Am 1. Januar findet nur eine Vorstellung statt (um 18.30 Uhr); ebenso am 6. Januar (15 Uhr). Tickets gibt es bei Pizza Hut in der Stadtgalerie, beim Reiseland in der Wolfsgasse 11 oder an den Zirkuskassen, täglich von 11 bis 12 Uhr, Tel. (0162) 9387645, oder online über Eventim.