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Gerolzhofen
Weihnachten wird anders
Pfarrer Reiner Apel
Foto: Andreas Stöckinger | Pfarrer Reiner Apel
Bearbeitet von Lena Berger
 |  aktualisiert: 23.12.2020 02:14 Uhr

Bis Weihnachten sind es jetzt nur noch fünf Tage. Und wenn man fragt, wie Weihnachten wird, bekommt man die Antwort: „Anders“. Das Meiste ist „Weniger“: Freunde und Kontakte, Gesang und Feier, dafür jede Menge „Stille Nacht“.

Das ist auch deswegen anstrengend, weil man an „früher“ nicht anknüpfen kann. Bei jedem Schritt muss man fragen, ob das nach den neuesten Richtlinien noch geht, welches Risiko damit verbunden sein mag. Da ist es fast beruhigend, dass das Sudoku immer noch genauso funktioniert, und auch die Regeln bei Schach und „Mensch, ärgere dich nicht“ noch stimmen.

Was bleibt übrig, wenn von der Vorweihnachtszeit und dann von Weihnachten so viel von dem äußeren Glanz weggenommen wird? Keine Weihnachtsmärkte mit Glühweinverkauf, kein Gesang von Weihnachtsliedern, festliche Beleuchtung  über leeren Straßen? Tut es überhaupt gut, zu vergleichen? Oder könnte die abgedroschene Phrase vom „sich ständig neu erfinden“ hier einmal wirklich zum Einsatz zu kommen? Viel Wehmut ist sicher dabei, wenn man auf einmal entdeckt, woran das Herz hängt, was „immer schon so war“ und diesmal nicht sein kann. Was bleibt von Weihnachten, wenn alles auf den innersten Kern reduziert wird?

Zu Beginn meiner Zeit in Gerolzhofen erhielt ich ein ganz besonderes Geschenk, in einer bunt beklebten Zigarettenschachtel verpackt. Es war eine Walnussschale, in die winzig klein eine Krippe gebaut war: Maria, Josef, die Krippe, dazu ein wenig Moos aus dem Wald. Ganz schlicht, kein Glitzer und Lametta, nicht einmal ein Engel.

Und doch strahlte dieses Kunstwerk eine tiefe Geborgenheit aus. „O Jesulein süß, o Jesulein zart“ - solche Lieder können leicht kitschig wirken. Hier stimmte es. Die kräftige Schale schützte den zerbrechlichen Inhalt. Die Botschaft hatte diesen kleinen Raum bekommen; er genügte, um sich von dort aus zu verbreiten und das Herz zu erreichen. Darum wird das diesmal äußerlich reduzierte Weihnachtsfest doch bleiben, was es ist: Das Fest der Geburt Christi.

Der Dichter Jochen Klepper empfand schon in den 1930er Jahren das Weihnachtsfest als zu übertrieben und oberflächlich. „Die Feier ward zu bunt und heiter, mit der die Welt dein Fest begeht. Mach uns doch für die Nacht bereiter, in der dein Stern am Himmel steht.“ Diese Nachtseite ragt immer in unser Leben hinein mit Leid, Schuld und Vergänglichkeit. Sie ist diesmal vielleicht noch intensiver präsent und wartet darauf, bei unserem Feiern bedacht zu werden.

Und weiter schreibt Klepper: „Wenn unsre Feste jäh zerrönnen, muss jeder Tag noch Christtag sein“. Was das bedeutet? Nicht dass wir jeden Tag zum Christfest machen müssen, sondern dass er es dazu macht, indem er täglich bei uns ist „bis an der Welt Ende“.

Autor Pfarrer Reiner Apel ist Pfarrer der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Gerolzhofen.

 
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