Die Bürgerinnen und Bürger von Gerolzhofen und Rügshofen müssen sich auf steigende Gebühren für die Trinkwasserversorgung und die Abwasserentsorgung einstellen. Der Finanzausschuss des Stadtrats beschloss am Montagabend bei seiner Sitzung in der Stadthalle, dem Stadtrat eine Gebührenerhöhung zu empfehlen. Der Stadtrat wird in seiner Sitzung am 12. Oktober aller Voraussicht nach dieser Empfehlung ohne große Diskussion folgen.
Eine Kommune ist gehalten, ihre Einnahmemöglichkeiten auszuschöpfen. Dies bedeutet auch, dass die Benutzungsgebühren und die Verbrauchsgebühren nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen stets kostendeckend sein sollen. Die letzte Gebührenanpassung für die Abwasserentsorgung in der Stadt erfolgte im Jahr 2009, für die Wasserversorgung im Jahr 2011. In der Zwischenzeit haben sich die Kosten für Wasser und Abwasser deutlich erhöht. Das auflaufende Defizit muss jetzt durch eine Gebührenanpassung ausgeglichen werden.
Rückwirkend zum Jahresbeginn
Der Stadtrat hatte deshalb bereits am 9. Dezember 2019 in – warum auch immer – nichtöffentlicher Sitzung grundsätzlich beschlossen, die Gebühren für Wasser und Kanal ab dem Jahresbeginn 2020 anzupassen. Da die Verwaltung dies aber nicht so kurzfristig umsetzen konnte, fasste das Gremium den Beschluss, die konkrete Höhe der Gebührensteigerungen erst im Laufe des Jahres 2020 festzulegen und diese dann aber rückwirkend zum 1. Januar 2020 gelten zu lassen. Das Ganze wurde im Amtsblatt veröffentlicht und somit rechtlich wasserdicht gemacht.
Das Trinkwasser kostet in Gerolzhofen und Rügshofen seit dem Jahr 2009 pro Kubikmeter 1,80 Euro. Um kostendeckend in den Jahren 2020 bis 2023 arbeiten zu können, muss der Wasserpreis um 20 Cent auf zwei Euro steigen. Der Finanzausschuss stimmte dem neuen Preis einstimmig zu und empfahl dem Stadtrat, dies ebenfalls zu tun.
Im VG-Durchschnitt
Die Abwasserentsorgung kostet seit dem Jahr 2011 pro Kubikmeter 1,30 Euro. Hier muss die Gebühr – um für die vier Jahre von 2020 mit 2023 kostendeckend zu sein – recht deutlich steigen und zwar um 50 Cent auf 1,80 Euro pro tausend Liter Abwasser. Auch hier stimmte der Finanzausschuss einmütig zu. Die neuen Preise bewegen sich nun in etwa im Durchschnitt dessen, was in den anderen Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaft (VG) Gerolzhofen zu zahlen ist, sagte Kämmerer René Borchardt.
Die neuen Gebühren sind zunächst einmal nur bis zum Jahr 2023 kalkuliert, weil danach ein neues Abrechnungssystem greifen soll. Auf Antrag der Fraktion Geo-net hatte der Stadtrat in seiner Sitzung am 18. November 2019 beschlossen, dass das Abwasser künftig gesplittet abgerechnet wird. Das Schmutzwasser aus den Haushalten, das Niederschlagswasser von Dächern und versiegelten Flächen und das Wasser, das von den öffentlichen Straßen abläuft und in der Kläranlage ankommt, sollen in Zukunft getrennt erfasst und getrennt abgerechnet werden. Ab dem Jahr 2024 soll dies in Kraft treten.
"Große Vorberechnungen" nötig
Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg. Zu klären ist vom Stadtrat zunächst die Grundsatzfrage, ob bei den versiegelten Flächen eine Pauschale (der "Gebietsabflussbeiwert") angesetzt wird oder ob die tatsächlich am Kanal angeschlossenen versiegelten Flächen herangezogen werden. Um das neue Konzept umzusetzen seien "große Vorberechnungen" nötig, sagte Bürgermeister Thorsten Wozniak. "Es dauert mindestens zwei Jahre, bis alles berechnet ist." Die Stadt werde hier auch auf die Hilfe externer Büros zurückgreifen müssen. Thomas Vizl (Geo-net) sagte, es sei wichtig, dass die Vorbereitungen für die gesplittete Abrechnung sorgfältig durchgeführt werden. Insofern könne er mit dem Jahr 2024 als Starttermin leben.
Im Gegensatz zu den Verbrauchsgebühren sollen die Grundgebühren bei Wasser und Kanal für die kommenden Jahre gleich bleiben, beschloss der Finanzausschuss. Der Großteil der Anschlussnehmer – momentan sind 1925 Wasseruhren für Kleinverbraucher im Einsatz – zahlt für Wasser weiterhin 42 Euro und für Kanal 15 Euro als Grundgebühr. Während die Wasser-Grundgebühr sich im Durchschnitt der VG-Gemeinden bewegt, sei die Kanal-Grundgebühr im VG-Vergleich "unterirdisch niedrig", sagte Kämmerer René Borchardt. Dies nahm Günter Iff (Freie Wähler) zum Anlass, über eine Erhöhung der Grundgebühren, insbesondere beim Kanal, zu diskutieren. Mit der Grundgebühr beteilige sich der Bürger ja an den Kosten, die nur für das Vorhalten und für die Erneuerung der Infrastruktur Kanal entstehen, sagte Iff. Und diese Fixkosten seien verbrauchsunabhängig. Bürgermeister Wozniak stimmte dem Argument zwar zu, bat dann aber, die Diskussion über höhere Grundgebühren noch bis zur Einführung der gesplitteten Abrechnung zurückzustellen. Iff und die Sprecher der anderen Fraktionen akzeptierten dies.
Weitere Belastung für die Bürger erwartet
Neben der Erhöhung der Kanalgebühren werden die Bürgerinnen und Bürger in absehbarer Zeit zusätzlich zur Kasse gebeten und zwar dann, wenn die laufenden Millioneninvestitionen an der städtischen Kläranlage und an den maroden Regenüberlaufbecken in konkrete Zahlen gefasst werden können. Der Stadtrat muss aber erst noch beschließen, mit welchem Prozentsatz die Investitionen direkt beim Bürger über Einmalzahlungen per Beitragsbescheide abgerechnet werden. Der Rest würde dann indirekt in die Gebührenkalkulation einfließen. Es könnte, so ist unverbindlich von der Verwaltung zu hören, durchaus eine vierstellige Summe werden, die auf jeden Hauseigentümer per Beitragsbescheid zukommt.