
Singen, Tanzen oder Trompete spielen – die Aktionen im Lockdown sind vielfältig; allen gemein ist der Wunsch, schöne Momente mit anderen zu teilen.
Dem Röthleiner Rainer Neundörfer gelingt das mit seinen Fotografien. Seit dem Lockdown Mitte Dezember fotografiert er jeden Tag ein Element in seinem Haus, das seine momentane Stimmung widerspiegelt und lädt das auch auf Instagram hoch. Glänzende Weihnachtskugeln, geschliffene Gläser und der dekorierte Adventskranz stehen für die festliche weihnachtliche Stimmung der letzten Wochen, doch auch alltägliche Dinge bekommen einen ganz besonderen Auftritt.
Die Idee ist natürlich auch der aktuellen Situation "geschuldet" stellt Neundörfer fest, auch wenn er schon immer viel fotografiert hat. Durch den neuen Lockdown ist der "Bewegungsraum begrenzt". Man kommt "weniger raus, trifft weniger Menschen". Dafür hat er so aber auch mehr Zeit und Muße, findet Neundörfer, den Blick nach innen auf die Umgebung daheim zu richten, in der er sich nun erzwungener Maßen ganz bewusst mehr bewegt. Alltägliche Dinge bekommen so für ihn nach längerer Betrachtung eine ganz besondere Bedeutung, erschließen im besten Fall eine völlig neue Perspektive.

Der 72-Jährige liebt gutes Design, seine Fotos verraten das. Er lichtet aber auch immer wieder bewusst Details ab, die sich dem Betrachter oft nicht gleich auf den ersten Blick erschließen, wie die grün-weiß-rote italienische Leuchte in Nahaufnahme. Das Foto konserviert schöne Erinnerungen an die vielen Italien-Urlaube der Familie. Auch Bücher bekommen ihren Auftritt. Zum Lesen ist mehr Zeit, das weiß auch Enkel Wim, der für ein Foto vom Bücherregal Opas Handykamera bekommen hat.
Die Bilder macht der Röthleiner übrigens alle mit dem Smart-Phone, für seine Zwecke reicht das. Die Fotos sind Momentaufnahmen und das Handy ist immer parat. Es kommt ihm, wie er erläutert, nicht auf die höchste Auflösung an, sondern auf die Bildkomposition und was das Bild vermitteln möchte.
Auffallend häufig fotografiert Rainer Neundörfer Ausschnitte von farbkräftigen Bildern an der Wand, die sein Sohn Marcel gemalt hat, der in Wien als Designer lebt. Doch geht es Neundörfer nicht um eine exakte Abbildung des Gemäldes, vielmehr sucht er sich interessante Ausschnitte, die er oft mit dekorierten Gegenständen zu einem völlig neuen Gesamteindruck verschmelzen lässt. Und auch die Weihnachtsbäume seines Enkels Jano sind in der Corona-Serie verewigt: weil sie so schön sind und Erinnerungen an den letzten Besuch zu Weihnachten wecken.

Die meisten Fotos präsentieren schöne, warme, heimelige Stimmungen, doch gibt es durchaus auch Fotos, die eine andere Sprache sprechen: Die leergeräumte Vorratskammer, Kehrschaufel und Besen und der Ersatzkessel. Objekte, die für ganz gewöhnliche, anstrengende Alltagssituationen stehen: den gerade in Corona-Zeiten aufreibenden Einkauf, das Großreinemachen nach den Festtagen und stressige Momente, die Familie Neundörfer kürzlich durchlebte, als die Heizung ausfiel, bis dann der 40 Jahre alten Ersatzkessel zuverlässig die Wärmeversorgung übernahm und sich so einen Platz in der Fotoserie sicherte.
Mit dem neuen, verschärften Lockdown ändert Neundörfer übrigens gerade seinen fotografischen Schwerpunkt von innen nach außen. Im Röthleiner Wald errichtet er Installationen, die er wieder jeden Tag fotografieren und auf Instagram (r.neundoerfer) präsentieren wird. Also: Augen offen halten.






