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GRAFENRHEINFELD
Warum Grafenrheinfeld nicht Fukushima ist
Von unserem Redaktionsmitglied Josef Schäfer
 |  aktualisiert: 22.03.2011 15:56 Uhr

Der einzige in Unterfranken betriebene Atommeiler in Grafenrheinfeld (Lkr. Schweinfurt) hat ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal zu den japanischen Unglücksreaktoren in Fukushima: Dort handelt es sich um Siedewasserreaktoren – in Grafenrheinfeld hingegen steht eine Druckwasseranlage.

Die Unterscheidung in Kurzfassung: Im Siedewasserreaktor erhitzt die Energie aus der atomaren Kernspaltung das Wasser zu Dampf, der direkt auf die Turbinen geführt wird, die den Stromgenerator antreiben. Dadurch kommen auch die Anlagen, die Elektrizität erzeugen, in direktem Kontakt mit strahlendem Material. Dies ist der Grund, warum nicht nur der Druckbehälter mit den Brennstäben strahlungssicher abgeschirmt werden muss, sondern auch das Maschinenhaus.

Der Druckwasserreaktor zeichnet sich durch einen zweiten Wasserkreislauf, den so genannten Sekundärkreislauf, aus. Im Primärkreislauf wird das Wasser durch die frei werdende Wärme der atomaren Kettenreaktion erhitzt und zu den – im Falle Grafenrheinfeld – insgesamt vier Dampferzeugern geführt. Dort trifft es auf den Sekundärkreislauf. Erst das Wasser in diesen separaten Rohren wird zu Dampf, der die Turbinen und den Generator antreibt, die somit nicht direkt mit kontaminiertem Wasser in Berührung kommt. Damit das fast 300 Grad heiße Wasser des Primärkreislaufes nicht selbst verdampfen kann, muss im Leitungssystem ein Druck von 157 bar gehalten werden. Diese Technik gibt dem Reaktor seinen Namen. Er gilt damit als sicherer als Siedewasserrektoren, allerdings ist sein Betrieb auch komplexer. Gemeinsam ist den Kraftwerkstypen, dass auch nach Unterbrechung der atomaren Kettenreaktion, die Brennstäbe weiterhin für eine lange Zeit abgekühlt werden müssen. Dass dies nicht gelungen ist, hat die Katastrophe in Fukushima ausgelöst.

Für das Kernkraftwerk Grafenrheinfeld weist Betreiber E.ON in verschiedenen Broschüren auf die Notfalleinrichtungen hin. Dazu zählen Not- und Nachkühlsysteme, die mehrfach vorhanden sind (Redundanzen), um auch den Ausfall einzelner Komponenten auszugleichen. Zu ihnen gehören parallel laufende Kühlmittelpumpen, Sicherheitsventile, Nachwärmekühler und Niederdruckvorratsbehälter. Für den Fall eines Stromausfalls ist demnach ein kraftwerksinternes Netz aufgebaut, an dem mehrere Stromaggregate und Batterien angeschlossen sind.

In der jährlichen Revision wird das Kraftwerk heruntergefahren, um Teile zu überprüfen und auszutauschen. Dies ist für diesen Monat geplant, dann soll auch das bei einer Messung auffällige Rohr im Primärkreislauf ausgewechselt werden, das zuletzt für Schlagzeilen gesorgt hat. Zudem muss der Betreiber Auffälligkeiten an die Atomaufsicht im Bayerischen Innenministerium melden, die in bestimmte sicherheitsrelevante Kategorien der sogenannten INES-Skala eingeteilt werden.

In der Geschichte des seit 1981 laufenden Kernkraftwerks Grafenrheinfeld hat es über 150 solcher Meldungen gegeben; eine davon erreichte die Stufe eins, der Rest die Stufe null. Zum Vergleich: Die Fukushima-Katastrophe hatte am Sonntagnachmittag auf der INES-Skala Stufe vier, die es in Deutschland bislang noch nicht gegeben hat. Tschernobyl erreichte die Höchststufe sieben, die eine schwerste Freisetzung von Radioaktivität mit Auswirkungen auf die Gesundheit und Umwelt in einem weiten Kreis beschreibt.

Auch für Grafenrheinfeld gibt es Pläne für einen derartigen Notfall. Vor drei Jahren ist die jüngste Auflage eines Ratgebers von Kraftwerksbetreiber E.ON und der Regierung von Unterfranken an die Bevölkerung verteilt worden. An diese Empfehlungen sollen sich die Menschen bei einem atomaren Unfall halten, etwa wenn Jod-Tabletten an die Einwohner verteilt werden sollen.

Darin ist auch die Evakuierung der Region um Schweinfurt geregelt. Dazu ist sie in Zonen eingeteilt: Die Kernzone hat einen Radius von zwei Kilometern um das Kraftwerk. In der Mittelzone beträgt die Reichweite zehn Kilometer von den nördlichen Stadtteilen Schweinfurts bis fast nach Bergtheim. Für die darin liegenden Gemeinden sind die Aufnahmeorte festgelegt: So werden zum Beispiel die Einwohner Grafenrheinfelds in den Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim gebracht, die aus Werneck nach Bad Kissingen. Die Mittelzone umfasst einen Radius von 25 Kilometern – von Haßfurt bis Bad Kissingen und Würzburg. Die Fernzone hat einen Durchmesser von 200 Kilometern. Je nach Art des Unfalls sollen die Zonen aktiviert werden. Wichtigster Hinweis für eine Evakuierung: „Bewahren Sie Ruhe!“

 
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Kommentare
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    "Jungs fasst das Zeug nicht an!"
    Das war 1974!!
    Seitdem kämpfe ich gegen AKWs
    "Strahlende" Grüße aus der Rhön, aus der Rückzugszone für die Schweinfurter
    Wenn´s knallt bin ich nämlich auch von dort weit, weit weg! Und ich kenne noch einige andwere Schwächen in Grafenrheinfeld!
    Karl-Bolko Lesser
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    ...wenn ich fragen darf? Und bitte fangen Sie jetzt nicht wieder mit dem "Riss" an, der angeblich ein Störfall gewesen sein soll. Es war nicht einmal ein meldepflichtiges Ereignis!
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    ...dass jetzt keine Gegenkommentare kommen grinsen
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    ... und nichts zur Diskussion beiträgt, außer Polemik. traurig

    LE
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    ...hört man wieder so viele Stimmen gegen das Zwischenlager in Grafenrheinfeld. Und von wem? Von genau den Menschen, die die verantwortlichen Parteien gewählt haben oder immernoch wählen. Erst werden die Betreiber zum Bau von solchen Zwischenlagern verpflichtet und anschließend demonstrieren die Anhänger dieser Parteien dagegen. Daumen hoch!!!
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    ...unter welcher Regierung die Brennelement-Zwischenlager gebaut werden MUSSTEN!!!
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    Es gibt bis heute kein Endlager und das "Zwischenlager" Asse muss doch schon jetzt wieder ausgeleert werden. Es ist doch völlig egal, von welcher Regierung die Anweisung kam, den Schrott dort zu lassen, wo er herkommt. Oder gilt das Verursacher-Prinzip für AKWs nicht, weil die Verursacher auch nicht wissen, was sie mit ihrem Müll machen sollen und dafür schon garnicht zahlen wollen?
    Weshalb können die AKW-Betreiber ihren Strom so "billig" verkaufen? Weil sie die wirklichen Kosten auf die Allgemeinheit abwälzen!
    Karl-Bolko Lesser (Ökostrom-Kunde)
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  • P. D.
    ...warum Asse absäuft - wer dies genehmigt und jahrelang verschleiert hat
    wer für die Sanierung bezahlt, sowie für die Erkundung eines anderen Endlagers, sowie für die benötigten oberirdischen Zwischenlager bis ein solches BRAUCHBARES Endlager gefunden ist.
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  • E. R.
    Liebe Mainpost,
    mir persönlich kommt es vor das Ihr Redaktionsmitglied Josef Schäfer
    auch noch von anderen sein Geld bekommt ( EON ?) um einen guten Aufsatz über das AKW Rafeld zu schreiben.
    Beauftragen sie doch mal Ihren Schreiber er möchte mal die Störungen die in Rafeld schon waren mal näher unter die Lupe nehmen und nicht nur das schreiben was er von der Führung des AKW gesagt bekommt.
    Störungen gab es ja schon öfters.
    Es ist auch schon mal nach einer Schnellabschaltung die von außen erwartete Stromeinspeisung ausgefallen. Es mussten dann die Notstromaggregate aktiviert werden die aber auch am Anfang nicht einwandfrei liefen. Zum Kühlen braucht man Strom. Siehe Japan.
    Diese und andere Störungen liest man leider nicht im SW Tagblatt was einem Leser Ihrer Zeitung nachdenken lässt.
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  • H. S.
    Was für ein Schwachsinn, hier über den Unterschied zwischen einem Siedewasser- und einem Druckwasserreaktor zu schwadronieren. Aus dem Ruder laufen können beide und mir ist es völlig egal, welcher von beiden mir um die Ohren fliegt.
    Vergessen hat Herr Schäfer eine weitere Besonderheit Grafenrheinfelds. Stapeln sich doch dort in einem kaum geschützten Zwischenlager die ausgebrannten, aber heißen Brennelemente, die noch über Jahrtausende strahlen, tonnenweise auf mindestens 40 Jahre. Dieses Zwischenlager ist weder gegen Flugzeugabstürze, Explosionen noch andere sogenannte Einwirkungen von außen (EVA-Störfälle) ausgelegt, schon gar nicht gegen Terroranschläge. Wohin die Brennelemente nach 40 Jahren kommen, ist völlig unklar, da es keine realistische Lösung für die Endlagerung. Wahrscheinlich werden sie in Grafenrheinfeld bleiben.

    Es gibt auch für Grafenrheinfeld nur eine Lösung: Abschalten! Sofort!
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  • H. D.
    Auffällig sind doch vielen positiven die Beiträge von Redaktionsmitglied Josef Schäfer, oder handelt es sich hier um die offizielle Meinung der Mainpost?
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  • J. F.
    ...daher sind alle Beschwichtigungen unzulässsige Verharmlosungen. Was ist mit dem rissigen Rohr? Kein Anlass zur Abschaltung! - Wie immer müssen wir alle "Wahrheiten" der raffgierigen Kraftwerksbetreiber und ihrer politischen Helfershelfer glauben, doch immer weniger Menschen sind dazu bereit.
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    und deswegen war es die ganze Zeit nicht nötig das Rohr mit dem Riss auszutauschen, weil ja alles wie immer ganz ungefährlich ist Wieso regen wir uns denn auf, wir können doch an Japan sehen wie sicher die Atomkraftwerke sind. Und so ein bißchen Strahlung, da helfen doch Jodtabletten auch kein Problem!! Und natürlich bevor wir verstrahlt werden, werden wir ja schnell in eine sichere Zone gebracht. Na also!!
    Hurrah die Kernkraft ist sicher. Sicher tödlich!!
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  • P. D.
    als wäre das Argument es handelt sich um einen anderen Reaktortyp eine Begründung dafür daß eine Vergleichbare Katastrophe in einem Druckwasserreaktor nicht stattfinden könne.

    Jeder Kernspaltungs-Reaktor enthält Spaltprodukte die erhebliche Nachwärme produzieren. Wenn dann die Notkühlsysteme ausfallen (völlig egal warum) dann werden die Brennelemente dahinschmelzen und wenn man Pech hat das Containment durchbrechen.
    Kommt mir wirklich vor als ob dieser Artikel von E.ON Bayern stammte...

    Mit dieser Art der Des-Informationspolitik wird bei der Bevölkerung sicherlich kein Vertrauen in den Sicheren Betrieb von Grafenrheinfeld geschaffen - eher im Gegenteil.
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    Bin entsetzt, welchen Beruhigungsjouranlismus Herr Schäfer nun mit seinem ZWEITEN Beitrag zu der angeblichen viel größeren Sicherheit von Grafenrheinfeld hier ganz im Sinne der Betreiber in die Welt publiziert! Das halte ich für völlig unverantwortlich für einen kritischen Journalisten. Da kann man auch gleich die texte aus den PR-Broschüren und Handbüchern der KKW-Industrie abdrucken. traurig

    Natürlich ist der Druckwasser-Reaktor technisch anders aufgebaut, dafür aber auch weitaus komplexer und damit potenziell störanfälliger. Auch ist der GRUNDSÄTZLICHE Spaltprozess, die enorme Abwärme, die lebenswichtige Notkühlung im Ernstfall und viele weitere Dinge absolut vergleichbar, weil es sich um die grundsätzliche gleiche Technologie handelt.

    So zu tun, als gäbe es da gravierend Unterschiede, ist äußert unprofessionell und gelinde gesagt - unverantwortlich, ja Leser verdummend! traurig

    Hinzukommen noch ganz andere Fakten: Gerade in den letzten Wochen ist "unser" heimisches KKW massiv in die Kritik geraten, wegen Verschleppungen, Vertuschungen und einer sehr eigenwilligen Auslegung von Störfallmeldungen, die unterhalb der sogenannten "Meldeplicht" angeblich lagen. Auch dass Haarrisse in der Hauptkühlleitung nicht zu einer sofortigen Abschaltung führen, sondern bis zur nächsten Revision verschoben werden dürfen, ist skandalös! Und das ist nur die Spitze eines Eisbergs an Fragwürdigkeiten!

    Nein, SO wird man weder Vertrauen noch Transparenz erreichen. Man setzt sich unweigerlich dem Vorwurf aus, nur unkritisches Sprachrohr der KK-Betreiber zu sein.

    Zu Recht!

    LE
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  • P. D.
    "das einzig kritische mancher Journalisten ist ihr Geisteszustand" zwinkern
    (sorry an den Autor - aber das konnte ich mir nicht verkneifen)
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