Edmund Hornung schaut sich gerne Stadtmodelle an, wenn er irgendwo unterwegs ist. Und er ist schon ein bisschen rumgekommen. Deswegen weiß er, wovon er spricht. „Das ist immer ein Aha-Erlebnis“, sagt er. Den Umriss einer Stadt erkennen, ein Gefühl für sie bekommen. Ein Modell, eine Mini-Ausgabe der Stadt, ist dazu perfekt. Und deswegen hat Schweinfurt dank Hornung und etlicher Sponsoren jetzt auch so einen festgehaltenen Moment Geschichte. Schweinfurt um das Jahr 1800 zeigt die Miniaturstadt im Maßstab 1:500 im Stadtschreiberhaus am Alten Gymnasium.
Warum eigentlich gerade 1800? Die Antwort ist einleuchtend. Diese Zeit ist gut dokumentiert. Die Historikerin Anika Auer recherchierte intensiv, damit sich Modellbauer Burkhard Hauck aus Haßfurt ein möglichst genaues Bild machen konnte, für seine Plätze, Straßen, Häuser und Kirchen. Es gibt einen Katasterplan aus dem Jahr 1833/34, einen Merian-Stich nach Zeichnungen von 1646. Und auch Aufnahmen aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg waren hilfreich. Kulturamtsleiter Erich Schneider erinnert an Luftaufnahmen aus dem Jahr 1927. Die Recherche scheint fast aufwendiger gewesen zu sein, als der tatsächliche Modellbau. Obwohl knapp 1000 Häuschen aus kleinen Quadern zu schleifen bestimmt auch ziemlich knifflig war. All das erklärt, warum das Projekt knapp Modell knapp 55 000 Euro gekostet hat: Es steckt mehr dahinter, als auf den ersten Blick zu sehen ist. „Das ist eine Mischung aus Computerarbeit und Handarbeit“, sagt Burkhard Hauck.
Kulturamtsleiter Erich Schneider hat bei der Übergabe auch noch eine andere Erklärung für die Wahl ausgerechnet der Zeit um 1800. Bis dahin hatte sich die Stadt nicht sehr verändert, die großen Einschnitte kamen erst später, durch die Industrialisierung und den Zweiten Weltkrieg. Um 1800 gab es noch die Stadtmauer mit den Bastionen. Die Staubbrücke stand noch – eine überdachte Holzkonstruktion mit Lehmboden. Deswegen der Name Staubbrücke. Heute überspannt hier die Maxbrücke den Main.
Viele Gebäude prägen jetzt wie damals die Stadt. St. Johannis, das Rathaus, das Zeughaus. Viertel wie der Fischerrain sehen heute immer noch so aus.
Wo ist das jetzt? Ein Stück Stadt bringt die Eröffnungsgruppe zum Nachdenken. Wo früher die Spitalbrücke stand, ein ziemlich verwinkelter Ein-und Ausgang zur Stadt war, ist jetzt die Schultesstraße. Das ist nicht mehr wiederzuerkennen. Da wird auch schnell klar, warum Stadttore und Industrialisierung nicht so gut zusammenpassen und einiges für den Fortschritt geopfert wurde. Genauso wie der Bereich um die Hadergasse, Theater. Das hat sich komplett geändert. Was war nochmal das große Haus mit dem Turm, da hinten, fragt jemand aus der Runde. Der beeindruckende Bau ist das Lebküchnerhaus, es ist im Krieg zerstört worden.
Zukunft und Vergangenheit kommen so im Modell zusammen. Das gefällt besonders Oberbürgermeister Sebastian Remelé. Er wünscht sich mehr Geschichtsbewusstsein. „Wer sich für die Vergangenheit Schweinfurts interessiert, interessiert sich auch für die Gegenwart.“ Und wenn es dann noch ein paar mediale Zusatzinfos gibt, Bilder, Filme, Daten und Fakten, wird aus der Miniaturstadt ein sprechendes Modell. Remelé und ein sehr glücklicher Edmund Hornung freuen sich aber auch über die Unterstützung, die das Projekt erst möglich gemacht haben: SWG, Stadtwerke, Sparkasse, VR-Bank, Kulturstiftung und die Klassentreffen-Bands. Für die Verbindung zu den Klassentreffen-Bands steht Peter Hofmann. Und der hat einen besonderen Bezug zum Modell. Da ist das Höpperle zu sehen, ein Teil der Stadtmauer, den er wieder aufbauen will.
Wie das Leben in der Stadt früher ausgesehen hat, darüber kann Anita Gareiß-Castritius einiges erzählen. Gut 6000 Menschen lebten um 1800 in Schweinfurt. Die Stadt hatte es damals nicht einfach, man musste noch aus einigen Kriegen Reparationszahlungen leisten. Geld saß wohl nicht so locker. Die Bürger kauften Grundstücke an den Wallanlagen, nahmen auch den einen oder andern Stein als Baumaterial für ihre Häuser. Kopfsteinpflaster lag auf den Straßen, an fast jedem Platz gab es einen Brunnen. Und es gab schon Probleme mit Schwerlastverkehr und Schlaglöchern, erzählt Gareiß-Castritius. Die Anwohner waren wohl nicht gut auf die Fuhrleute zu sprechen, die die Flößer am Main belieferten. Und dass die Schlaglöcher einfach mit Sand aufgefüllt wurden, kam auch nicht gut an.
Anja Gareiß-Castritius hat auch einige nette Details am Lager. Um 1819 gab es zwölf Laternen in der Stadt. Angezündet wurden sie nur in mondlosen Nächten. Man war ja sparsam.
Wer sich das Modell im Stadtschreiberhaus am Alten Gymnasium mal genau anschauen möchte: Am Samstag, 28. Februar, Sonntag, 8. März, und Samstag, 14. März, bietet Anja Gareiß-Castritius jeweils von 14 bis 17 Uhr Führungen im Stadtschreiberhaus an. Hier gibt es viele historische Bilder aus Schweinfurt.