„Wenn die Börschli nackert senn, dann wer’n die Mädli munter!“ Mit derartigen Weisheiten, auch für den umgekehrten Fall, erweiterten die „Herzensblecher“ den Wissenshorizont der Zuhörer auf der Schweinfurter Mainbühne. Und „De 3 Andern“, die Volksmusikfamilie Rappl aus der Oberpfalz, standen ihnen im Bereich der weltumspannenden Allgemeinkunde nicht nach: „Drunt in Afrika wächst ein Paprika, drei Meter hoch“ – der winkt auch noch zurück, wenn er bereits verspeist ist und im wahrsten Wortsinn darauf brennt, dem Naturkreislauf wieder zugeführt zu werden.
Ein herzlicher und herzhafter Genuss war dieses Präsentationskonzert für die neue CD „vo da Weidn und vo da Gnein“, eingespielt von beiden Gruppen. Die Herzensblecher: Das ist eine acht Mann starke Bläserformation aus Franken, angeführt vom Obereuerheimer Werner Aumüller, hervorgegangen aus einem Projekt des Bayerischen Rundfunks. Sie setzten auf der Mainbühne einen mehr instrumentalen Schwerpunkt.
Flott und pfiffig sind die Arrangements, die fränkische Tanzmusik zum Ausgangspunkt haben und dabei immer wieder modernes Gewand anlegen. So entsteht ein professionell gespielter Stilmix, ein toller Crossover vom fränkischen Dreher bis zum Big Band-Sound. Dass alle acht Musiker (darunter eine Dame) ihr Instrumentalhandwerk und alle möglichen Stilistiken souverän beherrschen – darüber dachte man an diesem Abend gar nicht nach, es war einfach so.
Singend wurde zunächst die Frage geklärt, ob es einen spezifisch fränkischen Eros gibt (ja, der Franke ist so etwas wie ein Eiswein, der leidenschaftlich die Frauen umgarnt), dann schmachtete das Männerseptett a cappella traurig der Frauentreue nach, und zur Aufheiterung folgte ein quietschvergnügter Dreher. Die versammelten Schweinfurter Fischerchöre auf den Rängen schmetterten höchst textsicher (lalala) den Gefangenenchor aus Verdis „Nabucco“, dessen Arrangement nach ein paar Takten plötzlich verdächtig nach „So ein Tag, so wunderschön wie heute“ klang.
Einen schönen Kontrapunkt setzten De 3 Andern mit Gitarre, Quetschn, Kontrabass und Gesang. Auf Anfrage hätte es „a saubannä transläischn“ aus dem Oberpfälzischen gegeben, aber auch ohne ging es gut und quer durch die Volksmusik, natürlich, authentisch und gekonnt in der musikalischen Darbietung, dazu frech-fröhliche Texte rund um Eros und Mann, die schon mal jubelndes Gelächter, vor allem bei den Zuhörerinnen, hervorriefen. Dazwischen erzählte Franz Rappl ein paar „Gschichtli“: Das schaffte er so herrlich komisch, dass kein Auge trocken blieb, ein riesiges Vergnügen war das!
Gstanzl, Wechsel- und Refraingesänge mit dem Publikum, Historisches (Lied vom Tröpferlbad) und Medizinisches („s’Hehneraug“), das Straubinger Zuchtshauslied, kostenlose Eheberatung für Frauen („Nehmen’s an Alten!“), die fränkische Version des Bayerischen Defiliermarsches – vieles erklang noch an diesem langen Abend. Auch der klassische Konzertbetrieb bekam sein Fett weg: Nach Mozarts Marsch „Alla turca“ aus der Klaviersonate KV 331 ertönte Beethovens Hauptmotiv aus der fünften Symphonie zuerst ganz dorfmusikalisch, landete aber schnell beim Swing, wobei die Frage unbeantwortet blieb, ob Beethoven etwa ein Swinger war.
Bettina Rappl schließlich setzte den feinen Schlusspunkt: Ihr berührender und fesselnder Song „Vo da Weidn“ war ein Glanzlicht auf einem stimmungsvollen Sommerabend. Schön war’s, Ausmarsch!