SCHWEINFURT
Walküre aus Detmold: Echte Menschen mit echten Gefühlen
„Wes Herd dies auch sei, hier muss ich rasten“ – die ersten Worte Siegmunds fallen in eine große Leere. Es sind überhaupt die ersten Worte der „Walküre“, sie erklingen ganz ohne Orchesterbegleitung. Siegmund ist auf sich allein gestellt, und bald wird er sterben. Weil er gegen Wotans Gesetz verstoßen hat, indem er mit seiner – verheirateten – Schwester eine inzestuöse Verbindung eingegangen ist. Wotan selbst hätte das nicht weiter gestört, aber er kann es sich politisch einfach nicht leisten, dass seine Gesetze vor aller Augen ignoriert werden. Siegmund stibt also aus Gründen der Staatsräson, auch wenn Wotan sein Vater ist.
Nach einem umjubelten „Rheingold“, angesiedelt in der Zeit der französischen Revolution, ist nun im Theater Schweinfurt der zweite Teil der großartigen „Ring“-Inszenierung des Landestheaters Detmold zu Gast, er spielt zur Zeit des Ersten Weltkriegs. Teil drei und vier allerdings werden nicht mehr zu sehen sein, die Produktion ist längst abgespielt, und dass Detmold die „Walküre“ für Schweinfurt reaktiviert hat, ist ein Glücksfall.
Vielleicht auch deshalb, weil man dem Ensemble anmerkt, dass die Pause gutgetan hat. Das Orchester unter der Leitung von Erich Wächter klingt kammermusikalisch frisch, als beseelte die Musiker die inspirierende Freude des Wiederentdeckens.
Das Unwuchtige, Transparente, Filigrane, manchmal auch ein wenig Verletzliche passt gut zur intimen Inszenierung von Intendant Kay Metzger. Auf der Bühne agieren echte Menschen (und Götter), mit echten Gefühlen, gefangen in echten Konflikten. Und es agieren durchwegs wunderbare Sänger (und Schauspieler), die hochpräzise artikulieren, so dass man über weite Strecken jedes Wort versteht.
Das gilt besonders für den strahlenden Tenor Martin Muehles. Aber es ist nicht die Stimme, die Siegmund zum sprichwörtlichen Helden macht, sondern seine Bereitschaft zu wahrer, bedingungsloser Liebe. Mit dem unausweichlichen Sog der Annäherung zwischen Siegmund und der anrührend tapferen Sieglinde (Brigitte Bauma) gelingt Regisseuer Kay Metzger ein erster Höhepunkt. Seine Fähigkeit, die Figuren auch über weite Strecken und durch lange, lange Dialoge natürlich zu führen, macht die Vier-Stunden-Oper zum tatsächlich kurzweiligen Erlebnis.
Denn es sind die Zweierbegegnungen, die die „Walküre“ prägen. Das Aufkeimen der Liebe zwischen Siegmund und Sieglinde. Der höchst unterhaltsame Ehekrach zwischen Wotan und Fricka (umwerfend gut als echt stinkige Prinzipienreiterin: Monika Waeckerle). Die komplizierte Vater-Tochter-Beziehung Wotan/Brünnhilde. Die Todesverkündung Brünnhildes an Siegmund. Der Zuschauer ist so nahe bei den handelnden Personen wie die Musik. Nichts ist Pose, nichts Fassade.
Sabine Hogrefe bewältigt den aberwitzig schweren Part der Brünnhilde sängerisch so mühelos, dass sie ihrer Figur eine unmittelbare Menschlichkeit geben kann. Ralf Lukas singt mit glasklarem Bariton. Sein Wotan strahlt große natürliche Autorität aus. Ebenso groß allerdings ist die Zerrissenheit zwischen beruflicher Pflicht (zu der eben der Machterhalt gehört) und privater Sehnsucht.
Die Stringenz des Konzepts bereichert (und belegt) Metzger mit vielen, oft witzigen Details. Wie Hunding (Guido Jentjens) achtlos den Knauf des Schwerts Nothung als Kleiderhaken benutzt. Oder wie die Walküren (während des berühmten Ritts) ihre Helden per Schnick-Schnack-Schnuck bestimmen. Augenfälliger kann man die Sinnlosgkeit von Krieg nicht demonstrieren. Das Publikum quittiert diese rundum begeisternde Leistung am ersten Abend mit stehenden Ovationen.
Weitere Vorstellungen am Sonntag, 17., Freitag, 22., und Sonntag, 24. Februar, 17 Uhr. Karten: ? (0 97 21) 51 49 55.
Nach einem umjubelten „Rheingold“, angesiedelt in der Zeit der französischen Revolution, ist nun im Theater Schweinfurt der zweite Teil der großartigen „Ring“-Inszenierung des Landestheaters Detmold zu Gast, er spielt zur Zeit des Ersten Weltkriegs. Teil drei und vier allerdings werden nicht mehr zu sehen sein, die Produktion ist längst abgespielt, und dass Detmold die „Walküre“ für Schweinfurt reaktiviert hat, ist ein Glücksfall.
Vielleicht auch deshalb, weil man dem Ensemble anmerkt, dass die Pause gutgetan hat. Das Orchester unter der Leitung von Erich Wächter klingt kammermusikalisch frisch, als beseelte die Musiker die inspirierende Freude des Wiederentdeckens.
Das Unwuchtige, Transparente, Filigrane, manchmal auch ein wenig Verletzliche passt gut zur intimen Inszenierung von Intendant Kay Metzger. Auf der Bühne agieren echte Menschen (und Götter), mit echten Gefühlen, gefangen in echten Konflikten. Und es agieren durchwegs wunderbare Sänger (und Schauspieler), die hochpräzise artikulieren, so dass man über weite Strecken jedes Wort versteht.
Das gilt besonders für den strahlenden Tenor Martin Muehles. Aber es ist nicht die Stimme, die Siegmund zum sprichwörtlichen Helden macht, sondern seine Bereitschaft zu wahrer, bedingungsloser Liebe. Mit dem unausweichlichen Sog der Annäherung zwischen Siegmund und der anrührend tapferen Sieglinde (Brigitte Bauma) gelingt Regisseuer Kay Metzger ein erster Höhepunkt. Seine Fähigkeit, die Figuren auch über weite Strecken und durch lange, lange Dialoge natürlich zu führen, macht die Vier-Stunden-Oper zum tatsächlich kurzweiligen Erlebnis.
Denn es sind die Zweierbegegnungen, die die „Walküre“ prägen. Das Aufkeimen der Liebe zwischen Siegmund und Sieglinde. Der höchst unterhaltsame Ehekrach zwischen Wotan und Fricka (umwerfend gut als echt stinkige Prinzipienreiterin: Monika Waeckerle). Die komplizierte Vater-Tochter-Beziehung Wotan/Brünnhilde. Die Todesverkündung Brünnhildes an Siegmund. Der Zuschauer ist so nahe bei den handelnden Personen wie die Musik. Nichts ist Pose, nichts Fassade.
Sabine Hogrefe bewältigt den aberwitzig schweren Part der Brünnhilde sängerisch so mühelos, dass sie ihrer Figur eine unmittelbare Menschlichkeit geben kann. Ralf Lukas singt mit glasklarem Bariton. Sein Wotan strahlt große natürliche Autorität aus. Ebenso groß allerdings ist die Zerrissenheit zwischen beruflicher Pflicht (zu der eben der Machterhalt gehört) und privater Sehnsucht.
Die Stringenz des Konzepts bereichert (und belegt) Metzger mit vielen, oft witzigen Details. Wie Hunding (Guido Jentjens) achtlos den Knauf des Schwerts Nothung als Kleiderhaken benutzt. Oder wie die Walküren (während des berühmten Ritts) ihre Helden per Schnick-Schnack-Schnuck bestimmen. Augenfälliger kann man die Sinnlosgkeit von Krieg nicht demonstrieren. Das Publikum quittiert diese rundum begeisternde Leistung am ersten Abend mit stehenden Ovationen.
Weitere Vorstellungen am Sonntag, 17., Freitag, 22., und Sonntag, 24. Februar, 17 Uhr. Karten: ? (0 97 21) 51 49 55.
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