Alle zwei Jahre verleiht die Deutsche Schlaganfall-Hilfe mit Sitz in Gütersloh einen Preis an Menschen, die sich besonders im Kampf gegen den Schlaganfall verdient gemacht haben. In diesem Jahr wurde Ingrid Ehrhardt-Rosentritt aus Waigolshausen nominiert. Aufopferungsvoll pflegt sie ihren Partner Jochen Dolata seit dessen schweren Schlaganfall 2015. Die Lage erschien hoffnungslos, bis seine Partnerin ihm einen Weg aufzeigte: Jochen Dolata entdeckte seine alte Leidenschaft für die Malerei wieder – und damit neuen Sinn in seinem Leben.
Der Schlaganfall war eine Katastrophe für den pensionierten Oberamtsrat. Von einem Tag auf den anderen war der Halbmarathon-Läufer und Tennis-Lehrer schwer gelähmt ans Bett gefesselt, nicht einmal sprechen konnte er. In dieser aussichtlosen Situation kam Ingrid Ehrhardt-Rosentritt eine scheinbar skurrile Idee. "Ich wusste von Jochen, dass er als junger Mann an der Kunsthochschule angenommen wurde. Er hat sich damals aber für die sichere Beamten-Laufbahn entschieden."
Sie schob ihrem schwerbehinderten Partner einen Malblock unter den Arm, klemmte ihm Ölkreide zwischen die spastisch gelähmten Finger, und wartete ab, was passiert. Ihr Partner schaute sie lange mit leerem Blick an, bis er irgendwann begann, Striche zu ziehen. Als Jochen Dolata nach Stunden erschöpft die Kreide aus den Händen legte, war sein erstes Werk vollendet. In den nächsten Wochen ging es so weiter. Immer, wenn sein Zustand es ihm erlaubte, motivierte seine Partnerin ihn zum Malen.
Seine gelähmte Hand reicht kaum bis zur Mitte des Malblocks. Wenn das Papier gedreht werden soll, macht er sich bemerkbar. Allein das Aufnehmen der Ölpastellkreide ist jedes Mal eine große Herausforderung und nimmt oft Minuten in Anspruch. Und doch entsteht über Monate hinweg nach und nach eine Serie von Bildern, geprägt durch einen erkennbar eigenen Stil.
Mit den Werken organisiert Ingrid Ehrhardt-Rosentritt eine erste Ausstellung in der Würzburger Steuerberaterkanzlei Henneberger und Partner, die mit einer feierlichen Vernissage eröffnet wird. "Als ich zu ihm gesagt habe: Du leistet etwas Außerordentliches, du machst mit deiner Malerei anderen Betroffenen wieder Mut, hat er vor Freude geweint", erinnert sie sich.
Das war im November letzten Jahres. Es folgten weitere Anfragen, doch leider verhinderte die Coronakrise bisher mehr. Nun hofft Ingrid Ehrhardt-Rosentritt, dass sich trotz der Pandemie bald wieder Möglichkeiten für ihren Jochen auftun, damit er neue Ziele hat. Aus der Hoffnungslosigkeit hat der 71-jährige den Weg zu einem neuen Lebensinhalt gefunden. Und er weiß, wem er das zu verdanken hat. Ohne das selbstlose Engagement seiner Partnerin wäre das nie denkbar gewesen. "Wir haben uns darauf geeinigt, dass das Glück im Kopf stattfindet", sagt Ingrid Ehrhardt-Rosentritt.
Schlaganfälle verhindern, Versorgung verbessern und Betroffenen helfen – dafür setzt sich die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe ein. Das Service- und Beratungszentrum ist montags bis donnerstags von 9 bis 17 Uhr und freitags von 9 bis 14 Uhr erreichbar unter Tel.: (05241) 97700, info@schlaganfall-hilfe.de, www.schlaganfall-hilfe.de