Die Ausstellung „Prachtvoll illuminirt – Das Handkolorit in der Druckgraphik (1493-1870)“ im Museum Georg Schäfer ab 13. Mai bietet die einzigartige Möglichkeit, anhand einer Auswahl besonders prachtvoll kolorierter Werke einen vergessenen Bereich der Kunst wiederzuentdecken und zugleich die Rolle der Farbe in der deutschen Kunst des 19. Jahrhunderts neu zu bewerten.
Seit der Antike wurden Blätter, Buchseiten und später auch Einzelgraphiken mit feinem Pinsel illuminiert. Der Versuch, diese zeitraubende Technik durch Farbdrucke zu ersetzen, scheiterte unter anderem an der hohen Farbqualität des Handkolorits. Erst mit dem Aufkommen der mehrfarbig gedruckten Chromolithographien endete um 1870 eine Tradition, die in der Druckgraphik über 400 Jahre lang währte.
Zu Beginn umfasste das Illuminieren lediglich die Ausgestaltung der Anfangsbuchstaben (Initialen), die ornamentale und szenische Illustration von Texten sowie die Darstellung von Tieren und Heilpflanzen. Auftraggeber waren Kirchen und Fürsten, aber auch wissenschaftliche Korporationen. Später eroberte es sich weitere Gebiete und erreichte als dekorative Graphik via England und Frankreich auch das wohlhabende bürgerliche Publikum. Als „Zimmerverzierung“ hinter Glas und Rahmen entstanden Werke, die mit Gemälden konkurrieren sollten.
Weltweit erste Übersichtsschau
Die Ausstellung ist mit über 200 für die Entwicklung des Handkolorits wichtigen Werke die weltweit erste Übersichtsschau zu diesem Thema. Sie entstand in Kooperation mit der Privatsammlung Frank, Stuttgart, und dem Museum Otto Schäfer aus Schweinfurt. Ergänzt wird sie durch Leihgaben der Staatsbibliothek Bamberg und den Kunstsammlungen der Veste Coburg.
In der Forschung erfolgte bislang keine Würdigung dieser Technik als eigenständige Kunstform. Dazu trug die Vorstellung bei, dass das Illuminieren entlang der graphischen Vorgabe der Stecher erfolgte und lediglich ein „Ausmalen“ von Flächen gewesen sei. Eine Verwechslung gab es auch mit dem seit dem 15. Jahrhundert angewandten Schablonenkolorit, das oft nachträglich mit dem Pinsel verfeinert wurde. Dagegen überraschten bereits im 16. Jahrhundert entstandene Arbeiten mit teils flott aufgepinselten Aquarell- und Gouachefarben, die ab und zu über die vom Stecher vorgegebene Kontur der Figuren hinausragen. Damit stellten sie eine erstaunliche Befreiung aus den Grenzen der zugrunde liegenden Graphik dar. Während der Dürer-Rezeption des Manierismus erfuhr das Handkolorit im sogenannten Fürstenkolorit einen ersten Höhepunkt. Echtgold und Silber wurden dabei auf das Papier übertragen.
Ende des 17. Jahrhunderts griffen die Koloristen zu dünnen Pinseln und Lupen, um beispielsweise für wissenschaftliche Werke im Bereich der Botanik zarte Blüten, kleine Knospen und Blätter in Farbe zu fassen. Ihren gestalterischen Höhepunkt fand die Illuminierung im 18. und 19. Jahrhundert. So warben Verlage damit, Spezialisten von weither geholt zu haben. Herausragende Werke erzielten hohe Preise. Längst wurde die Illuminierung unter ästhetischen Aspekten gewürdigt; „Farbe-Belustigung“ war wichtiger als Naturwahrheit. Die Dekorative Graphik umfasste naturhistorische Motive ebenso wie Militaria, Modedarstellungen und Karikaturen.
Illuminieren war en vogue. Liebhaber und Dilettanten belegten nun Kurse, um selbst das Kolorieren zu erlernen. Für den Eintrag in Haus- und Freundschaftsalben des Biedermeier, doch vor allem für die Souveniralben der Reisenden, kamen auch Einzelgraphiken zum Einkleben auf den Markt. Selbst die Jugendlichen sollten in Lehrbüchern durch kolorierte Bilder „ergötzt“ werden. Diese Freude am Kolorit ist auch einem Brief Goethes von 1782 anzumerken: „Ein köstlich illuminirt Kupfer nach Raphael hab ich bey dem Herzog gesehn. Durch diese obgleich immer sehr unvollkommne Nachbildung sind mir wieder ganz neue Gedancken aufgeschlossen worden. Wenn du es nur sehen könntest.“
„Prachtvoll illuminirt – Das Handkolorit in der Druckgraphik (1493-1870)“, Museum Georg Schäfer, 13. Mai bis 15. August. Vernissage: 12. Mai, 15 Uhr, Gastredner: Prof. Dr. Eckhard Leuschner, Julius-Maximilians-Universität, Würzburg, und Georg Drescher, Museum Otto Schäfer, Schweinfurt. Kurator: Dr. Wolf Eiermann, Volontär: David Grube M.A.. Eintritt: 7 Euro/ermäßigt: 5. Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 10 bis 17 Uhr, Donnerstag bis 21 Uhr; jeden ersten Dienstag im Monat freier Eintritt. Führungen buchen: Tel. (0 97 21) 51 48 20, www.museumgeorgschaefer.de Begleitprogramm: Sonntag, 13. Mai: Internationaler Museumstag und Muttertag im MGS, 14 Uhr Familienführung mit Rebecca Mönch. Wir betrachten Familien in der Kunst. Im Anschluss besteht die Möglichkeit für Kinder und Erwachsene, ein Familienporträt zu gestalten. Sonntag, 20. Mai, 11 Uhr: Matinee: Sonne in den Bildern mit Waltraud Rambach; 14 Uhr: Als die Farbe zu leuchten begann mit Karla Wiedorfer Donnerstag, 24. Mai, 19 Uhr: …ein neuer Zweig der schönen Künste mit Karla Wiedorfer Dienstag, 5. Juni, 14 Uhr: Kuratorenführung mit Dr. Wolf Eiermann durch die Ausstellung „Prachtvoll illuminirt“ Sonntag, 24. Juni, 11 Uhr: Vortrag Die Entdeckung der Welt am Wegesrand – Gherardo Cibo, oder welche Farben passten für Tiere und Pflanzen? Mit Dr. Claudia Steinhardt-Hirsch, Zentralinstitut für Kunstgeschichte Sonntag, 15. Juli, 11 Uhr: Kuratorenführung mit Dr. Wolf Eiermann durch die Ausstellung „Prachtvoll illuminirt“ Begleitprogramm für Kinder:
Sonntag, 20. Mai, 14 Uhr: Kunst für Kinder, Illuminieren nach der Natur mit Waltraud Rambach Mittwoch, 23. Mai, Donnerstag, 24. Mai, jeweils 10.30 bis 12 Uhr: Pfingstferien-Workshop „Freude an der Farbe“ mit Christine Friedrich-Weiß. Besuch der Sonderausstellung, danach Erlernen der Schabloniertechnik mit Positiv- und Negativformen und kolorieren mit bunten Farben. Die Termine bauen aufeinander auf, können aber auch getrennt gebucht werden. Für Kinder zwischen 6 und 12 Jahren, um Anmeldung wird gebeten. Kosten pro Tag: 3,50 Euro (Material inklusive) Sonntag, 10. Juni, 14 Uhr: Viele Farben machen froh mit Christine Friedrich-Weiß. Inspiration durch den Besuch der Sonderausstellung, anschließend Malen im MUPÄD-Raum. Sonntag, 24. Juni, 14 Uhr: Die Schönheit der Natur entdecken mit Susanne Krumm. Wir nehmen Pflanzen, Blumen wahr und zeichnen sie realistisch und dann vereinfacht nach. Sonntag, 8. Juli, 14 Uhr: Experimente mit Buchstaben mit Susanne Krumm. Sonntag, 15. Juli und 29. Juli, jeweils 14 Uhr: Blick auf den Main mit Anne Hess. Wir suchen unseren Bildausschnitt und zeichnen mit Kohle- und Rötelstiften. Eltern, Großgeschwister und Großeltern sind eingeladen, teilzunehmen. Kosten: 3,10 Euro pro Person. Sonntag, 22. Juli, 14 Uhr: Aus Eins mach Zwei mit Christine Friedrich-Weiß. Besuch der Sonderausstellung, danach Herstellen von Positiv-und Negativ-Schablonen.
Im Hirmer Verlag München erscheint ein prachtvoll bebilderter Katalog (39,90 Euro).