Nachhaltigen Eindruck hinterließ die Unterfränkische Überlandzentrale (ÜZ) ob ihrer zukunftsorientierten Ausrichtung bei den Teilnehmern an einer Pressefahrt, die den Bundesverband Wärmepumpe nach Franken führte. In Lülsfeld ist der Ausbau regenerativer Energien seit Jahren das Maß aller Anstrengungen.
Egal, ob es wie im Rechenzentrum um die Nutzung industrieller Abwärme, oder in Neubaugebieten in Gerolzhofen oder Schwebheim um die der Erdwärme geht, die Wärmepumpe leistet jeweils einen wesentlichen Beitrag, damit die Energiewende gelingt und die Klimaziele erreicht werden. Dies lässt sich auch daran ablesen, dass in sechs von zehn neuen Häusern im ÜZ-Gebiet eine Wärmepumpe installiert ist.
Eingangs stellte ÜZ-Chef Gerd Bock mit Unterstützung von Energieberater Alexander Wolf und dem Fachmann für regenerative Energien, Bernhard Bedenk, vor, was die ÜZ tut, um den bilanziell bereits seit 2016 deutlich zu über 100 Prozent erzeugten erneuerbaren Strom aus der Region für die Region zu nutzen und wie man dabei mithilfe der Wärmepumpentechnik den Nutzen multipliziert.
Moderator der Energiewende
Der genossenschaftliche Energieversorger versteht sich etwa bei der Errichtung von Neubaugebieten als Moderator der Energiewende. Gerd Bock bekräftigte vor den Teilnehmern der Fahrt des Dachverbands der deutschen Wärmepumpenwirtschaft: „Wir sind ganz klar auf dem Pfad der Nachhaltigkeit und CO2-Freiheit.“
Um bundesweit in die Nachhaltigkeit zu kommen, wo der Prozentsatz aktuell nur bei 34 Prozent regenerativer Energien liege, sei aber hierfür eine deutliche Minderung der hohen Steuern und Abgaben erforderlich, die den Preis für grünen Strom belasten, mahnte Bock. Nur so werde man für die nötige Motivation bei den Stromkunden sorgen, um die Abkehr von CO2 und importabhängigen Energieträgern zu forcieren, so Bernhard Bedenk, der Forderung Bocks Nachdruck verleihend.
Intelligente Rückgewinnung der Abwärme
Nach dem Vortrag „Energiewende weitergedacht“ ging es zur Praxis über und hierzu ins Werkstattgebäude. 5,5 Millionen Euro hatte die ÜZ 2016 dafür investiert. Doch das Werkstattgebäude ist weit mehr als der Name sagt. Allein das integrierte Rechen- und Krisenzentrum ist ein kleines High-Tech-Wunder. So könnte die ÜZ auch bei einem Totalausfall der Stromversorgung eine Woche lang dank der Notversorgung im Inselbetrieb überdauern und wenn selbst im Landratsamt in Schweinfurt als dem eigentlich hierfür vorgesehenen Krisenzentrum die Lichter ausfallen sollten, zum Nabel des Landkreises werden.
Trafostationen, ein großer Dieselerdtank und ein eigenes Notstromaggregat stellen die Versorgung sicher, während das Glasfasernetz die Kommunikation mit der Außenwelt gewährleistet.
Die Kühlung der Serverräume
Die energieintensive Rechenarbeit in dem Gebäude, von der auch Kunden aus der Privatwirtschaft Gebrauch machen, hat Folgen, die man vom eigenen Computer kennt: Nahezu der gesamte Strombedarf der Server wird in Wärme umgewandelt. Damit die Server nicht überhitzen, müssen die Räume stets gekühlt werden. Üblicherweise wird die Wärme über Umluftkühlgeräte aufgenommen und an die Umwelt abgegeben.
In Lülsfeld hingegen werden während der Heizperiode 100 Prozent dieser Energie durch Rückgewinnung zum Heizen der Werkstätten und Büroräume genutzt. Dazu wird der Rücklauf der Anlage durch einen zusätzlichen Pufferspeicher als Energiequelle für eine Wärmepumpe geführt. Um den Anteil an nutzbarer Abwärme zu erhöhen, ist eine Heiz- und Kühldecke als Wärmeübertragungssystem in Werkstatt und Büros eingezogen worden. Die optimale Verwertung der eingesetzten Energie wirkt sich auch positiv auf Heizrechnung und CO2-Bilanz aus.
Kaltwärme im Gerolzhöfer Neubaugebiet
Im Gerolzhöfer Neubaugebiet „Am Nützelbach“ machen die Unterfränkische Überlandzentrale (ÜZ) und die Stadt Gerolzhofen gemeinsame Sache bei der Erschließung, indem sie mit der „Kaltwärmeversorgung“ eine ganz besondere Wärmequelle nutzbar machen. Zur dezentralen Versorgung von 30 der 31 Grundstücke mit aus dem Boden kommender oberflächennaher Geothermie war hierzu jeweils 85 Meter tief gebohrt worden, um die Erdwärmesonden niederzubringen. Entstanden ist am Nützelbach quasi ein Muster-Kaltwärme-Baugebiet.
Von einer Kaltwärmeversorgung wird deshalb gesprochen, weil in den Erdsonden in der Tiefe eine frostsichere Wärmeträgerflüssigkeit, Sole genannt, zirkuliert. Im Betrieb werden im so genannten „Solekreislauf“ auf rund zwei Grad Celsius abgesenkte Vorlauftemperaturen gefördert. Die Wärmequelle kann also durchaus als kalt bezeichnet werden. Diese Temperatur von zwei Grad reicht aber vollkommen aus, um mit der Wärmepumpe das Wasser entsprechend aufzuheizen.
Die Wärmepumpe macht's möglich
Das System, das dahintersteckt: Mit Hilfe der Wärmepumpe als optimalen Wärmeerzeuger wird der Umwelt kostenlose Energie entzogen und in Verbindung mit den niedrigen Vorlauftemperaturen im Heizsystem auf ein für moderne Heizungen nutzbares Temperaturniveau „gepumpt".
Auf diese intelligente und innovative Weise werden Wohnräume in den kalten Monaten behaglich mit Wärme versorgt und das Warmwasser wird hygienisch bereitet. Im Sommer lässt sich die Anlage zur Kühlung verwenden. Die Bauherren können dabei durch die Zusammenarbeit von ÜZ und Stadt auf einen günstigen Anschluss bei guten staatlichen Fördermöglichkeiten hoffen. Hinzu kommt die Wertsteigerung des Grundstücks durch die lange Lebensdauer der Wärmequelle.
Ein erfolgreiches Kaltwärme-Pilotprojekt im Baugebiet „Strüdlein Ost“ in Schwebheim hatte den Weg für das Baugebiet „Am Nützelbach“ in Gerolzhofen gewiesen. In Schwebheim hatten die Teilnehmer an der Pressefahrt einen Heizkunden besucht, der bereits die zweite Saison im neuen Haus hinter sich hat.
Erdwärme für die Deckenheizung
In Gerolzhofen durften die Gäste in einem Eigenheim eine Sole-Wasser-Inverter-Wärmepumpe besichtigen. Die Heizungsanlage für die nur im Bad zusätzlich durch eine Wandheizung unterstützte Deckenheizung wird in Verbindung mit einer Fotovoltaikanlage zur Eigenstromerzeugung betrieben. Nähere Informationen lieferte hierzu neben dem Hausbesitzer der Heizungsbauer, der die Anlage eingebaut hatte. Der rundum zufriedene Eigentümer verwies vor allem auf den hohen Komfort, den er damit in seinem Haus erzielt.
Keine Angst vor Rissen und Setzungen
Befürchtungen, dass es infolge der Geothermiebohrungen zu Rissen und Verschiebungen im Untergrund kommen könnte, zerstreuten der Diplomgeologe Frank von Brandis und Verena Herrmann als private Sachverständige für Wasserwirtschaft und Erdwärmesonden. Für die nötige Sicherheit würden in Kombination mit der Bohrtiefenbegrenzung sowohl der Ausschluss von Bohrrisiken, als auch der gegenseitigen Beeinflussung der Sonden und von geothermischen Störungen im Vorfeld sorgen. Die endgültige Bemessung werde schließlich anhand der örtlichen Gegebenheiten mit einer geothermischen Simulationssoftware vorgenommen und für das gesamte Gebiet geprüft.
Die beiden Fachleute unterstrichen, dass nichts dem Zufall überlassen werde. Etwas anders sei es, wenn im Gegensatz zur gemeinsamen Konzeption planlos oberflächennahe Erdwärme erschlossen werde, indem jede Bohrfirma dabei für sich agiere. Das sei hier aber nicht der Fall.
Der Bundesverband Wärmepumpe
Im Bundesverband Wärmepumpe (BWP) mit Sitz in Berlin sind rund 500 Handwerker, Planer, Architekten, Bohrfirmen sowie Unternehmen der Heizungsindustrie und Energieversorger organisiert, die sich für den verstärkten Einsatz effizienter Wärmepumpen engagieren.
Die deutsche Wärmepumpen-Branche beschäftigt rund 20 000 Personen und erwirtschaftet einen Jahresumsatz von rund 2,5 Milliarden Euro.
Derzeit nutzen rund eine Million Kunden in Deutschland Wärmepumpen. Pro Jahr werden rund 90 000 neue Anlagen installiert, die zu rund 90 Prozent von BWP-Mitgliedsunternehmen hergestellt werden. (novo)