Schon 2011 gab der Schwebheimer Autor Hans Schwinger ein Buch über den berühmtesten Sohn der Gemeinde, Dr. Ernst von Bibra, heraus. Romanhaft erzählte er damals dessen Leben nach. Der Freiherr sollte ihn nicht loslassen. In seinem neuen Buch "Wache Geister in wirren Zeiten" beleuchtet Schwinger Bibras Traktat von 1848 "Freimüthige Beleuchtung der Verhältnisse des Adels zu Fürst, Bürger und Bauer". Und er besuchte dessen Ur-Urenkel Karl-Heinz Hoffmann, bei dem er so mache Ähnlichkeit zum adeligen Vorfahren entdeckte.
Es waren wohl die Zwänge der 1948er Revolution, die den Wissenschaftler, Forscher und Schriftsteller Bibra dazu brachten sich politisch zu äußern. Er forderte von den Adeligen, sich von alten Rechten und altem Denken zu lösen, wollten sie weiter bestehen. Nicht nur in der Kirche, im Staatsdienst oder Militär sollten sich die Adeligen engagieren, sondern auch im gehobenen Bürgertum. Die Abgaben der Bauern an den Adel fand Bibra ebenfalls nicht mehr zeitgemäß. Einen neuen Weg sah er in geldlichen Entschädigungen und langfristigen Krediten für die Bauern. Von den Fürsten forderte er, dem Adel seine Lehen zurückzugeben.
Diesen neuen Adel hat Bibra selbst zum Teil auch gelebt. So sicherte er eine Dienstmagd, mit der er vor seiner Ehe einen Sohn zeugte, großzügig ab. Und eine Professorenstelle in Erlangen lehnte er ab, weil er seine Selbständigkeit bewahren wollte.
Diese Selbständigkeit sei auch für seinen Ur-Ur-Enkel ein hohes Gut, so Schwinger. Dieser, der als "Wehrsport-Hoffmann" zu unrühmlicher Bekanntheit kam, arbeitete sein Leben lang selbstständig. Mit seinem adeligen Vorfahren verbinde ihn außerdem die künstlerische Ader und die Gesellschaftskritik. Schwinger hatte ihn bei Recherchearbeiten für sein neues Buch kennengelernt. "Deutsch-national aber nicht rechtsradikal" schätzt er ihn ein. In einem rechtsgültigen Urteil des Landgerichts Nürnberg von 1980 wird Hoffmann bescheinigt, dass nichts "darauf hindeutet, er würde einem Neonazismus, gar antisemitischer Prägung anhängen". Dennoch werde dieser seinen Ruf als Rechtsextremist nicht los, bemängelt Schwinger.
Er vergleicht Bibras Traktat mit Hoffmanns Werk vom idealen Staat. Beide beschäftigten sich mit der aktuellen Gesellschaftsordnung. Hoffmann prangere dabei vor allem eine "auf permanentem Wachstum basierende zerstörerische Verschleißwirtschaft" an. Ein System, das auf die unbegrenzte Verfügbarkeit von Rohstoffen, Nahrungsmitteln Wasser und Energie setze, sei zum Scheitern verurteilt, so Hoffmann. Schwinger beleuchtet dessen Thesen zu Bildung, Gesundheit, Geldwesen und Krieg.
Hans Schwinger, Wache Geister in wirren Zeiten, Dr. Ernst von Bibra und sein Ur-U-Enkel Karl-Heinz Hoffmann, BoD 2019.