Ein Stadtteil? Eher nicht. Wohnviertel? Ein bisschen. Dennoch darf dieser kleine, aber feine Teil Schweinfurts in unserer Stadtteil-Serie nicht fehlen: das Höllental. Das beim Volk so beliebte Erholungsgebiet beginnt an der Mündung des Höllenbachs in den Main, wird im Westen vom Kiliansberg und Hochfeld, im Nordwesten vom Deutschhof, im Norden von Üchtelhausen sowie im Osten von Schonungen-Mainberg begrenzt.
Auf die frühe Stadtgeschichte weisen im Höllental die Straßennamen Altstadt-, Babenberger-, Graf-Berthold- und Hezilostraße hin, letztere benannt nach dem Markgrafen Heinrich von Schweinfurt (981-1017). Dass man die Hölle betritt, hat der Besucher bis vor kurzem gleich am „Eingang“ in der Babenbergerstraße erfahren, wo ein Schild auf die Gaststätte Zur Hölle hinwies. Die hat nach langem Leerstand mit dem stadtbekannten Wirt Antonio Coreale wieder einen Pächter, heißt jetzt Castello, eine Anspielung wohl auf den Turmbau Peterstirn (erbaut 1873/1874), Keimzelle der Schweinfurter Stadtgeschichte und einstiges Benediktinerkloster. Dass man sich nun in der Hölle befindet, das erklären heute die vielen Wegweisungen oder die Höllental-Straße.
Jahrzehntelang war die Hölle Schauplatz der Hahnentänze
Die einstige Höllenwirtschaft und vor allem der wunderbare Biergarten mit seinen mächtigen Bäumen war jahrzehntelang Schauplatz der so beliebten Höllen-Kirchweih mit ihrem legendären Höhepunkt, dem Hahnentanz. Der dafür „zuständige“ Bürgerverein Altstadt hat wegen der vielen Pächterwechsel und zeitweise unsicheren Zukunft der Gaststätte den Standort verlassen (müssen) und seine Kirchweih 2017 erstmals in die Altstadt verlegt. So wird es auch bleiben.
Der Verein Mainleite kämpft für freie Sicht auf Stadt und Land
Von der einstigen Burg oben am Berg selbst existiert nichts mehr, nur noch ein trauriger Teil des Grabens am Beerhüterturm, heute eher eine Pfütze. Hier, am steilen Südabhang zum Main, befinden sich zwischen historischen Weinbergsmauern die zwei Weinlagen Peterstirn und Mainleite. 2014 gründete sich der Verein „Mainleite Schweinfurt-Schonungen“ mit drei Hauptzielen: das verwucherte Gebiet zwischen Peterstirn und Mainberg wieder zu einem Naherholungsgebiet mit möglichst freier Sicht auf die Tallandschaft machen, es als Kulturlandschaft pflegen und mehr Weinbau. Man ist da schon gut vorangekommen.
Wieder hinunter ins Höllental: In den 1980ern wurden einige teils stattliche Häuser an der neu angelegten Graf-Berthold- und Hezilostraße neu gebaut. Infrastruktur wie schulische, kirchliche Einrichtungen oder Einkaufsmöglichkeit gibt es in der Hölle nicht. Südlich der Wirtschaft war schon Anfang des 20. Jahrhunderts ein kleines Wohngebiet mit Häusern einfacher Ausstattung entstanden. Es gab hier immer mal Streit, weil Eigentümer auf ihrem Grund auch bauen wollten, das aber ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr durften.
Neu bauen geht im Landschaftsschutzgebiet nicht
Ein Anlieger wollte auf seinem 1952 erworbenen Grundstück beispielsweise 1967 ein Haus bauen. Er verlor in allen Instanzen, rief deshalb 1993 sogar den Petitionsausschuss des Landtags an. Der lehnte aber wie die Stadt zuvor einen Neubau mit der Begründung ab, dass im Landschaftsschutzgebiet Höllental „Wohnungsbauvorhaben sowie Wochenendhäuser für Dauerwohnzwecke unzulässig sind“. Das, was schon (lange) existierte, wurde zwar als „willkürlich entstandene Bebauung“ dargestellt, aber – weil mittlerweile geduldet, teils sogar genehmigt – akzeptiert.
Einen regelnden Bebauungsplan gab es nie. Aber einen Flächennutzungsplan. Ausgewiesen ist der Bereich Höllental als privates Gartenland oder landwirtschaftliche Fläche, als Grundsatzentscheidung vom Stadtrat 1984 so beschlossen. Im Hoheitsgebiet der Stadt gibt es übrigens nur ein Naturschutzgebiet – den Saumain, seit 1993, der mittlerweile sogar zum noch höherrangigen FFH-Gebiet (Fauna-Flora-Habitat) erklärt wurde.
Lohnenswert: Der Kurt-Petzold-Rundweg
Mainleite und Höllental sind Landschaftsschutzgebiet – mit herrlich angelegten Wegen entlang dem Höllenbach und dem Biotop, von dem aus sich ein Abstecher lohnt hoch zur Biergarten-Gaststätte des gleichnamigen Trachtenvereins Almrösl. Das Höllental ist Ausgangspunkt vieler Radtouren ins Oberland. Und dann natürlich sollte man den Rundweg „Höllental und Mainblick“ unter die Wanderschuhe nehmen. Er heißt im Volksmund Kurt-Petzold-Weg, weil der Alt-Oberbürgermeister die Idee dazu hatte, die zu realisieren ihm der SPD-Kollege, Stadtrat und Höllental-Bewohner Thomas End maßgeblich half.
Der Rundwanderweg hat zwölf Stationen, an denen es jeweils erklärende Infotafeln gibt. Er beginnt im Höllental am Hexenbrünnle, führt zu dem vom Rotary-Club Schweinfurt-Peterstirn für 70 000 Euro sanierten Schindturm, geht weiter zum Beerhüterturm (nahe dem Weingut) und über den Jägerpfad zur Bismarckhöhe, dann zur Sachs-Eiche, zu Schloss Mainberg und Ziegelhütte sowie via Dianenslust zurück zum Ausgangspunkt Hexenbrünnle. Unterwegs passiert man die Gärten vieler Schweinfurter mit kleinen und größeren Häuschen drauf, die – wie unten in der Hölle – mittlerweile geduldet sind. Neu bauen darf aber auch da oben keiner mehr.
Beim Rundgang des Reporters wiederholten sich drei Wünsche von Spaziergängern und Anwohnern immer wieder. Erstens: Den Fußweg vom Biergarten – jetzt Castello – hoch zur Peterstirn muss die Stadt reparieren und wieder öffnen. Das Rathaus soll – zweitens – einen gefahrlosen Fußweg ab Parkplatz Castello bis zu den fest angelegten Wegen schaffen, möglicherweise im Grund neben dem Bolzplatz. Diese 300 Meter seien wegen leider doch vieler Raser eine echte Gefahrenquelle, hieß es mehrfach. Und drittens: Auch im Höllental rote (statt schwarze) Hundekotbeutel anbieten. Vielleicht greifen die Hundebesitzer dann eher zu. Was heißen sollte: Die vielen Hundehaufen sind ein ekliges Problem.