
Genau 20 Jahre ist es her, dass Gerolzhofen und sein Geodrom für einen Tag zum Mekka der "Böhse Onkelz"-Fans wurde. Rund 2000 Rockfans aus dem gesamten Bundesgebiet reisten am Samstag, 4. September 1999, zum Mitgliedertreffen des "Böhse-Onkelz-Supporters-Club" an. Sie waren aufgrund ihrer meist schwarzen Kleidung oder der blauen T-Shirts des Fanclubs leicht auszumachen und beherrschten bereits ab dem frühen Nachmittag das Straßenbild in der Innenstadt.
Alles blieb friedlich. Noch heute schwärmen langjährige "Onkelz"-Fans von diesem Treffen. Und immer wieder tauchen beispielsweise auf der Online-Versteigerungsplattform von Ebay Erinnerungsstücke dieses legendären Tags auf. Es war die Zeit, als es in der Stadt Gerolzhofen noch eine große Veranstaltungshalle gab und regelmäßig bekannte Bands, Schauspieler und Kabarettisten auftraten. Eine längst vergangene Zeit.
Nahezu störungsfrei
Die Metal-Gruppe war in den Achtzigern wegen einiger ihrer Song-Texte ("Türken raus!") mit der rechten Szene in Verbindung gebracht worden war. Dabei wollten die "Onkelz" nur eine Punkband der unpolitischen Frankfurter Skinhead-Szene sein. Mitte der Achtziger folgte dann der Gesinnungswandel, die durchaus glaubhafte Distanzierung von den Jugendsünden.
Aufgrund der Band-Geschichte gab es die Befürchtung, Skinheads könnten in der Stadt für Randale sorgen. Entsprechend groß war das Polizeiaufgebot: 50 Polizeibeamte waren im Einsatz, die Hälfte davon von der Bereitschaftspolizei Würzburg. Hinzu kamen 30 Mann eines vom Veranstalter beauftragten privaten Sicherheitsdienstes. "Unter dem Fan-Klientel", stellte Polizeioberkommissar Martin Wilhelm, damals kurzzeitig der Chef der Polizeiinspektion Gerolzhofen, fest, "befanden sich keine augenscheinlich der rechten Szene zuzuordnenden Personen. Die Veranstaltung verlief aufgrund der starken Polizeipräsenz nahezu störungsfrei." Und auch Peter Kern, der Leiter des Geodrom, lobte: "Das Publikum war diszipliniert und ganz hervorragend."

Kontrollstellen an den Zufahrtsstraßen
Dass alles recht störungsfrei verlief, war auch der polizeilichen Prävention geschuldet. Der damalige Redaktionsleiter der Main-Post Gerolzhofen, Winfried Windischmann berichtete in der Tageszeitung: "Die Polizei hatte bereits Stunden vor Beginn der Veranstaltung Kontrollstellen an den nach Gerolzhofen führenden Fernstraßen, inbesondere an der B 286, eingerichtet. Dabei wurden zwölf Personen wegen des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz vorläufig festgenommen und elf davon erkennungsdienstlich behandelt. Im Rahmen der Sachbearbeitung veranlasste die Polizei bundesweit sechs Wohnungsdurchsuchungen. Eine weitere Person wurde aufgrund eines Haftbefehls verhaftet. (...) Insgesamt stellte die Polizei 45 Gramm Haschisch, zwölf Gramm Amphetamin, vier Gramm Marihuana, acht Ecstasy-Tabletten und zwei Joints sicher. Zudem beschlagnahmten die Beamten zwei Schreckschusswaffen, einen Schlagstock, fünf Rauchgeräte und zwei Feinwaagen."
Weil das Treffen von vorneherein nur für Mitglieder des "Böhse Onkelz"-Fanclubs gedacht war, waren im Vorfeld keine Karten frei verkauft worden und der Veranstalter hatte auf Werbemaßnahmen völlig verzichtet. Um aber, wie Ralf Werner (Königsberg), der Leiter des Fanclubs, betonte, Frustrationen von Rock-Fans abzubauen, die nicht im Club organisiert sind und dennoch vom Event Wind bekommen hatten, waren in begrenztem Maße noch Eintrittskarten an der Abendkasse erhältlich. Somit konnten auch Fans aus dem Gerolzhöfer Umland an der Veranstaltung teilnehmen.
Diskussion mit den Fans
Am Samstagnachmittag heizten zunächst Cover-Bands aus Hamburg, Berlin und Duisburg die Stimmung im Geodrom an. Sie spielten ausschließlich Songs der "Böhse Onkelz" nach. "Onkelz, Onkelz, Onkelz", hallte es anschließend durch die Halle, als die Musiker erstmals auf die Bühne kamen. Sänger Kevin Russell, Bassist Stephan Weidner, Gitarrist Matthias Röhr und Schlagzeuger Peter Schorowsky stellten sich zunächst in einer Diskussionsrunde den Fragen ihrer Fans. Die häufigste war: "Wann spielt ihr in unserer Stadt?" "Es sei nicht so leicht, Konzerte zu bekommen. Denn wenn Hallen-Besitzer zusagen, werde auf politischer Ebene der Auftritt oft wieder abgesagt, klagten die Musiker angesichts ihres Rufs aus der Vergangenheit, der ihnen aber immer noch anlastet.
Aber auch kritische Worte mussten sich die Frankfurter Musiker, die 1979 im unterfränkischen Hösbach zueinander gefunden hatten, gefallen lassen: "Ihr geht immer weniger auf eure Fans ein!" "Die Hallen werden größer und die Fans mehr. Dadurch wird es immer schwieriger für uns", lautete die Entschuldigung der Gruppe.

Tattoo-Wettbewerb
Aus 40 Teilnehmern ging zunächst Danny Bongers aus Bad Essen bei Osnabrück bei der Prämierung des besten "Böhse Onkelz"-Tattoos als Sieger hervor. Den Bandnamen und die Porträts seiner Idole hatte er sich auf den Rücken tätowieren lassen. Bei einer Versteigerung kamen Unikate der Gruppe unter den Hammer. Unter anderem wurde auch der Bademantel des Sängers zum Höchstgebot vergeben. Großes Gedränge herrschte bei der Autogrammstunde, die wegen des starken Andrangs aus Sicherheitsgründen abgebrochen werden musste. Für Frank Dorsch aus Oberspiesheim ging aber sein "größter Wunsch" in Erfüllung. Mit Freudentränen in den Augen konnte der damals 24-Jährige auf der Bühne die Autogramme seiner Lieblingsgruppe entgegennehmen.
Höhepunkt und Abschlusspunkt des Tages bildete ein einstündiges Konzert der "Böhse Onkelz". Lautstark sang das Publikum im Massenchor die deutschen Texte mit. Erst nach zweimaliger Zugabe durften die Stars endgültig von der Bühne steigen.
Wirtschaftsförderung für die Region
Nach Angaben des hochzufriedenen Geodrom-Betreibers Peter Kerns hatten die Rock-Fans in den Gaststätten und Hotels von Gerolzhofen und Umgebung 600 Übernachtungen gebucht. Auch Teilen des örtlichen Handels wurde ein unverhoffter Umsatzschub zuteil. Laut Kern waren die Getränkeabteilungen von zwei Lebensmittelmärkten am Samstagmittag ausverkauft. Der Renner: Bier und Cola.
Obwohl die „Böhsen Onkelz“ sich im Jahr 2005 auflösten, zog die Band auch danach immer noch ihre Fans in Massen an. Die Crew des „Böhse-Onkelz-Supporter-Clubs“ (B.O.S.C.) machte nach 1999 noch zweimal, und zwar 2007 und im Oktober 2008, Station in Gerolzhofen. Mit Stephan Weidner und Kevin Russell kamen 2008 zwei ehemalige Bandmitglieder ins Geodrom und feierten gemeinsam mit rund 1500 "Onkelz"-Jüngern eine riesige Party.
2014 zelebrierten die "Onkelz" ihr umjubeltes Comeback mit zwei Konzerten am Hockenheimring - und ein Jahr später mit gleich vier Konzerten in Folge. Alle vier Konzerte waren ausverkauft. Mit jeweils 100 000 Besuchern.