
September 1945, vier Monate zuvor endete der Zweite Weltkrieg mit der totalen Kapitulation Deutschlands. Für 64 Schonunger aber begann etwas ganz Neues, sie kamen in die Schule. Der Jahrgang 1939 traf sich nach elf Jahren wieder zu einem Klassentreffen. Es begann mit einem Gottesdienst, einer Begehung des neuen Altlastengebiets oder dem Anschauen von Alt-Schonungen im Modell, vor allem aber war es geprägt von Erinnerungen.
Schultüten? Da waren sich die Klassenkameraden nicht ganz einig, einige erinnerte sich sehr wohl daran, andere meinten, es habe keine gegeben. Aber das Wichtigste sei die Optik gewesen, erzählt Siegfried Neubauer, drin waren nämlich fast nur nützliche Sachen, "Stifte und so, es gab ja nichts." Beim Thema Optik fallen Gunhild Trunk wieder ihre lila Strümpfe ein, die sie anziehen musste und die ihr die Mutter damit schmackhaft machte, dass sie erklärte, das sei jetzt Mode. "Und wir Buben hatten noch Leib- und Seelhosen an", ergänzt Wolfgang Keller. "Das war so eine Art Strampler", erklärt der nächste einer mit ihren 65 Jahren dafür viel zu jungen Reporterin.
Kopfnüsse und Rutenhiebe von der Lehrerin
Die Erinnerungen sprudeln nur so aus den Klassenkameraden heraus. Es war eine andere Zeit, stellen sie immer wieder fest. Die Lehrerin habe Kopfnüsse verteilt und mit der Rute gab`s auf die Finger. "Und mir Blödel sind dann noch hin und haben ihre Kakteen gegossen", wundert sich eine. An diverse Arbeiten für die Lehrerin erinnern sich auch andere. Irene Reubelt erzählt, dass sie mit dem Pinsel die geschnitzten Möbel abstauben mussten.
Die Erziehungsmethoden zwischen Elternhaus und Schule waren auch damals schon unterschiedlich. Edda Kuhn berichtet, dass sie zuhause einmal erzählt habe, dass sie wegen eines Tintenkleckses mit dem Rohrstock auf die Finger bekam und ihre Mutter daraufhin sagte: "Das nächste Mal sagst du Nein, mit meinen Händen muss ich später mal mein Geld verdienen."
Am Samstag gab's Kakao und Schokolade
Zu den positiven Erinnerungen gehört die Schulspeisung. Es gab Erbsensuppe. "Die war gut", heißt es unisono. "Und am Samstag gab`s Kakao, Brötchen und ein Stück Schokolade", erzählt Kuhn. Das Schulessen sei besser als das zu Hause gewesen, denn da gab`s immer nur Kartoffelsuppe, bestätigen die Klassenkameraden.
Tilly Jaud weiß noch, dass Martha Sparwasser in Schonungen damals ihre erste Schulstelle antrat. Sie sollte später eine Institution im Dorf werden und Generationen von Schülern prägen. Adolf Ehrsam erinnert sich: "Ich hab die gern gesehen, die war hübsch." Und dann erzählt er von einem Lehrer, der ihn ab und zu zu seiner Frau schickte, "dann musste ich deren Kuchenbleche zum Bäcker tragen".
Von 64 einstigen Erstklässlern leben noch 34
Von den einst 64 Erstklässlern, Mädchen wie Jungen, katholische und evangelische, leben heute noch 34. Schon kurz nach der Erstkommunion starb ein Mitschüler an Hirnhautentzündung. Eine Klassenkameradin erinnert sich an einen schönen weißen Sarg und dass die Kommunionkinder mit Kerzen dabei waren. "Und mir ham sie des Haar angebrennt", kommentiert Klaus Hochrhein lachend.
Es seien die Erinnerungen und Erzählungen, die ein solches Treffen so wertvoll machen , meint Reubelt und fasst diese zum Abschluss noch einmal für alle in einer humorvollen Rede für "lauter alta Leut", zusammen.