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GEROLZHOFEN
Von frivol bis beklemmend
„Lieder der Nacht“ präsentierten Silvia Kirchhof und Achim Hofmann im Museum Johanniskapelle.
Foto: Klaus Vogt | „Lieder der Nacht“ präsentierten Silvia Kirchhof und Achim Hofmann im Museum Johanniskapelle.
Klaus Vogt
 |  aktualisiert: 04.03.2016 03:45 Uhr

„Lieder der Nacht“ waren zwei ausverkaufte Konzerte in der Johanniskapelle mit dem „Duo Sehnsucht“ überschrieben. Frech, frivol, aber auch melancholisch und gar beklemmend waren die Lieder, die Silvia Kirchhof mit ihrer für Chansons und Couplets bestens geeigneten Altstimme unter der brillanten Klavierbegleitung von Achim Hofmann zu Gehör brachte.

In diesem Jahr steht das Kulturprogramm im Museum Johanniskapelle unter der Überschrift „Nacht“. Ein seltsamer Titel? Keineswegs. Denn bedenken wir: Mehr als ein Drittel unseres gesamten Lebens verbringen wir eigentlich in der Dunkelheit – ein Umstand, der für frühere Generationen noch besser nachvollziehbar war als für die heutigen Menschen in unserer künstlich beschienenen Welt.

Die Nacht gehört zum Leben dazu. Doch was bedeutet die unweigerlich wiederkehrende Dunkelheit für den Einzelnen? Genießt er die Nacht als Zeit des Schlafes, der Ruhe und Erholung? Oder gehört er zu den Menschen, die erst dann, wenn die Welt sich endlich ruhiger dreht, kreativ werden können? Und ist die Nacht – zumindest gelegentlich – nicht auch die Zeit für private Leidenschaft unter vier Augen, für Ausschweifung, gar Ekstase?

Nicht wenige Menschen haben aber Angst vor der Nacht, vor quälend langen Stunden der Schlaflosigkeit, wenn Schmerz, Angst, Einsamkeit oder der Verlust lieber Menschen spürbar wird und sich die Gedanken nicht beiseite schieben lassen.

Kein Wunder also, dass Künstler aller Zeiten sich von der Nacht inspirieren ließen und musikalisch und literarisch Facetten der Nacht zu Papier brachten. Aus dem reichen Fundus hatte das „Duo Sehnsucht“ nahezu 20 verschiedene Werke ausgewählt und sie in eine stimmige Reihenfolge gebracht.

Zu den bekannten Titeln zählte etwa „Die Nacht ist nicht allein zum Schlafen da“, das Gustaf Gründgens 1938 erstmals zum Besten gab. Zum Mitsummen luden auch „Für eine Nacht voller Seligkeit“ und „Lili Marleen“ ein, der Sehnsuchtssong schlechthin. Schmunzeln konnte das Publikum beim Lied „Keuschheitsverein“, bei dem sittenstrenge Pastorenfrauen ein lautstarkes junges Paar beim Liebesspiel ertappen wollen, jene aber nur beim Kofferpacken überraschen. Und nicht minder witzig die Story vom Klempnermeister, der sein Töchterlein in eine Blechhose einlötet.

Eindringlich und beklemmend wurde es, als Silvia Kirchhof zwei Holocaust-Vertonungen des jüdischen Komponisten Norbert Glanzberg vortrug: Verse der inhaftierten Dichterin Gerty Spies über das Auswahlverfahren für einen nächtlichen Abtransport in die Vernichtung und ein Schlaflied, das eine Mutter inmitten des Grauens für ihr kleines Kind gedichtet hatte.

Sehr gekonnt und pointiert trug Monika Freiberger vom Kleinen Stadttheater Gerolzhofen kurze Gedichte vor – und berichtete unter anderem von einem nächtlichen Tete-a-Tete, das am unrasierten Kinn des Kavaliers scheiterte.

Lang anhaltender Beifall.

 
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