Wüstung ist die Bezeichnung für Siedlungen oder Höfe, die irgendwann aufgegeben wurden, an die aber noch Urkunden, Flurnamen, Ruinen oder auch mündliche Überlieferungen erinnern. Die Redaktion hat nachgeschaut, welche Wanderziele in die Vergangenheit sich rund um Schweinfurt anbieten.
Jeusungen
Bei Jeusungen oder auch Geusungen handelt es sich um eine mittelalterliche Wüstung bei Weipoltshausen. Erstmals urkundlich erwähnt wurde der Ort im Jahr 791. Aufgegeben wurde das Dorf zwischen 1440 und 1445. An die ehemalige Siedlung erinnern heute der zwei Kilometer nördlich gelegene Wald „Jeusing“ (zwischen Madenhausen und Pfändhausen) sowie der Jeusinggrund, der von Zell zum Jeusing führt, und die Jeusingwiese (das nordöstliche Ende der Rodungsinsel des Brönnhofs). Vermutlich wurde Jeusungen von Thüringern bereits im 5. Jahrhundert gegründet. Von der Ortsmitte Weipoltshausen führt die Jeusingstraße zum Naturerbeprojekt Brönnhof.
Lauerbach
Die mittelalterliche Orts- und Kirchenwüstung Lauerbach lag am östlichen Rand von Hambach (nahe an der Grenze zur Gemarkung Zell). Die Flur um das ehemalige Dorf trägt noch heute den Namen Lauerbach. Das nördliche Waldstück heißt Lauerbachholz und der Bach im Tal Lauerbach (ein Zufluss des Marienbachs).
Eine erste urkundliche Erwähnung des mittelalterlichen Kirchdorfs am Osthang des Lauerbachgrunds ist aus dem Jahr 1302 erhalten. Um 1330 ging der Ort in den Besitz des Deutschen Ordens über. Spätestens 1425 war die Siedlung verlassen. Die dem heiligen Ägidius geweihte Kirche wurde im Jahr 1850 abgebrochen. Vermutlich hatte der Ort bis zu 60 Wohnhäuser. Am Rande des Lauerbachholzes (nördlich der ehemaligen Siedlung) steht heute eine Kapelle.
Senftenhof
Der Senftenhof lag im heutigen Grenzgebiet der Gemarkungen von Grafenrheinfeld, Gochsheim und Schweinfurt. Aufgegeben wurde das Gut am Südrand des Industrie- und Gewerbeparks Maintal der Stadt Schweinfurt und des Schwebheimer Waldes wahrscheinlich im 17. Jahrhundert. Südlich der Schweinfurter Naherholungsanlage Baggersee liegt der Senftenhofsee (insgesamt drei Seen), an dem der Hof stand. Diese Stelle war bereits während der Eisenzeit besiedelt. So wurden während der Bauarbeiten an der Kreisstraße SW 3 mehrere Grabhügel der Hallstattkultur lokalisiert.
Die Lage des Hofes wird auch in einer Sage thematisiert. Danach lebten auf dem Hof drei Jungfrauen aus einer sehr reichen Familie. Als die Damen alt wurden und gepflegt werden mussten, wandten sie sich zunächst ins nahe Gochsheim. Hier wurden sie abgewiesen, danach auch in Sennfeld. Aufnahme fanden sie im Schweinfurter Spital, weshalb sie dem Spital ihre Forste vermacht haben sollen. Daran erinnern die Waldabteilungen Unteres und Oberes Spitalholz, die noch heute zum Stadtwald gehören.
Brönnhof
Der Brönnhof ist eine noch junge Hofwüstung auf dem Gebiet von Weipoltshausen. Der Hof lag in der Mitte der Freifläche des im Jahr 2014 aufgegebenen US-Standortübungsplatz Brönnhof. Er gehörte einst zum Deutschen Orden, war später gemeindefreies Gebiet und wurde im Rahmen der Bayerischen Gebietsreform 1972 an den Üchtelhäuser Ortsteil Weipoltshausen angeschlossen. Die Army errichtete ab 1960 den Standortübungsplatz. Die nur wenige Jahre zuvor hier angesiedelten Heimatvertriebenen mussten abziehen.
Der Gutshof besaß einen zentralen, größeren Platz, der vom Herrenhaus, sieben Nebenhäusern, zwei Gärten und Streuobstwiesen umgeben war. Vom Hof aus führten zwölf Wege und Fluren sternförmig in alle Richtungen. Heute ist der Brönnhof Bayerns größtes Naturerbeprojekt.
Weipoltsdorf
Die sechs bis acht ehemaligen Häuser der Wüstung waren östlich von Üchtelhausen zwischen den Waldabteilungen Stöckach im Norden und Gereut im Süden erbaut. Der Weiler lag an den Quellen des Wildbachs, wie der Oberlauf des Meerbachs genannt wird, der bei Mainberg in den Main mündet.
In den Jahren 1436/37 hatte Schweinfurt die beiden Exklaven Weipoltsdorf und Ottenhausen erhalten. Vom Deutschen Orden wurden für 18 000 Gulden zudem die Burg auf der Peterstirn, die Dörfer Altstadt, Hilpersdorf, Weipoltshausen, Zell, die Höfe Deutschhof, Thomashof und die zugehörigen Landgebiete erworben. Weipoltsdorf wurde im Dreißigjährigen Krieg verwüstet. Bis zur Flurbereinigung in den 1960er Jahren befand sich an Stelle der Wüstung ein Feuchtbiotop, das in ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück umgewandelt wurde. 1993 wurde das Areal zum Biotop renaturiert.
Wüstungen im Stadtgebiet
Innerhalb des heutigen Stadtgebietes von Schweinfurt sind mehrere Wüstungen bezeugt. Südlich des Mains auf Oberndorfer Gemarkung lag in der Nähe des Bahnhofs Schweinfurt-Sennfeld das im 16. Jahrhundert untergegangene Dorf Leinach. Nur wenige hundert Meter mainabwärts war Schmalfeld zu finden, das im 13. Jahrhundert aufgegeben wurde. Am südlichen Rand des Stadtgebiets am Schwebheimer Wald befindet sich die Wüstung Schmachtenberg. Nachdem Schmachtenberg im 15. Jahrhundert aufgegeben worden war, siedelten sich die Bewohner vermutlich am Senftenhof an, der noch bis ins 17. Jahrhundert bestand.
An der Straße von Schweinfurt nach Niederwerrn, in der Nähe der Ansiedlung An der Schussermühle, die seit 1830 Bellevue genannt wird, lagen einst die Ortschaften Affeltrach und Hilpersdorf. Hilpersdorf wurde in der Urkunde vom 29. Juni 1282 in einem Streit zwischen dem Deutschen Orden und der Reichsstadt Schweinfurt erwähnt. Die Stadt Schweinfurt erwarb es 1437. Im Dreißigjährigen Krieg wurde das Dorf zerstört. 1661 verschwand als letzter Rest die Kirchenruine.