
„Kunst und Kirche – eine herausfordernde Beziehung“: Unter diesem Motto stand ein besonderes Tischgespräch in der Kunsthalle. Es war die erste Veranstaltung nach der coronabedingten Schließung der Kunsthalle. Wer kommt, hat offensichtlich Lust, mal wieder „echte“ Leute reden zu hören.
So schön Online-Treffen und Video-Vorträge sind, so sehr sie geholfen haben, mit der Welt in Kontakt zu bleiben, sich auszutauschen: Ein Kontakt von Angesicht zu Angesicht ist schon was anderes. Da geht man doch gerne vorher zum Schnelltest und registriert sich für den Vortrag.
Zu Gast sind der Künstler Christoph Brech, dessen Werk inhaltlich eng mit der Kirche, auch als Auftraggeberin, verbunden ist, sowie der ehemalige Domkapitular und Kunstreferent der Diözese Würzburg, Jürgen Lenssen. Lenssen kuratiert auch die Triennale, die ab 2. Juli in der Kunsthalle gezeigt wird. Moderator ist Florian Schuller, ehemaliger Direktor der Katholischen Akademie in Bayern. Das Tischgespräch findet im Untergeschoss statt. Direkt neben den großformatigen Bildern des Pantheons von Christoph Brech. Schon mal eine faszinierende Sache, den Künstler zusammen mit seinen Werken zu sehen.
Warum die Kirche Künstler braucht
Schuller lotet die Geschichte und die Persönlichkeit von Lenssen und Brech aus, schafft es, dass man danach das Gefühl hat, die beiden gut zu kennen. Es gibt provokative und nachdenkliche Momente. „Die Kirche hat ihre Glaubwürdigkeit verloren“, sagt Lenssen. Seiner Meinung nach brauchen die Künstler die Kirche nicht. Die Kirche dagegen die Künstler schon.
Warum? „Weil Kunst die Augen öffnet für Dinge, die jenseits des direkt Erfahrbaren liegen.“ Lenssen geht direkt auf Brechs Pantheon-Bilder und das römische Monument selbst ein. Es gebe Orte, die Menschen zutiefst berühren. Orte, die so etwas wie Transzendenz atmen.
Brech stimmt zu. „Ich bin selbst durch Kirchenräume spirituell geworden“, sagt er. Brech hat nach jahrelangem Anlauf ein Projekt realisiert, in dem man zu sich selbst finden kann. Das ist für Lenssen und Brech eine Qualität, die Räume besonders machen kann. Für die Heilig-Kreuz-Kirche in Giesing hat er Glasfenster gestaltet. Mit Thorax-Röntgenaufnahmen. Ein faszinierendes Seitenthema entwickelt sich. Brech erzählt, warum er diese Motive gewählt hat. Sie nehmen die spätgotische Fensterarchitektur auf, wirken wie Flügel, verkörpern Atem. Und wie es in den Psalmen so schön heißt: „Alles, was atmet, lobe den Herrn.“ Die Idee zu realisieren, sei nicht einfach gewesen. Er bekomme viel positives Feedback jetzt. „Viele Leute sind berührt.“
Kirche in Waigolshausen als Beispiel
Räume schaffen, in der die Menschen durch Architektur zur Ruhe kommen: Lenssen denkt dabei auch an den Kirchenbau in Waigolshausen, der unter seiner Leitung entstand. „Da war ich happy.“ Und an einen Gebetsraum in Pakistan, den er entworfen hat. Christen und Muslime nutzen ihn abwechselnd.
Wie können jetzt Kirche und Kunst zusammenfinden?, fragt Julia Weimar, Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Kunsthalle, zum Abschluss. In der kirchlichen Ausbildung müssten die Weichen anders gestellt werden, Kunst eine Rolle spielen, sagt Brech. Aber auch die Künstler müssen sich zum Beispiel auf die Liturgie einlassen. „Es wäre hilfreich, wenn beide Seiten aufeinander zugehen.“
„Die Kirche hat nie einen Bezug zur Kunst gehabt. Es waren immer nur Einzelne“, sagt Lenssen. Für ihn ist Kunst ein Weg, den Menschen einen Blick in eine andere Welt jenseits des Diesseitigen zu ermöglichen. Und ein Weg, zu sich zu finden, sich anzunehmen. Und zwar ohne beten zu müssen.
Kunst und Kirche: Das trifft sich auf jeden Fall bei der Triennale, die Kurator Jürgen Lenssen unter das Motto „Wahrheit“ gestellt hat. Werke von zehn Künstlerinnen und Künstlern werden in der Kunsthalle und in der Johanniskirche ausgestellt.
Triennale 5 Franken „Wahrheit“, 2. Juli bis 5. September, Große Halle der Kunsthalle sowie St. Johannis-Kirche. Kurator: Dr. Jürgen Lenssen. Es stellen aus: Walter Bausenwein, Udo Breitenbach, C. U. Frank, Thomas Hildenbrand, Jürgen Hochmuth, Rainer Nepita, Götz Sambale, Birgitta Volz, Adrian Wald und Jürgen Wolf. Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 10 bis 17 Uhr, donnerstags bis 21 Uhr. Eintritt: 5 Euro, ermäßigt 4. Es gelten die jeweils aktuellen Corona-Bestimmungen, Infos unter www.kunsthalle-schweinfurt.de
Auszug der Veranstaltungen (unter Vorbehalt): 13. Juli, 19 Uhr: Kunsthalle, Kuratorenführung mit Dr. Jürgen Lenssen: „Mensch und Wahrheit“, 5 Euro inkl. Eintritt, Voranmeldung bei Elisa Möller (0 97 21 51 47 44) oder elisa.moeller@schweinfurt.de
15. Juli, 19 Uhr: Kunsthalle, Podiumsdiskussion moderiert von Karl-Heinz Körblein (Journalist): „Wahrheit“ im Beruf – verschiedene Berufsgruppen und Gäste im Fokus, 5 Euro inkl. Eintritt, Voranmeldung bei Bettina Geiger (0 97 21) 51 47 34, oder bettina.geiger@schweinfurt.de
18. Juli, 10 Uhr: Kunsthalle, Gottesdienstspecial mit Pfarrer Dr. Wolfgang Weich und dem Special-Team der Christuskirche Schweinfurt, Eintritt frei, Voranmeldung bei Bettina Geiger (0 97 21) 51 47 34, oder bettina.geiger@schweinfurt.de