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Werneck
Von Baumkontrollen bis Saatguternte: 30-Jährige übernimmt als einzige Frau im Forstamtsbezirk eine Revierleitung
Als einzige Frau im Forstamtsbezirk Schweinfurt hat Selina Schott die Leitung des Forstreviers Werneck übernommen. Welche Aufgaben auf die junge Forstingenieurin warten.
Bei den Versuchspflanzungen für mediterrane Eichenarten im Rügholz bei Eßleben organisiert Revierleiterin Selina Schott den Einsatz der Waldarbeiter.
Foto: Silvia Eidel | Bei den Versuchspflanzungen für mediterrane Eichenarten im Rügholz bei Eßleben organisiert Revierleiterin Selina Schott den Einsatz der Waldarbeiter.
Silvia Eidel
 |  aktualisiert: 20.04.2024 02:40 Uhr

An der Versuchsfläche für mediterrane Eichenarten sieht sich Selina Schott an diesem Tag zuerst um. Dann braucht ein privater Waldbesitzer ihren Rat. Und schließlich setzt die Forstingenieurin ihre Kontrollen gegen Baumschädlinge fort. Ein Arbeitstag hält für die neue Leiterin des Forstreviers Werneck die unterschiedlichsten Aufgaben bereit. Als einzige Frau im Forstamtsbezirk des AELF mit den Landkreisen Schweinfurt und Haßberge hat die 30-Jährige kürzlich eine Revierleitung übernommen.

Eine Männerdomäne ist der Forstberuf längst nicht mehr. "Ein Drittel der Studierenden sind Frauen", weiß Selina Schott aus ihrem Studium in Weihenstephan, das sie 2022 abschloss. In ihrem anschließenden Vorbereitungs- oder Anwärterjahr in Erlangen erlebte sie sogar mehr Försterinnen als Förster.

Zuständig für Flächen in Werneck, Wasserlosen, Waigolshausen, Schwanfeld und Wipfeld

Selina Schott hat ihr erstes Forstrevier beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Schweinfurt (AELF) inne. Es umfasst in den Gemeinden Werneck, Wasserlosen, Waigolshausen, Schwanfeld und Wipfeld circa 1620 Hektar Kommunalwald mit Betriebsausführung, 760 Hektar Privatwald und 420 Hektar Staats- und Bundeswald. Der Sitz ist im Wernecker Rathaus. "Es wird einige Zeit dauern, bis ich alle Flächen genau kenne", weiß sie.

Einen Eindruck davon erhielt sie in ihren ersten Arbeitswochen bei der Verjüngungsinventur für das Forstliche Gutachten, das alle drei Jahre erstellt wird. Dabei musste sie an circa 60 Rasterpunkten die Verbissschäden durch das Wild aufnehmen, was in die Abschussplanung der Hegegemeinschaften miteinfließt.

"Viele Jagdpächter waren dabei, die waren alle sehr freundlich und offen." Keine blöden Sprüche, nur ab und an eine Frotzelei über ihren fehlenden fränkischen Dialekt, da Selina Schott aus dem Hunsrück stammt. Wobei die selbstsicher wirkende junge Frau das gelassen kontern kann.

Die Kontrolle der Eichen auf Schädlinge wie den Eichenprachtkäfer zählen zu den Aufgaben der neuen Wernecker Revierleiterin Selina Schott.
Foto: Silvia Eidel | Die Kontrolle der Eichen auf Schädlinge wie den Eichenprachtkäfer zählen zu den Aufgaben der neuen Wernecker Revierleiterin Selina Schott.

Dass sie nach einem früheren Studium plus Berufstätigkeit im Gesundheitsmanagement jetzt als Försterin hier richtig ist, bestätigt sie. Nicht nur die "spannende und vielfältige Arbeit", noch dazu häufig im Freien, gepaart mit Selbstständigkeit und Verantwortung gefällt ihr. Es ist vor allem der Sinn, den sie in ihrer Arbeit sieht, der Blick auf die Zukunft, die nachhaltige Waldbewirtschaftung. "Ein Durchgang im Wald dauert 100 Jahre", verdeutlicht sie. Eine lange Zeit, für die es die richtigen Weichen zu stellen gilt.

Klimawandel, Trockenheit und Hitze sowie Schädlinge

Angesichts des Klimawandels, der Trockenheit und Hitze gerade in der Region, sind viele Themen zu bewältigen. Schädlinge etwa, wie der Borkenkäfer oder der Eichenprachtkäfer, der sich immer mehr ausbreitet. Deshalb braucht es im Frühjahr und Herbst die Baumkontrollen. Deshalb läuft im Gemeindewald Wasserlosen ein Forschungsprojekt, bei dem die Entwicklungszeit des Eichenprachtkäfers überprüft wird. Ursprünglich geht die Wissenschaft von zwei Jahren aus, wegen der Trockenheit könnte sie auf ein Jahr verkürzt sein.

Eichenprachtkäfer bedrohen wertvolle Eichenwälder.
Foto: Stephan Thierfelder | Eichenprachtkäfer bedrohen wertvolle Eichenwälder.

Deshalb gibt es im Rügholz bei Eßleben weitere Versuchsanpflanzungen des Bayerischen Amts für Waldgenetik in Teisendorf. An diesem Tag sind Projektleiterin Rebekka Stüwe und ihre Mitarbeiter gemeinsam mit Wernecker Waldarbeitern dabei, 2600 mediterrane Pflanzen der Arten Flaumeiche, Zerreiche und Ungarische Eiche zu setzen. Das Saatgut wurde in neun Ländern gesammelt und soll für den hiesigen Standort getestet werden.

Selina Schott: "Es ist viel Organisation und Koordination"

Die Aufgabe der Revierleiterin ist es, künftig regelmäßig die Fläche zu kontrollieren, ob der Zaun dicht ist und keine Rehe dort äsen, ob gegossen oder das Gras gemäht werden muss. "Es ist viel Organisation und Koordination", blickt Selina Schott auf ihre Aufgaben.

Apropos Rehe: Einen Jagdschein müssen alle Revierleiter haben, die Jagd ausüben müssen sie nicht. Für die junge Frau ist das Schießen kein Problem, meint sie gelassen. Auch das Ausnehmen des Wildes nicht. So etwas kennt sie vom Vater und Großvater, beide Jäger.

Dass sie mit den Bauhof- und Waldarbeitern der Gemeinden ein freundschaftlich-kollegiales Verhältnis pflegen kann, schätzt die junge Frau. Vor allem, dass Arbeiten schnell erledigt werden, wenn es nötig ist. "Das läuft top, sie denken mit und kennen die Themen."

Neben der Pflege der Wälder, der Durchforstung und der Holzernte warten Aufgaben wie die Verkehrssicherung entlang der Straßen und von Waldwegen oder Führungen für Schulklassen auf die Revierleiterin. Auch einige Bestände besonders klimaresistenter Bäume wie dem Speierling wollen gepflegt werden, zumal von diesen Saatgut geerntet werden kann.

Großes Gewicht wird auf Naturschutzmaßnahmen gelegt, vom Erhalt von Biotopstrukturen wie Spechthöhlen bis zur Neuanlage von Tümpeln oder Steinhaufen für die Artenvielfalt.

Die Liste der anstehenden Arbeiten hat sie mit Forstamtsleiter Stephan Thierfelder besprochen und nach Prioritäten geordnet. "Er unterstützt mich sehr", weiß sie. In der Vakanz nach dem Tod des vorherigen Revierleiters hatte Thierfelder die Aufgaben geleitet. Jetzt ist die taffe 30-Jährige am Zug.

 
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