Wenn sie die Bühne betritt, ist der Saal voll: Er ist angefüllt mit Musik, Liebe, Leben, Schicksal, Emotion, und er atmet Tangoatmosphäre. Er ist aber auch voll mit Fans, die Clementina Culzoni, die in Würzburg ansässige Sängerin mit argentinischen Wurzeln hören wollen. Sie gastierte diesmal mit ihrem aktuellen Programm „Puro Tango“ in der ausverkauften Kulturwerkstatt Disharmonie.
Schon ihr Erscheinungsbild ist bezaubernd: Hoch geschlitzt das schwarze Spitzenkleid, darauf abgestimmte Lang-Handschuhe, Netzstrümpfe und Federboa, funkelnde Augen und ein strahlendes Lächeln - die zierliche Frau, so ein Besucher, bietet auch optisch einiges.
Und wenn sie dann das Mikrophon zum Munde führt, zeigt sich sofort ihre ungeheure Bühnenpräsenz. Eine warme, volle Stimme spült da nordargentinische Folklore und Tangomusik in den Raum, umschmeichelt das Ohr mit expressiver Leidenschaft und Kraft.
Von Anfang an hat Clementina Culzoni das Publikum in der Hand, spielt mit ihm, feuert an und lockt. „Garufa!“ ruft sie, und alle folgen ihr enthusiastisch klatschend. Und auf diesen vor so viel Männlichkeit strotzenden Titel folgt mit zartem Beginn ein Piazzolla-Werk, das schnell Fahrt aufnimmt und melodienreich vor sich hin schwelgt. Hier eine ausdrucksstarke Milonga, verrucht und mit verführerischem Augenaufschlag - dort ein „Carnevalito“, eine dynamische und fröhliche Polonaise mit Trommelbegleitung. Zwischendurch demonstrieren als Gäste Norina und Robert Tangotanz, körperbetont, eng aneinander geschmiegt und sinnlich.
„Wenn du den Tango singst, duftet deine Stimme nach den Kräutern des Rotlichtviertels“, haucht Clementina mit rauchiger Stimme, zupft musikalisch mit der sehnsüchtig auf den Geliebten wartenden Frau an Blütenblättern, keift als rachsüchtige Ehefrau, deren Gatte mit einem Varieté-Mädchen durchgebrannt ist, wartet in der Einsamkeit eines grauen Nachmittags auf bessere Zeiten, fliegt, grandios schauspielernd, mit der Piazzolla-Ballade vom Verrückten durch die Nacht.
Zwei gleichwertige Partner sind mit Clementina Culzoni auf der Bühne: Zum einen ist da Claudio Duverne am Klavier. Der aus Argentinien eingeflogene Pianist hat gekonnte Arrangements geschrieben, spielt elegant und perlend. Zum anderen ist da Jürgen Karthe aus Dresden, ein massiger Mann, in dessen Händen das Bandoneon so winzig wirkt und der es dennoch so feinfühlig handhabt - er erweist sich schließlich auch als katzenhaft gewandter Tangotänzer.
Ein perfektes stimmiges Trio, ein heißblütiges Konzert und ein Publikum, dessen Begeisterung kaum zu bändigen war! Foto: Elke Tober-Vogt