Die Brücke von der realen in die esoterisch-mythologische Welt der Wächter der Elemente bildet ein älterer Herr (Curd Berger), der dem Pärchen die große Parabel von Volcanus (Alexander Pollner), dem Feuerwächter, erzählt, der sich in eine Menschenfrau (Dioni Birmpili) verliebt und dadurch das Gleichgewicht der Elemente stört. Als die Erzählung beginnt, fällt die Leinwand. Es öffnet sich der Blick in eine Welt voller Wunder, Gefahren und Abenteuer.
Die Wächter der anderen Elemente – Cavus (Erde, Jannis Rupprecht), Aquus (Wasser, Gregory Strischewsky) und Ventus (Luft, Daniel Barthelmes) – wollen Volcanus zur Ordnung rufen, aber der tötet aus Versehen seine Frau und wird in seiner Trauer darüber zum bösen Tyrann. Erst mit Hilfe von Sol, dem Auserwählten (Marcel Geißler), und Lilith (Tamika Pelzer), Volcanus' Tochter, kann der Feuerwächter zum Schluss zur Strecke gebracht werden.
„Der Weg der Elemente“ ist eine Produktion der Schweinfurter DDC Company, deren Breakdance-Formation amtierender deutscher, europäischer und Weltmeister ist. Unter der Leitung von Marcel Geißler und Jannis Rupprecht tanzt ein junges, höchst sympathisches und unglaublich motiviertes 14-köpfiges Ensemble einfallsreich und energiegeladen eine Geschichte, die nicht so sehr von der uralten Boy-meets-Girl-Konstellation lebt, sondern vor allem von der atemberaubenden Körperbeherrschung der Breakdancer und der kraftvollen Anmut der Tänzerinnen. So hält sich der charismatische Bösewicht Volcanus eine ziemlich heiße Feuerarmee.
Breakdance, HipHop, Modern, Salsa, Ballett-Elemente und sogar Spanntuch-Akrobatik verschmelzen zu einer ganz eigenen Bewegungssprache, die immer wieder überrascht und verblüfft. Das geht dramaturgisch vielleicht nicht immer ganz ohne Brüche ab, doch die Abfolge starker Szenen – unterstützt durch suggestive Projektionen (Nele Heckl, Jonathan F. Kromer), einen mal rockigen, mal wildromantischen Musikmix (Jannis Rupprecht), Kostüme wie aus einem Guss (Lisa Weinfurtner) und echte Feuereffekte – fügt sich letztlich zu einem höchst beeindruckenden Gesamtbild.
Die Begegnung Volcanus/Erdenfrau ist eine pfiffige Schnellversion das Motivs verliebt/verlobt/verheiratet, inklusive urkomischem Kinobesuch (ausgerechnet „Der weiße Hai“), Bettszene und Kinderwagen-Idyll.
Die Kämpfe der Wächter sind natürlich idealer Vorwand für Breakdance-Battles, in denen die spezifischen Eigenschaften der Elemente zur Geltung kommen. Bei Aquus das Fließende, bei Ventus das Luftige, bei Cavus das Bodenständige und bei Volcanus das Entfesselte. Also jede Menge Moves, die physikalisch unmöglich sein müssten – Pirouetten auf dem Kopf, auf einer Hand, auf dem Ellbogen; Sprünge, Salti, Überschläge, als gäbe es keine Schwerkraft, mit Landungen auf Körperteilen, die dem Laien dafür wirklich nicht geeignet scheinen.
Nicht erst als Marcel Geißler als Sol bei den anderen Wächtern in die Lehre geht und sich zunächst höchst gekonnt ungeschickt anstellt, kommt noch ein weiteres Element hinzu: Slapstick-Komik bannt immer wieder selbstironisch die Gefahr von zu großem Pathos. Während Cavus sich im Dschungel einer quirligen Affenbande anschließt, zieht es Ventus vor, sich als Casino-Inhaber so etwas wie eine bürgerliche Existenz aufzubauen. Die Szene, in der Daniel Barthelmes eine Art Pas de deux mit der Slot-Machine tanzt, gehört dabei zu den brillantesten Einfällen: Immer wenn in der Musik der Klingelton ertönt, verharrt Ventus kurz in einem Ein-Arm-Freeze. Die Maschine bleibt daraufhin beim Symbol genau dieses Moves stehen.
So bleibt „Weg der Elemente“ immer auf der heiteren Seite. Man kann die Welt eben auch mit dem puren Glück der Bewegung retten. Stellt sich natürlich die Frage, was der alte Mann dem jungen Pärchen mit der Geschichte eigentlich sagen wollte. Die Parabel endet damit, dass Lilith sich in das Quartett der Wächter einreiht, um das Gleichgewicht wiederherzustellen. Und dafür muss sie auf ihre Liebe zu Sol verzichten. Wie sich das Pärchen an der Gutermann-Promenade entscheidet, bleibt offen. Aber angesichts der Uneinsichtigkeit des jungen Mannes, kann man nur hoffen, dass sich die junge Frau für den Job im Ausland entscheidet.
Die DDC Company jedenfalls hat einige richtige Entscheidungen getroffen. Tänzerisch, dramaturgisch und gestalterisch. Und wirtschaftlich offensichtlich auch, wie zwei ausverkaufte Vorstellungen und das Schaulaufen der Sponsoren in den Foyers vermuten lassen. Was zu wünschen wäre, denn ein Nachfolgeprojekt dürfte sich eines riesigen Publikumsinteresses sicher sein.