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Gerolzhofen
Chefarzt Christian Schmincke: Vom Gefühl, getragen zu werden
Mit der Klinik am Steigerwald hat Dr. Christian Schmincke seine Vision einer naturheilkundlichen Klinik, die nah am Menschen arbeitet, wahr gemacht. Der Chefarzt wird 75.
Dr. Christian Schmincke, Chefarzt der Klinik am Steigerwald in Gerolzhofen, feiert seinen 75. Geburtstag.
Foto: Frank Boxler | Dr. Christian Schmincke, Chefarzt der Klinik am Steigerwald in Gerolzhofen, feiert seinen 75. Geburtstag.
Klaus Vogt
 |  aktualisiert: 08.02.2024 15:54 Uhr

Dr. Christian Schmincke, Chefarzt der Klinik am Steigerwald, feiert seinen 75. Geburtstag. Noch immer arbeitet er voll als leitender Arzt der Klinik für chinesische Medizin und biologischen Heilverfahren auf der ehemaligen "Waldesruh". Schmincke hat mit der Klinik seine Vision einer naturheilkundlichen Klinik, die nah am Menschen arbeitet, realisiert. Ein Gespräch mit ihm anlässlich seines Geburtstages: Zeit für Rückblicke, aber auch ein Blick auf die Corona-Situation aus Sicht der Traditionellen Chinesischen Medizin.

Frage: Sie sind 75 Jahre alt geworden, seit 24 Jahren leiten Sie die Klinik am Steigerwald. Wie geht es Ihnen?

Christian Schmincke: Mit den Jahren wächst die Dankbarkeit gegenüber den vielen Menschen, die auf dem Weg geholfen haben. Das Gefühl, getragen zu werden, steht im Vordergrund. Es wären viele zu nennen, zum Beispiel meine Tante Anna, eine tolle Frau, Grundschullehrerin, unverheiratet. Sie sagte mir, als ich meine Forscher-Karriere als Biochemiker im Max-Planck-Institut für Virusforschung in Tübingen beendet hatte und in den Startlöchern zum Medizinstudium stand: 'Junge, du machst Medizin, da kannst Du jetzt auch was Richtiges lernen, geh' zum homöopathischen Arzt in die Lehre, wie dein Großvater auch einer war.'

Sie sind aber kein Homöopath geworden...

Schmincke: Nein, als Chemiker, das merkte ich bald, kann man keine Homöopathie machen. Ich brauchte etwas zum Anfassen, Akupunkturnadeln, Heilpflanzenabkochungen, oder etwas noch Handgreiflicheres wie Massage oder Atemtherapie. Zunächst passierte das, wovon viele berichten, die aus der Wissenschaft ausgestiegen sind und neu angefangen haben: der Absturz in die Niederungen des Medizinstudiums. Es hat sich gezeigt, dass das Studienfach Medizin, trotz vieler interessanter Aspekte, das Gedächtnis deutlich mehr beansprucht als das Denkvermögen. Bei den Chinesen hingegen durfte man wieder denken. Angezogen hat mich zum Beispiel die ungeheure Genauigkeit und Sensibilität, mit der dort die Krankheitsbilder beschrieben und analysiert werden.

Aber man sagt doch immer, die Schulmedizin steht eher für das Verstandesmäßige, Naturheilkunde und chinesische Medizin eher für die emotionale Seite von Krankheit?

Schmincke: Ich meine, dieses Schema trifft die Sache nicht. Um eine chinesische Diagnose zu verstehen, muss man neben Einfühlungsvermögen erhebliche intellektuelle Kräfte aufbringen.  Aufregender als das Medizinstudium waren die vielen Ausbildungen, die ich nebenbei absolviert habe, zum Beispiel Akupunktur, Qi Gong, Atem- und Körpertherapie nach Glaser, Symbiose-Lenkung, chinesische Arzneitherapie.

Sollte man nicht als Betreiber einer Privatklinik, die sich nicht nur an wohlhabene Menschen wendet, sondern für Jedermann da sein will, Einblick in die „Kassenmedizin“ genommen haben?

Schmincke: Da kann ich nur zustimmen. Anfang der 80-er Jahre wurden mir im Tübinger Zentrum für Tanz, Therapie und Gestaltung Räume angeboten, um dort eine Kassenpraxis einzurichten. Schwerpunkt chinesische Medizin, Naturheilkunde und Atemtherapie. Diese 13 Jahre als niedergelassener Familienarzt habe ich als eine besondere Lehrzeit in Erinnerung: Hier konnten sich die vielen gelernten Naturmethoden in der Praxis bewähren und der Blick auf den kranken Menschen konnte gegenüber der Sichtweise der Universitätsklinik deutlich erweitert werden: um den sozialen Aspekt und um den Aspekt der chronischen Krankheit als Teil der Lebensgeschichte.

Nun ist die Covid-19 Pandemie zuerst in China aufgetreten. Wie stehen Sie als Spezialist für Traditionelle chinesische Medizin dazu? Was können wir von den Chinesen lernen?

Schmincke: Gerade mit Virus-Infektionen tut sich die westliche 'Schul-Medizin' eher schwer. Ihre Mittel sind teuer, nicht ungefährlich und oft wenig wirksam. Das gilt auch für Virus-Epidemien. Deshalb gelten diese seit alters als Domäne der Traditionellen chinesischen Medizin. Ihre Arzneipflanzen töten keine Viren (wie Antibiotika dies mit Bakterien tun sollen). Sie unterstützen vielmehr auf eine sehr spezifische Weise die Funktion des Immunsystems in den verschiedenen Stadien des Abwehrkampfes. Welches Stadium im Behandlungsfall aktuell vorliegt, das eruiert die traditionelle Diagnostik über verschiedene körperliche und psychovegetative Symptome und wählt dann die jeweils gerade passende Pflanzen-Rezeptur.

Mit pflanzlichen Mitteln gegen Covid-19?

Schmincke: Wird dies sorgfältig in der beschriebenen Weise praktiziert, dann bleiben Erfolge nicht aus. So berichten jetzt die traditionellen Ärzte aus Wuhan über weniger schwere Verläufe und frühere Entlassungen aus der Klinik. Wir haben die chinesischen Leitlinien und Berichte zu Covid-19 aufmerksam verfolgt und festgestellt, dass fast alle Infizierten begleitend zur schulmedizinischen Behandlung traditionell, vor allem mit Heilkräutern, behandelt wurden. Wir haben die verwendeten Rezepturen genau studiert und dann angeboten, die Behandlung von Covid-19-Patienten in Kliniken der Region mit unserem Therapie-Ansatz zu unterstützen.

Dazu kam es aber nicht...

Schmincke: Leider, oder man sollte besser sagen glücklicherweise, ist die Anzahl der betroffenen Patienten gerade in dem Zeitraum zurückgegangen, als die Kollegen unser Angebot diskutiert haben. Auch wenn in diesem Fall die von uns angebotene Kooperation durch die aktuelle Entwicklung gegenstandslos worden ist, steht unser Angebot: So wie wir immer wieder auf Hilfe und Zusammenarbeit mit schulmedizinischen Einrichtungen angewiesen sind, bieten wir unsere Expertise an, wo immer der schulmedizinische Weg nicht zum Erfolg führt.

 
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