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SCHWEINFURT
Volksverhetzung mit Kinderporno-Links
Stefan Sauer
Stefan Sauer
 |  aktualisiert: 08.11.2019 00:10 Uhr

Auf 19 Vorstrafen hat es der 57-jährige Schweinfurter bisher gebracht, darunter Fahren ohne Fahrerlaubnis oder Körperverletzung. Vor allem aber ist er der Justiz bestens bekannt wegen einer Vielzahl von Betrugsfällen, versuchten Betrügereien und unflätigsten Beleidigungen gegen Richter und Staatsanwälte, die für ihn bislang noch nie zu einer Verurteilung geführt haben. Grund: Ein Psychiater hatte ihm vor Jahren sozusagen eine Justizphobie bescheinigt mit der Folge, dass er Justitangehörige ungestraft aufs Übelste beleidigen durfte. Damit ist laut neuem Gutachten jetzt Schluss.

„Nationalsozialistisches Gedankengut“

Seit geraumer Zeit sitzt der Angeklagte in Strafhaft wegen Betrügereien. Offenbar aus Rache dafür hat er auf den Namen eines Schweinfurter Amtsrichters, der ihn in erster Instanz verurteilt hatte, im Jahr 2013 auf einem Server des Providers „Lycos“ in Massachusetts (USA) eine Internetseite eingerichtet, „auf der er sich herabwürdigend über Sinti und Roma äußerte und nationalsozialistisches Gedankengut verbreitete“, wie es nun in einer neuen Anklage vor dem Schöffengericht heißt.

Freispruch für „liebe Kameraden“

Tenor auf der Hetzseite, gerichtet an „liebe Kameraden“: Er habe es satt, sein ganzes Berufsleben mit „kriminellem Abschaum“ zu tun zu haben. Die Zahl der angeklagten Juden, Zigeuner und „Moslime“ steige jedes Jahr. Wenn der Staat diese „Untermenschen“ schütze, müsse man selbst tätig werden und die „Schmarotzer“ und „Volksschädlinge“ aus dem Land treiben. Und so fort. Er garantiere jedem „Kameraden“ vor seinem Gericht „ein absolut faires Verfahren mit Freispruch“. Im Impressum steht der Amtsrichter.

Hetze verlinkt mit Kinderporno-Seiten

Verlinkt war die allgemein einsehbare Volksverhetzung auch noch mit Kinderporno-Seiten. Im Dezember 2013 erstattete der Angeklagte Strafanzeige gegen den Amtsrichter wegen Volksverhetzung und Verbreitung kinderpornografischer Schriften und Bilder. Dabei sei ihm bewusst gewesen, so der Staatsanwalt, „dass er diese Internetseite selbst eingerichtet hatte“ – nicht der Richter.

In der Anzeige gegen den Amtsrichter wurde der 57-Jährige beleidigend in einer Fäkaliensprache übelster Sorte. In weiteren Schreiben aus der Haft heraus beleidigte der Angeklagte ebenfalls in widerwärtigster Sprache sämtliche Richter der höheren Instanzen, die mit seinem Fall befasst waren. Er unterstellte ihnen Rechtsbeugung, Freiheitsberaubung und Strafvereitelung.

„Moslime“ statt Muslime

Vor dem Schöffengericht stritt der 57-jährige die Urheberschaft der volksverhetzenden Internetseite ab – jedoch ohne Erfolg. Die Rechtschreibung wurde ihm zum Verhängnis: Dem Ermittler fiel auf, dass in seinen handschriftlichen Briefen an die Justiz Muslime als „Moslime“ bezeichnet wurden – haargenau so wie auf der Internetseite, die angeblich der von ihm angezeigte Schweinfurter Richter erstellt haben soll.

Und: Bei der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten fand die Polizei heraus, dass von dessen Notebook aus mehrfach auf den US-Server „www.angelfire.com“ zugegriffen worden war, auf dem die hetzerische Fakeseite erstellt wurde. Auf einem USB-Stick fand sie den kompletten volksverhetzenden Text der Internetseite, sowie weitere persönliche Daten des Richters.

Angeklagter bestreitet jede Urheberschaft

Der Angeklagte bestritt, dass ihm der Stick gehört und er der Urheber der in seiner Handschrift verfassten Briefe mit den Beleidigungen der Richter sei, für die deren Dienstherr jeweils Strafantrag gestellt hatte. Dabei sagte er grinsend, dass der beleidigende Inhalt eines der Schreiben seiner Meinung entspreche. Sein Anwalt plädierte auf Freispruch.

Für das Gericht war die Sache klar: An der Urheberschaft des Angeklagten bezüglich der volksverhetzenden

Der Angeklagte ist narzisstisch, aber nicht krank

Internetseite und der Briefe gebe es „keine vernünftigen Zweifel“. Zuvor hatte ihm der psychiatrische Sachverständige Schuldunfähigkeit in Bezug auf Beleidigungen von Justizangehörigen abgesprochen. Er bescheinigte dem Angeklagten zwar eine Neigung zum Schimpfen, Beleidigen, Provozieren – eine „narzisstische Akzentuierung mit geltungssüchtigen Eigenschaften“. Krank und schuldunfähig sei er aber nicht.

Der 57-Jährige bleibt einige Jahre in Haft

Das Urteil: Die Volksverhetzung, Verleumdung und falsche Verdächtigung des Richters (gefakte Internetseite) wird mit dem bereits ergangenen Urteil wegen Betrugs zu einer Haftstrafe von drei Jahren zusammengefasst. Weitere zwei Jahre kommen für falsche Verdächtigung, Beleidigung und Verleumdung von drei Richtern hinzu. Dagegen sind Rechtsmittel möglich.

 
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  • M. P.
    Krank und schuldunfähig sei er aber nicht. Sind unsere Psychiater überfordert oder falsch geschult?
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