
Schon ein Blick auf die Zaungäste und Passanten verschaffte eine Ahnung der unruhigen globalen Lage 2024: Immer wieder kamen Menschen afrikanischer, fernöstlicher oder ukrainischer Herkunft vorbei, bei der Gedenkstunde am Luftkriegsmahnmal. Ein älterer Herr, mit rotweißem arabischem Kufiya-Halstuch, reckte im Rollstuhl zustimmend den Daumen hoch. Für ein kleines Mädchen auf dem Fahrrad gab es "symbolisch" ebenfalls ein Programmblatt.
"Volkstrauertag" werde eigentlich am Alten Friedhof gefeiert, stellte OB Sebastian Remelé fest. Dort sind allerdings noch Arbeiten an den historischen Grabsteinen im Gange. "Im Schatten des Spitalseebunkers" erinnerte Remelé daran, dass es Schweinfurter Luftwaffenhelfer waren, die sich zusammen mit Veteranen der US-Air-Force für Gedenken und Versöhnung eingesetzt haben: "eine große, menschliche Geste". Ähnlich sei die Städtepartnerschaft mit Châteaudun durch Kriegsveteranen begründet worden, vor 60 Jahren.
Im Jubiläumsjahr 2024 hat Sebastian Remelé auch die Kriegsgräber der Normandieschlacht besucht, 19 Jahre sei dort der durchschnittliche GI alt gewesen. Der Frieden seit 1945 sei keine Selbstverständlichkeit, er müsse verteidigt werden, ebenso wie Freiheit und Wohlstand, forderte Remelé mit Blick auf Alfred Schmitt aus Poppenhausen, der das Landeskommando, als zivil-militärische Verbindungsstelle der Bundeswehr, vertrat. Der Oberbürgermeister verwies auf das aktuelle Kriegsgeschehen in der Ukraine.
Gedenken an gefallene Soldaten und Zivilisten
"Es ist gut, dass wir an die denken, die 'unter die Räder gekommen sind'", sagte Kerstin Vocke, Pfarrerin der Oberndorfer Kreuzkirche. Aber: "Wenn wir gedenken, dann ist es letztlich schon geschehen". Die Geistliche verwies auf die Klage des Josef, der (buchstäblich) von den eigenen Brüdern verraten und verkauft worden ist, im ersten Buch Mose: "Ihr gedachtet es, böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es gutzumachen", sagt darin der Sohn Jakobs. Es gelte, den Kreislauf aus Hass und Gewalt zu durchbrechen, so die Pfarrerin. Vocke schlug den Bogen zu Reichstagspräsident Paul Löbe, der 1922 die erste parlamentarische Gedenkstunde zum Volkstrauertag geleitet hatte: "Unsere Welt hat die Liebe not".
Heute gedenke man nicht allein gefallener oder verletzter Soldaten, betonte Michael Schwarz als Kreisvorsitzender des VdK, sondern auch Millionen Zivilisten, die seither Opfer von Terror, Krieg und Diktatur geworden sind. Der evangelische Posaunenchor unter Leitung von Wolfhart Berger übernahm die musikalische Gestaltung des Festakts, mit rund 50 Besuchern. Es erklang das "Locus iste" von Anton Bruckner, "Weep, oh mine eyes" von John Bennet, ebenso wie das "Abendgebet" von Engelbert Humperdinck sowie "Ich hatt´ einen Kameraden" von Friedrich Silcher.