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SCHWEINFURT
Volkschor feiert 125. Geburtstag
Der aktuelle Volkschor besteht aus 27. aktiven Sängern, hier beim Open-Air Konzert des Stadtverbandes für Musik im Sommer 2015 im Innenhof des Schweinfurter Rathauses. Vorne Zweite von rechts Vorsitzende Hedi Engeland.
Foto: Anand Anders | Der aktuelle Volkschor besteht aus 27. aktiven Sängern, hier beim Open-Air Konzert des Stadtverbandes für Musik im Sommer 2015 im Innenhof des Schweinfurter Rathauses. Vorne Zweite von rechts Vorsitzende Hedi Engeland.
Hannes Helferich
Hannes Helferich
 |  aktualisiert: 03.12.2019 09:22 Uhr

Seinen 100. Geburtstag hat der Volkschor 1991 mit einer wunderschönen musikalischen Zeitreise in der Stadthalle gefeiert. Bundesweite Aufmerksamkeit erregte der Schweinfurter Traditionschor mit einem Auftritt in der ARD-Sendung „Kein schöner Land“. Die Fernsehleute waren durch eine mit dem Stadtverband für Musik veröffentlichte CD auf den Chor aufmerksam geworden. Die Dreharbeiten fanden im September 2000 vor der Kulisse der Feste Marienberg in Würzburg statt. Sein 125. Wiegenfest in diesem Jahr begeht der Verein eher unspektakulär mit einer kleinen Feier in St. Kilian, in deren Rahmen allerdings zehn Mitglieder für ihre Treue geehrt werden, zwei sogar für 60 Jahre.

Mit Gesang dem sozialen Elend entgegenwirken

13. Juli 1891: In einem Nebenzimmer der Gaststätte „Fränkischer Hofes“ versammelt sich eine Gruppe politisch engagierter Arbeiter, um mit Geselligkeit und Gesang dem sozialen Elend entgegenzuwirken. Als Name des Vereins wählt man „Vorwärts“. Bereits 1893 schloss man sich dem neugebildeten Arbeitersängerbund Bayern an und richtet 1900 das vierte Bayerische Arbeitersängerbundesfest aus.

Gefeierter Tag ist der 1. Mai, an dem der „Vorwärts“ mit Sängern anderer Vereine vereint als Massenchor die Parolen der Gewerkschaften vortrug. Der Erste Weltkrieg schwächt den Chor. 1920 vereinigt man sich mit dem 1903 gegründeten Sängerkranz zum Volkschor 1891. Mit dem 1927 neu gewonnenen Dirigenten Lorenz Schlerf und der Hinwendung zum gemischten Chor entsteht ein mit 110 Männern und 70 Frauen stattlicher Klangkörper.

Der erste wieder zugelassene Gesangverin in Schweinfurt nach dem Zweiten Weltkrieg

Es wird ein Knabenchor gegründet. 1930 übernimmt der auch als Betreuer des Wiener Wunderkindes und Violinisten Wolfi Schneiderhan bekannt gewordene Professor Willy Classen den Dirigentenstab. Der Chor, der sich als Arbeiterverein verstand, muss wie die Gewerkschaften und linke Parteien 1933 seine Aktivitäten einstellen. Die Umbenennung in „Mozartchor“ bewahrt ihn vor der völligen Auflösung. Am 3. Februar 1946 kommt die Lizenz zur Wiedergründung. Der Chor ist damit der erste zugelassene Gesangverein nach dem Zweiten Weltkrieg in Schweinfurt. Unter Leitung von Alfred Wirsching findet 1949 ein erstes Konzert statt.

Mit Karl Schöner wächst der Chor ab 1952 zu einem beachtlichen Kulturfaktor in der Stadt. Im Zenit seiner Leistungsstärke unter Schöner stand das Oratorium „Der Messias“ von Händel im Stadttheater 1966. Es folgten dort noch weitere viel beachtete Auftritte, bis sich Mitte der 70er Jahre erneut eine erfolgreiche Epoche dem Ende zuneigt. Der durch Krankheit geschwächte Schöner wird 1977 zum Ehrenchorleiter ernannt und verabschiedet.

Das beliebte Krackenfest scheitert an behördlichen Auflagen

Nach einer Durststrecke blickt der Chor mit dem jungen Chorleiter Albin Freibott wieder nach vorn. Die Epoche endet aber 1980 krankheitsbedingt. Die jungen Chorleiter Otmar Öhring, Michael Schöner, Konrad Lutz und Ingrid Roth helfen über die folgenden Jahre hinweg. 1986 folgt mit Peter Pfoh ein Musiker, der die Hoffnung auf eine erfolgreiche Zukunft überzeugend zu wecken versteht. Höhepunkt unter seiner Leitung ist die Aufführung der Krönungsmesse von Mozart im Rahmen der 100-Jahr-Feier. Den Vorsitz hatte da der rührige Jürgen Prisching inne.

1994 übernimmt wieder Albin Freibott die musikalische Leitung. Gleichwohl sind Rückschläge zu verkraften, etwa 1995, als behördliche Auflagen dem beliebten Krackenfest im Schwebheimer Wald ein Ende setzen. 2001 (bis heute) übernahm der Musiklehrer Adrian Georg Misca den Dirigentenstab. Seit 2008 fungiert das langjährige Chormitglied Heidi Engeland auch als Vorsitzende.

Auf der Bühne steht der Chor regelmäßig. Genannt seien die Auftritte beim „Singen in der Wehr“ beziehungsweise in der Höll oder bei „Schweinfurt singt und klingt“ im Rathausinnenhof. Tradition ist der jährliche Adventsauftritt in der Kapelle von St. Josef.

Repertoire reicht von Erst bis volkstümlichem fränkischen Liedgut

Das Repertoire des Chors reicht von Madrigalen alter Meister über Klassiker des 18. und 19. Jahrhunderts bis zur geistlichen Chormusik. „Aber auch das volkstümliche, insbesondere fränkische Liedgut liegt uns am Herzen“, sagt Engeland. Die Vorsitzende räumt ein, dass auch der Volkschor Nachwuchsprobleme hat. Derzeit singen 27 der aktuell 59 Mitglieder aktiv mit. Die Singstunden (immer dienstags, 19 Uhr in Pfarrzentrum St. Kilian) „machen aber immer Spaß, der Zusammenhalt ist gut, das menschliche Miteinander ist ganz groß“, betont die Vorsängerin.

Am 20. November um 15 Uhr wird der runde Geburtstag in St. Kilian gefeiert. Vor allem aber lässt der Volkschor 1891 seine langjährigen Mitglieder hochleben. Der verstorbenen Mitglieder hat der Chor bei einem Abendgottesdienst Ende Oktober mit der Messe von Michael Haydn gedacht.

Aufmerksamkeit erregte der Volkschor mit einem Auftritt in der ARD-Sendung „Kein schöner Land“. Die Dreharbeiten fanden im September 2000 vor der Kulisse der Feste Marienberg in Würzburg statt.
Foto: Volkschor 1891 | Aufmerksamkeit erregte der Volkschor mit einem Auftritt in der ARD-Sendung „Kein schöner Land“. Die Dreharbeiten fanden im September 2000 vor der Kulisse der Feste Marienberg in Würzburg statt.
 
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