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Gerolzhofen
Vogts Glosse: vom Lebensmittel-Tourismus
Während wegen des Coronavirus viele Grenzen geschlossen sind und die Menschen nicht zum Badeurlaub im warmen Süden dürfen, läuft ein anderer Tourismus ungehindert weiter.
Klaus Vogt.
Foto: Anne Bauerfeld | Klaus Vogt.
Klaus Vogt
 |  aktualisiert: 14.05.2020 02:10 Uhr

In früheren Jahren, als die verseuchte chinesische Fledermaus-Suppe noch nicht die ganze Welt stillgelegt hatte, haben spätestens jetzt viele Menschen in den bunten Katalogen der Reiseveranstalter geblättert, um sich über die schönsten Urlaubsziele für die schönste Zeit des Jahres zu informieren. Heuer aber werden die Traumstrände in fernen Ländern wohl nur Träumereien bleiben, denn so gut wie alle Passagierflugzeuge bleiben am Boden und unser Außenminister-Darsteller im Auswärtigen Amt in Berlin hat die Reisewarnungen für das Ausland um weitere Wochen verlängert.

Wenn man heuer schon keinen Urlaubskatalog zur Hand hat, lohnt sich wenigstens ein Blick in den neuen Werbeprospekt des Discounters Aldi Süd. Wer dort durch das Lebensmittelangebot mit den Herkunftsländern von Fleisch, Obst und Gemüse blättert, denn muss unweigerlich das Fernweh ergreifen. Die Grillsteaks kommen beispielsweise aus Uruguay, die Pfirsiche aus Spanien und Italien, die Nektarinen aus Spanien, die „Mini-Romarispentomaten“ (was ist das?) stammen aus Belgien und den Niederlanden.

Bio-Karotten haben die Reise aus den Niederlanden, aus Spanien, Portugal oder Israel hinter sich. Die losen Sonnentomaten wurden in Tunesien rot, während die Datteltomaten aus Tunesien, Marokko, Belgien und Holland angeliefert werden. Avocados kommen aus Spanien, Marokko, Israel, Peru, Chile, Kolumbien, Mexiko, aus der Dominikanischen Republik, aus Kenia, Südafrika, Simbabwe, Tansania oder Brasilien. Kleine „Junior-Bananen“ wurden in Kolumbien oder in der Dominikanischen Republik geerntet.

Die Heidelbeeren sind aus Marokko, Portugal und Spanien gebürtig und die Schlangengurken wurden in Österreich (!) und den Niederlanden großgezogen. Einzig die kleinen Radieschen, die kommen aus Deutschland. Immerhin.

Wer von den Vertreterinnen des weiblichen Geschlechts angesichts dieses globalen Fleisch-, Obst- und Gemüse-Tourismus die Hoffnung jetzt doch noch nicht ganz aufgegeben hat, in diesem Sommer an irgendeinem Gewässer sich öffentlich im Bikini zu zeigen, denen empfiehlt Aldi auf der vorletzten Seite seines Prospekts zum Aktionspreis eine Packung mit „Bandes de cire froide“, sprich Kaltwachs-Streifen.

Da fällt mir nur noch eines ein: Autsch.

 
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  • Braun_Matthias@hotmail.com
    Hallo Herr Vogt, bei den aktuellen Corona Infektionen der Schlachthof Mitarbeiter in Baden Württemberg, Bayern, NRW ... wird doch der eigentliche Skandal in der Lebensmittel Industrie sichtbar. In engen Sammelunterkünften leben Menschen unterschiedlicher Nationen zu schlechten Bedingungen. Sie sehen doch selbst . Es kommt immer auf die Bedingungen an wie Lebensmitteln hergestellt werden und nicht aus welchem Land sie kommen. Ihr Aldi Kunden Bashing in ihrem Artikel ist aus meiner Sicht die falsche Diskussion. Ich stehe zu meinem Kommentar . Es kommt auf die Bedingungen an wie Lebensmitteln hergestellt werden und nicht auf den Ort. Viele Grüße Matthias Braun.
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  • Braun_Matthias@hotmail.com
    Bei Rewe Edeka Netto .... schaut es auch nicht besser aus Herr Vogt. Gelegentlich findet man bei allen Discountern auch regionale Produkte. Was ist dagegen einzuwenden wenn Tomaten Gurken Heidelbeeren aus Spanien , Italien Holland ... kommen? Der spanische Landwirt freut sich genauso über deutsche Kunden wie Audi, BMW ... über spanische. Es gibt auch einige Hofläden in der Region wo man regionale Produkte einkaufen kann. Wo fängt man an und wo hört man in dieser Diskussion auf Herr Vogt. Die Hemden und die Hosen die wir anziehen kommen auch nicht vom Schneider aus Volkach ,Gerolzhofen Schweinfurt ...Viel wichtiger in der Diskussion ist, dass Produkte fair gehandelt werden. Der Bauern, Schneider...und seine Familie sollen von den Produkten Leben können. Wer hat Schuld Herr Vogt?Der Geiz der Kunden oder die Gewinnmaximierung von Rewe Edeka Netto Aldi .... ? Nachhaltigkeit und Umweltschutz + faire Arbeitsbedingungen bei der Produktion von Waren ist wichtiger denn je,egal woher sie kommen.
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